Spieglein, Spieglein an der Wand

 

Spieglein -Spieglein an der Wand

Spieglein, Spieglein an der Wand – Danke für die Barbie-Leihgabe von Maya K.!

Wieder so ein Morgen. Täglich grüßt das Murmeltier. Bereits bei dem ersten Kaffee denkt man schon darüber nach, in welche Klamotte man nach der erfrischenden Dusche springt, um für den anstehenden Tag gerüstet zu sein. Mal von folgenden Fragen abgesehen: Wie fühle ich mich heute? Welche Aussage möchte ich heute mit meinem Auftritt von mir geben? Stehen Termine an und was ist hierfür nicht overdone oder underdressed?“ Mein Outfit entscheidet über die Qualität meines Tages! Ich glaube diese Fragen werden bewusst von den Medien verbreitet, um einen an den Haaren herbeigezogenen Grund zu finden, warum die Frau so ewig Zeit vor dem Kleiderschrank verbringt. Und das sogar fast jeden Morgen. OK, die Frage bzgl. Termin und overdone oder underdressed ist völlig berechtigt. Aber der Rest? Ich bezweifle das.

Mir geht es oft so, dass ich genau weiß, und zwar ganz genau, was ich anziehen möchte. Ich habe es schon fix und fertig vor dem geistigen Auge. Sogar mit sämtlichen Accessoires wie Schal, Gürtel, Uhr und natürlich der entsprechende Jacke. Selbstredend, die passende Handtasche dazu. Die Schuhe sowieso – keine Frage! Denn in der Regel starte ich mit den Schuhen. Ich weiß welche Schuhe ich anziehen möchte. Heute sind es die schwarzen, glattledernen Peter-Kaiser-Pumps. Die mit der extremen Spitze vorne und dem Möchtegern-Absatz von vier cm. Eigentlich nichts Halbes und nichts Ganzes (der Absatz ist gemeint). Aber genau darum perfekt! Der Absatz verleiht der Nummer etwas frauliches, aber bequem und umgänglich auf Parkett im Atrium meines Arbeitgebers. Diese Schuhe sind zudem relativ leise. Ich hasse es, wenn man schon aus 5 km Entfernung hört, dass da eine Frau durch die Hallen stackselt. Dieses Klacker-Klacker-Klacker. Fürchterlich.

Die Spitze verleiht dem Schuh die gewisse Coolness. Ich liebe coole Schuhe! Schuhe in denen Du mit einer Bierflasche oder einem Glas Wein in der Hand stundenlang in der Ecke im Club oder abends auf einem Firmenevent abhängen kannst. Oder im Restaurant auf Deinen Tisch warten. Du fühlst dich nie einsam, verlassen oder unsicher. Mit diesen Schuhen – keine Frage – geht alles.

Zusammenfassung. Farbe, Absatz und Form. Darauf kommt es an. Klingt komisch, ist aber so. Und daraufhin stimme ich dann meine restlichen Klamotten ab.

Also raus aus der Dusche. Frisch mit der wohlriechenden Körperlotion verwöhnt, marschiere ich zum Kleiderschrank. Ich greife völlig sicher zu den bereits auserkorenen Teilen. Husch, ich bin angezogen. Ein Blick in den Spiegel. Und: brech, würg! Geht ja gar nicht!!! Wie geht das denn? Letzte Woche war das doch perfekt?! Ich fühlte mich doch selbstsicher, modern und attraktiv. Warum ist es heute nur so anders?

Doof jetzt. Aber das geht so gar nicht. Hmmm? Kurz überlegen. Gegenmaßnahme einleiten. Ein anderer Schal vielleicht? Neee, wird nicht besser. Vielleicht andere Hose? Nicht die schmale, dunkelblaue mit den hellblauen Nähten, die ein wenig locker am Hintern sitzt. Nein. Vielleicht ist die dunkelblaue mit den orangenen Nähten, die Figur betont ist und bis zum Knöchel geht. Vielleicht doch besser? Ah! Die passt besser zu den Pumps. Und diese Pumps müssen heute sein. Die sind gesetzt! Keine Diskussion…

Ein zögerlicher Blick in den Spiegel. Naja. Ein einfaches „Naja“ schießt mir durch den Kopf. Also doch nicht. Mal kurz überlegen. Ach, ich hätte vielleicht doch die Hose letzte Woche kaufen sollen. Genau. Das wäre jetzt die Lösung. Tja, aber ist nicht. Und die Zeit läuft.

Was mach ich denn jetzt? Andere Bluse? Vielleicht einfach eine klassische weiße Bluse? Schnell aus der vorherigen raus. Shit! Ich habe ja noch den schwarzen BH an. Also schnell ab ins Bad. BH austauschen – von schwarz in weiß. Schnell die weiße Bluse an. Zuknöpfen. Knopf eins, Knopf zwei, … Her mit dem Ganzkörperspiegel, der die ganze Wahrheit kennt.

Spieglein, Spieglein an der Wand. Ich höre kurz in mich hinein. Die Antwort lässt auf sich warten. Mann, jetzt komm schon! Stressiger Blick auf die Uhr. Jetzt sag schon! Ist es das Richtige für mich? Ich lausche. Voilá! Das ist es! Simple Lösung. Klassische Teile. Ein klares „Ja!“. Totaler Wohlfühlmoment.

Noch schnell ein spritzerchen Parfum und zur Abrundung noch Lipgloss auf die Lippen. Ich muss los. Während ich zur Tür gehe, wird mir bewusst: die Medien haben wohl doch Recht.

Ja, meine heutige Stimmung passt zu meinem gewählten Outfit! Ich gerüstet, selbstsicher, attraktiv und entscheidungsfreudig. Und für das Meeting passt das Outfit perfekt. Das wird ein guter Tag!

© by Marita Matschiner

Sales-Daunenjacke

Allzweckwaffe versus Daunennwahre

Allzweckwaffe versus Daunenallerlei

Gottseidank geht es jetzt endlich auf den Frühling zu! Endlich ohne dicke Jacken das Haus verlassen. Als ich noch unter einen Meter groß war, nannte meine Mama sie Übergangsjacke. Genau genommen, sagt sie das auch heute noch. Und auch heute frage ich mich jedes Mal, was genau sie damit meint. Selbst Radiomoderatoren auf einem öffentlichen bayrischen Radiosender stellen diesen Begriff jeden Frühling und Herbst aufs neue infrage.

Seit ich allerdings meine Top-Modelgrösse von stattlichen 1,62 m erreicht habe, habe ich eine eigene Definition für diesen Begriff: eine sportliche leichte Jacke ohne dickes Futter. Zum Beispiel eine leichte Leder- oder eine Wachsjacke. Ich zähle auch einen kurzen Trenchcoat, oder auch umgangssprachlich Regenmantel genannt, zu dieser Kategorie.

Vor circa zwei Jahren hat sich in dieser Liste ein neues Produkt als Standard eingereiht und dominiert seitdem die Fashionwelt – die super dünne Daunenjacke. Bei uns im Büro auch gerne als „Sales-Daunenjacke“ getauft, macht sie große Karriere und erfährt immer mehr Beliebtheit. Denn diese Jacke ist ein Phänomen. Die Verkaufszahlen müssen in den Himmel geschossen sein. Unabhängig ob es draußen plus 40 Grad oder minus 20 Grad hat, diese Jacke findet man immer häufiger in Schaufenstern, Laufstege und Kleiderständer wieder. Und jedes Mode-Label hat sie im Programm. In unterschiedlichsten Farben, Schnitten und Qualitäten.

Früher gab es zum ersten Montag im Januar den Winterschlussverkauf (WSV) – Wintersachen zum Super-Sonder-Reduzierten-Verkaufspreis. Und alles, was in zwei bis drei Wochen nicht die Verkaufsräume auf offiziellem Wege verlassen hat, wurde um weitere „unglaubliche 75%!!!“ angepriesen. Und was dann immer noch auf einem einsamen Wühltisch, mit ein paar anderen merkwürdig eingefärbten oder völlig unförmigen Teilen lag, wurde nun endgültig aus den Verkaufsräumen entfernt. Was passiert eigentlich mit solchen Teilen, die trotz Super-Sensationeller-Unglaublicher-Rabatt-Aktionen keine neuen Besitzer finden? Landen sie in der Verbrennungsanlage? In der Kleiderspende? Oder ordentlich in einem Container verstaut, der auf dem Weg in die Dritte Welt per Schiff unterwegs ist? Genauso wie wir es mit unseren abgefahrenen und unerwünschten Autos in Richtung Polen oder Ukraine auch handhaben?

Heute bin ich über den „Ich-nehme-an“ – Teil hinaus. Heute habe ich eine ziemlich gute Vorstellung von dem, was mit den nicht gewünschten und nicht tragbaren Produkten passiert. Diese Produkte landen im den „Ingolstadt Village“ und Metzingen und so weiter. Dort warten diese einzigartigen Produkte auf neue willige Besitzer. Diese glauben, sie haben einen Superschnapper gemacht und ein sensationell, einmaliges, superwertvolles Edeldesignerteilchen ergattert.

Aber kommen wir wieder zu den Sales-Daunenjacken zurück. Diese Jacken haben ihren Spitznamen daher, da offensichtlich alle unsere Vertriebsmitarbeiter eine möglichst anständige „Außer-Haus-Jacken“Alternative zum schweren, unbequemen Mantel suchten, der auch noch unnötigerweise den Anzug zer- oder eindrückt. Und innerhalb von ein paar Wochen rannte fast jeder mit so einer sackoähnlichen Daunenjacke durch die Räumlichkeiten. Nach jedem Wochenende wurden es mehr (Samstag ist ja Bummel-Alarm). Ich wiederhole mich ungerne, aber diese Jacke ist ein echtes Phänomen. Egal welche Temperatur, egal welche Jahreszeit. Jeder kann sie tragen. Jeder trägt sie auch. Zu jeder Tages- und Nachtzeit. Selbst über dem Abendkleid wurde sie schon gesichtet. Und diese Jacke ist in der gesamten Farbpalette erhältlich. Egal ob konservativ in Marine, Schwarz, Weiß oder progressiv Neon, Pastell. Sie ist auch als Wendejacke erhältlich und daher beidseitig tragbar. Es gibt Hersteller die vor nichts zurückschrecken. Ich habe so eine Jacke schon im Sakkoschnitt mit bunten, riesigen Blümchenmuster erspäht, und konnte es kaum glauben.

Kleine Randbemerkung: manche dieser Jacken sind nur mit billigen Kunststoff gefüllt. Einfach hinein mit billigen Resten. Hinein in die einzelnen Steppbereiche stopfen und gut ists. Und dann möglichst viele Euro auf das Preisschild schreiben. Ohne teure hochwertige Daune. Oder gar ohne Eider-Daune (die teuerste und hochwertigste, für die kein Tier stirbt), die bei manchen Modellen den hochwertigen Preis rechtfertigt.

Kommen wir zurück zur Übergangsjacke. Manche wählen eine Daunenjacke für das ganze Jahr. Ich habe vor drei Jahren meine Übergangsjacke gefunden. Genau mein Schnitt. Genau meine Form. Der traditionelle Parker. Und ich liebe ihn! Besonders da ich nie einen hatte und mir vor drei Jahren meinen Ersten gegönnt habe. Tatsächlich. Nicht einmal als Kind hatte ich einen Parker. Da muss ich erst 40+ werden, um in den Genuss zu kommen. Denn ich liebe ihn wirklich. Und zu jeder frühlingshaften oder auch herbstlichen Jahreszeit lächle ich in mich hinein und fühle mich einfach sauwohl wenn ich das Haus verlasse. Denn meine Daunenjacken, die mit hochwertigen Daunen gefüllt sind, bleiben alle im Schrank bis zum nächsten Winter. Und ich trage voller Zufriedenheit meine einzig wahre Übergangsjacke – meinen olivgrünen Parker!

 © by Marita Matschiner