Sales-Daunenjacke

Allzweckwaffe versus Daunennwahre

Allzweckwaffe versus Daunenallerlei

Gottseidank geht es jetzt endlich auf den Frühling zu! Endlich ohne dicke Jacken das Haus verlassen. Als ich noch unter einen Meter groß war, nannte meine Mama sie Übergangsjacke. Genau genommen, sagt sie das auch heute noch. Und auch heute frage ich mich jedes Mal, was genau sie damit meint. Selbst Radiomoderatoren auf einem öffentlichen bayrischen Radiosender stellen diesen Begriff jeden Frühling und Herbst aufs neue infrage.

Seit ich allerdings meine Top-Modelgrösse von stattlichen 1,62 m erreicht habe, habe ich eine eigene Definition für diesen Begriff: eine sportliche leichte Jacke ohne dickes Futter. Zum Beispiel eine leichte Leder- oder eine Wachsjacke. Ich zähle auch einen kurzen Trenchcoat, oder auch umgangssprachlich Regenmantel genannt, zu dieser Kategorie.

Vor circa zwei Jahren hat sich in dieser Liste ein neues Produkt als Standard eingereiht und dominiert seitdem die Fashionwelt – die super dünne Daunenjacke. Bei uns im Büro auch gerne als „Sales-Daunenjacke“ getauft, macht sie große Karriere und erfährt immer mehr Beliebtheit. Denn diese Jacke ist ein Phänomen. Die Verkaufszahlen müssen in den Himmel geschossen sein. Unabhängig ob es draußen plus 40 Grad oder minus 20 Grad hat, diese Jacke findet man immer häufiger in Schaufenstern, Laufstege und Kleiderständer wieder. Und jedes Mode-Label hat sie im Programm. In unterschiedlichsten Farben, Schnitten und Qualitäten.

Früher gab es zum ersten Montag im Januar den Winterschlussverkauf (WSV) – Wintersachen zum Super-Sonder-Reduzierten-Verkaufspreis. Und alles, was in zwei bis drei Wochen nicht die Verkaufsräume auf offiziellem Wege verlassen hat, wurde um weitere „unglaubliche 75%!!!“ angepriesen. Und was dann immer noch auf einem einsamen Wühltisch, mit ein paar anderen merkwürdig eingefärbten oder völlig unförmigen Teilen lag, wurde nun endgültig aus den Verkaufsräumen entfernt. Was passiert eigentlich mit solchen Teilen, die trotz Super-Sensationeller-Unglaublicher-Rabatt-Aktionen keine neuen Besitzer finden? Landen sie in der Verbrennungsanlage? In der Kleiderspende? Oder ordentlich in einem Container verstaut, der auf dem Weg in die Dritte Welt per Schiff unterwegs ist? Genauso wie wir es mit unseren abgefahrenen und unerwünschten Autos in Richtung Polen oder Ukraine auch handhaben?

Heute bin ich über den „Ich-nehme-an“ – Teil hinaus. Heute habe ich eine ziemlich gute Vorstellung von dem, was mit den nicht gewünschten und nicht tragbaren Produkten passiert. Diese Produkte landen im den „Ingolstadt Village“ und Metzingen und so weiter. Dort warten diese einzigartigen Produkte auf neue willige Besitzer. Diese glauben, sie haben einen Superschnapper gemacht und ein sensationell, einmaliges, superwertvolles Edeldesignerteilchen ergattert.

Aber kommen wir wieder zu den Sales-Daunenjacken zurück. Diese Jacken haben ihren Spitznamen daher, da offensichtlich alle unsere Vertriebsmitarbeiter eine möglichst anständige „Außer-Haus-Jacken“Alternative zum schweren, unbequemen Mantel suchten, der auch noch unnötigerweise den Anzug zer- oder eindrückt. Und innerhalb von ein paar Wochen rannte fast jeder mit so einer sackoähnlichen Daunenjacke durch die Räumlichkeiten. Nach jedem Wochenende wurden es mehr (Samstag ist ja Bummel-Alarm). Ich wiederhole mich ungerne, aber diese Jacke ist ein echtes Phänomen. Egal welche Temperatur, egal welche Jahreszeit. Jeder kann sie tragen. Jeder trägt sie auch. Zu jeder Tages- und Nachtzeit. Selbst über dem Abendkleid wurde sie schon gesichtet. Und diese Jacke ist in der gesamten Farbpalette erhältlich. Egal ob konservativ in Marine, Schwarz, Weiß oder progressiv Neon, Pastell. Sie ist auch als Wendejacke erhältlich und daher beidseitig tragbar. Es gibt Hersteller die vor nichts zurückschrecken. Ich habe so eine Jacke schon im Sakkoschnitt mit bunten, riesigen Blümchenmuster erspäht, und konnte es kaum glauben.

Kleine Randbemerkung: manche dieser Jacken sind nur mit billigen Kunststoff gefüllt. Einfach hinein mit billigen Resten. Hinein in die einzelnen Steppbereiche stopfen und gut ists. Und dann möglichst viele Euro auf das Preisschild schreiben. Ohne teure hochwertige Daune. Oder gar ohne Eider-Daune (die teuerste und hochwertigste, für die kein Tier stirbt), die bei manchen Modellen den hochwertigen Preis rechtfertigt.

Kommen wir zurück zur Übergangsjacke. Manche wählen eine Daunenjacke für das ganze Jahr. Ich habe vor drei Jahren meine Übergangsjacke gefunden. Genau mein Schnitt. Genau meine Form. Der traditionelle Parker. Und ich liebe ihn! Besonders da ich nie einen hatte und mir vor drei Jahren meinen Ersten gegönnt habe. Tatsächlich. Nicht einmal als Kind hatte ich einen Parker. Da muss ich erst 40+ werden, um in den Genuss zu kommen. Denn ich liebe ihn wirklich. Und zu jeder frühlingshaften oder auch herbstlichen Jahreszeit lächle ich in mich hinein und fühle mich einfach sauwohl wenn ich das Haus verlasse. Denn meine Daunenjacken, die mit hochwertigen Daunen gefüllt sind, bleiben alle im Schrank bis zum nächsten Winter. Und ich trage voller Zufriedenheit meine einzig wahre Übergangsjacke – meinen olivgrünen Parker!

 © by Marita Matschiner

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