Die Musikpausen wurden mit lautstarken Diskussionen gefüllt, in welchem Store man nun unbedingt erfolgreich sein will – nein, sein MUSS. Und welches neue Designerteilchen man gedenkt in einer entsprechenden Designertüte, zu einem immer noch heftigen Designerpreis, zurück zum Rustiko zu bringen. Als dann Madonna auch noch ihr „Vogue“ im Radio performte, erschien das Ortsschild „Leccio Reggello Florenz“. Ein lautes Gekreische in unterschiedlichen Höhen und Tiefen erfüllte den MINI: „The Mall – DA IST SIE!“.
Der Fahrer konzentrierte sich bereits auf die Parkplatzsuche. Denn wir würden bestimmt nicht die ersten und auch nicht die einzigen Shoppingwütigen sein. Er blieb überraschend ruhig und konzentriert, während die hektischen Rufe „Rechts ist was frei – nein, links auch“, „Hier aber! Nun park doch endlich!“ direkt in sein Ohr gepresst wurden. Er blieb seelenruhig und parkte endlich rückwärts in den letzten Schattenparkplatz ein. Ich habe mich schon ewig nicht mehr so schnell aus einem Auto gepellt. Es kam regelrecht Stress auf. Eigentlich bin ich nur mitgefahren, um eine zeitlose, schwarze Handtasche zu erwerben. Ich kann aber auch ohne leben. Aber irgendwie, ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte, bin ich angesteckt von der Hektik, dem Shoppingrausch, der Jagd nach einem Superschnapper.
Nun folgte Prada. Hier ist eindeutig eine Steigerung der Shoppingstimmung auszumachen. Um das zu erkennen, benötigt man noch nicht einmal ein minimales Feingefühl. Denn hier ging es richtig ab. Das Ganze hatte eher einen leicht aggressiven Charakter. Frauen prügelten sich fast um Handtaschen. Und jetzt mal ehrlich: es sind Handtaschen! Deren Job ist es, die Frauenutensilien in möglichst schicker und adretter Form zu transportieren. Gut, der Geruch von dem Leder ist sensationell – aber den bekomme ich doch auch woanders. Der Schnitt ist simpel und die Auswahl beschränkt sich auf ein paar kräftige, momentan sehr aktuelle Farben. OK, das goldene Logo ist schon sehr edel und nobel. Aber deswegen in panische Grapschsucht und Aggression zu verfallen? Nein, danke! Das ist es mir nicht wert.
Ich trenne mich von der Gruppe und hake mich bei meinem schwulen Lieblingsfriseur ein. Wir schlendern zu zweit entspannt in ein paar andere Läden. Allerdings ist dieses „Hilfe, morgen gibt es keine Designersachen mehr zu kaufen!“ – Phänomen, tatsächlich überall zu sehen und auch zu spüren. Da stellen sich mich fast die Nackenhärchen auf. Unfassbar!
Ein besonders interessantes Phänomen gab es jedoch zu beobachten. Sobald das erste Designerteilchen in einer Designertasche zu einem Designerpreis an der Hand hängt, ist die Hemmschwelle überschritten. Das Ziel: „Die Kreditkarte muss zum Glühen gebracht werden!“ Man kann getrost davon ausgehen, dass sich dort noch mindestens ein, zwei oder drei weitere Designertütchen dazugesellen werden. Am Ende reihe mich in dieses vergnügliche Vorgehen dann doch ein. Und ich hatte an diesem Nachmittag so viel Glückseeligkeit und Zufriedenheit in mir, dass ich nur noch lächelnd durch die Gegend lief und einfach nur noch frohlockend mit anderen Menschen in purer positiver Lebensfreude kommuniziert habe.
Und wen es interessiert: der von Designertüten überfüllte Kofferraum konnte gerade noch so geschlossen werden. Und ich war nicht ganz unbeteiligt. Denn drei von den Designertütchen konnte ich mein Eigen nennen. Der Inhalt meiner drei Tütchen: lebenswichtige Utensilien, die hart erkämpft waren. Eine Handtasche (nicht Prada), ein paar Pumps und natürlich ein Schal. Was sonst? 🙂