Haarchaos

Bad Hair Day

Bad Hair Day

Schon in jungen Jahren habe ich erkannt, dass ich nicht gerade mit den perfekten Haaren auf die Welt gekommen bin. Ich habe wohl ziemlich laut „HIER“ gerufen, als der liebe Herrgott die Wirbel verteilt hat. Sie sind überall am Kopf und stehen in alle Richtungen ab. Als Kind hatte ich auf der rechten Stirnseite ein Hörnchen. Die Haare standen da wirklich in der Form eines Hornes ab. Egal wie lange ich gebürstet und die Strähne mit den Händen glatt gedrückt habe – es half nichts. Um die Sache so richtig herzig zu machen: die Haare sind unheimlich dünn und aalglatt. Sie liegen von Natur aus direkt am Kopf an. In den 60ern wäre ich ein perfektes Blumenkind gewesen! Woodstock pur. Der totale Sleek-Look. Ich habe mit allen erdenkbaren Mitteln versucht, Volumen in den Ansatz und die Wirbel unter Kontrolle zu bekommen. Erfolglos.

Als Teenager hat sich irgendwann meine Mama erbarmt und einer Dauerwelle zugestimmt. So rannte ich wie ein Pudel mit Seitenscheitel durch die 80er. Das war der weibliche Locken-Vokuhila-Look. Eigentlich sollte es wie bei Kelly McGillis aus „Top Gun“ oder Nena aussehen. Aber von diesem Look war ich meilenweit entfernt.

Ich ging sehr ungerne zum Friseur. Jedes Mal bin ich völlig motiviert mit einem Foto aus einer Zeitung hin gegangen. Mit der Hoffnung, im Anschluss genauso toll auszusehen. Nach dem Schneiden, den aufwändigen und schmerzhaften Chemiebehandlungen war ich meistens unglücklicher als vorher. Daheim flogen dann die Türen, die Tränen liefen und ich wollte nie wieder mein Zimmer verlassen. Erst wieder wenn die Länge, die Locken und/oder die Farbe rausgewachsen waren. Und das kann lange dauern. Es heißt, die Haare wachsen durchschnittlich einen Zentimeter pro Monat. Ich konnte das mit meiner Ungeduld wiederlegen! Bei mir hat das mindestens sechs Monate gedauert. Kein Scheiß. Ich betete täglich um ein Zaubermittel! Ein Mittel das die Haare schneller wachsen lässt. Aber meine Gebete wurden nicht erhört. Vielleicht dachte der liebe Gott ja, mit den Wirbeln hatte er mich genug bedacht und das reiche wohl an Aufmerksamkeit.

Irgendwann hatte ich dann meine Traumfrisur. Lang waren sie – bis über das Schulterblatt. Es hat Jahre gedauert. Ich habe gezüchtet. Um jeden Millimeter beim Friseur gekämpft. Und als Zusatzinfo: Meine Mama war die Friseurin. Eine Friseurmeisterin wohl gemerkt. Ein Vollblut-Profi, die ihren Job mit voller Liebe und Leidenschaft ausübt. Selbst im Urlaub mit Schere im Gepäck. Immer und zu jeder Zeit liebend gerne bereit ihren Beruf auszuüben.

Meine Frisur war nun mit Mitte 30 endlich perfekt. Die richtige Länge. Der richtige Schnitt. Die richtige Farbe. Ich musste zwar nach wie vor viel Zeit investieren um Volumen hineinzubekommen. Aber die Fingerfertigkeiten mit den unterschiedlichen Rundbürsten und dem Toupierkamm zielführend umzugehen, waren mir ja quasi in die Wiege gelegt. Also riesige Mengen von Haarschaum und Haarspray ins Haar. Und sie saßen perfekt.

Bis zu dem einen Tag – Jahre später. Ich war mit meinem Mann im Urlaub. Der Wind pfiff uns um die Ohren. Ich versuchte die Mähne mit geflochtenen Zöpfen und Dutt in den Griff zu bekommen. Selbst ein Kopftuch half nichts. Jeden Abend stand ich mit Tränen in den Augen im Bad, um die Haare von den Knoten zu befreien. Diese verfluchten Knoten, die der Wind im Laufe des Tages irgendwie in meine Wallewallemähne gezaubert hatte. Nichts hat geholfen. Auch die Superhaarpackung, die das Haar butterweich und damit kämmbar werden lassen sollte, hat seinen Zweck verfehlt. Außerdem war ich diese ewigen Haarspühlungen, Haarpackungen und Rundbürsten leid. Beim Schlafen auf den eigenen Haaren zu liegen und es ziept jedes Mal bei der Änderung der Schlafposition. Mal eben Haare waschen war nicht möglich. Dieser eigentlich simple Akt war mit einem immensen Aufwand verbunden. Wie machen das nur die Frauen, deren Haare voll und lockig und ggf. sogar noch länger waren? Nach ein paar Tagen war ich so verzweifelt, dass ich meiner Friseurin des Vertrauens eine WhatsApp schickte, mit der Bitte sich eine Kurzhaarfrisur für mich zu überlegen. Ich hatte mich entschieden. Meine Mähne musste ab. Und zwar schnellstens.

Natürlich habe ich vorab nach Inspirationen gesucht. Ich ging mit den Ergebnissen – Fotos auf dem Handy – zu meiner sehr gut befreundeten Friseurin. Meiner Mama hatte ich bereits vor Jahren diese Bürde abgenommen. Denn wenn man sich sieht, soll man die Zeit miteinander verbringen und nicht damit, dass sie an meinem Kopf rumwurschtelt. Einer der Vorschläge wurde von beiden Seiten angenommen und in die Tat umgesetzt. Meine erste Reaktion, nachdem die Haare weg waren: ich habe ja einen Hals!!! Ich konnte nun beherzt mit beiden Händen in meinen Haaren rumwuscheln. Was für ein Gefühl! Sorry für den Spruch: leider geil!

Die Reaktionen meines Umfelds waren überwältigend. Es gab nur zwei Personen, die mich für verrückt erklärt haben. Sie fragten mich fassungslos, wieso ich mir die wunderbaren langen Haare hab abschneiden lassen. Die waren doch sooo schön! Und was für eine Überraschung – es waren Männer! Sorry, aber ihr habt keine Ahnung was für ein Aufwand so eine Traumfrisur bedeutet. Glücklicherweise war es nicht mein eigener Mann, der diese Worte von sich gab. Denn als ich mich auf den Weg zum neuen Haarschnitt machte, meinte er: „Schatz, lass Dir die Haare schön kurz schneiden. Ich liebe Dich mit langen oder kurzen Haaren. Hauptsache Dir gefällt es. Aber eine Bitte habe ich. Bitte keinen Pony!“(Muss ich damals nach dem Kinobesuch „Der Teufel trägt Prada“ fürchterlich ausgesehen haben, als ich mir kurzerhand – mitten in der Nacht – einen Pony geschnitten habe!)

Eine weitere Überraschung, die ich nach der Kürzung erfahren habe: die Akzeptanz von weiblichen Kollegen. Anscheinend wird man nicht mehr als typische blonde, langhaarige Konkurrenz mit großen blauen Augen gesehen.

Jetzt, zwei Jahre später trage ich die moderne, etwas flippige Kurzhaarfrisur nach wie vor mit Freude und voller Überzeugung. Einen Nachteil hat es allerdings. Ich gehe nach wie vor nicht gerne zum Friseur. Allerdings jetzt aus einem anderen Grund. Die Haare wachsen jetzt viel schneller. Bestimmt! Garantiert! Und mindestens einen Zentimeter in einer Woche. Und es treibt mich in den Wahnsinn! Jetzt muss ich alle vier Wochen zum Friseur. Und jedes Mal sage ich: bitte schneid es noch ein bisschen kürzer! Gerne auch noch fünf Millimeter mehr abschneiden!

Gibt es denn nicht in der Zwischenzeit ein Mittelchen, dass die Haare langsamer wachsen?

© by Marita Matschiner

Deko-Daumen

Gartenträumchen

Unser Gartenträumchen bei Wind und Wetter

Nach einem Ausflug zu unserer Familie schauen wir auf dem Heimweg noch kurz bei Eltern von Freunden vorbei. Wir haben uns schon fast ein Jahr nicht mehr gesehen. Ihr Haus kenne ich nur im Winter. Ich freue mich auf paar gemütliche Stunden mit ihnen im Garten.
Die Stimmung ist entspannt und mit traumhaftem Humor versehen. Die beiden werden bald zum ersten Mal Großeltern und so geht uns der Gesprächsstoff schon zweimal nicht aus. Nach einiger Zeit kümmern sich die Gastgeber um flüssigen Nachschub und ich nutze die Gelegenheit mir die Beine zu vertreten. Ich stöbere durch den Garten.

Bei der Ankunft ist er mir gar nicht aufgefallen. Was für eine Oase! Wie liebevoll alles arrangiert ist. So grün. So viele Blüten. Eine wahre Farbenpracht. Ich habe den Eindruck, die Flora ist auf ihrer eigenen Hochzeit. Prall gefüllt und in den schönsten Farben. Ein Meer von Rhododendren und Hortensien. Letztere mit Blüten so groß wie Basketbälle. Die herzlich platzierten und dekorierten Kleinigkeiten. Hier eine Holzbank mit einer Laterne inmitten von vor Kraft strotzenden Büschen. Dort eine fast von Blüten explodierende Pflanze und daneben steht eine buntgestrichene Keramikkuh. Ums Eck ist eine wahre Lavendelfarm. Ein Wunder, dass die einzelnen Stiele nicht unter dem Gewicht ihrer begehrten Frucht zusammenbrechen – dekoriert mit Laternen und Fackeln.

Ich liebe solche Gärten, die so farbenfroh, fröhlich und einfach nur schön aussehen. Diese gepflegten Büsche und Bäume, die einen zum Verweilen einladen. Ergänzt durch diese kleinen gut akzentuierten Deko-Elemente. Hier sieht man, wie viel Zeit investiert wurde und wird. Und alles lässt den riesigen grünen Daumen, das richtige Händchen und viel Liebe zum Detail erkennen. Ein unfassbar schöner Garten. Hier will man bleiben. So einen will ich auch.

Während die Gespräche voranschreiten, überlege ich, ob ich das nicht doch noch einmal versuchen sollte: meinen grünen Daumen herausfordern. In der Vergangenheit habe ich es immer wieder versucht. Leider ohne Erfolg. Und wenn, dann war selbiger nur sehr kurzweilig.

In meinem ersten Garten versuchte ich mich zu allererst an Sonnenblumen. Allerdings wurden diese niemals zwei Meter groß. Obwohl die Samenverpackung das ausdrücklich ausgewiesen hatte. Sie hatten keine Nudelteller großen Köpfe. Bei mir waren es höchstens Sonnenblümchen. Genau genommen sahen sie bei mir aus wie gelbe Gänseblümchen. Die Margeriten überlebten keine vier Wochen. Parasiten und Schleimschnecken erledigten das Thema ratzfatz. Die Tomaten waren kleine, grüne, kümmerliche, kugelähnliche Teile. Garantiert nicht zum Verzehr geeignet.

Dann kam der erste richtige gemeinsame Garten in meinem Eheleben. Nicht gerade viel Platz für Hecken, Büsche und Pflanzen. Aber für Töpfe. Finde ich eigentlich eh viel schöner. Viele verschiedene Behältnisse mit möglichst unterschiedlich großen Pflanzen und jede mit anderen Formen, Farben und Blüten.

Wir versuchten es jedes Jahr aufs Neue. Im Frühling huschte ich zu Pflanzen Kölle oder Dehner (doof das ich den MX-5 gegen einen SUV ausgetauscht habe. In den SUV passt eindeutig mehr rein). Ich gab ein Vermögen für Pflanzen, Erde und Töpfe aus. Die ersten Wochen war der Anblick fantastisch. Je länger der Sommer jedoch dauerte, desto einsamer und trauriger sahen die Pflanzen aus. Trotz regelmäßigem wässern, düngen, pflegen. Alte Blüten abschneiden und gut zureden. Keine Chance!

Wir brachten es allerdings nicht übers Herz, die Pflanzen direkt dem Kompost zukommen zu lassen. Sie bekamen alle noch eine Chance. Durften alle auf unserer überdachten Terrasse, brav vor Kälte und Schnee geschützt, überwintern. Trotz der Pflege hatte es wohl nicht sollen sein. Denn zu Beginn des nächsten Frühlings machten wir erst einmal tabula rasa und alles was echt übel aussah, wanderte direkt in die Biotonne. Bis auf die Buxbäume. Seit über 15 Jahren sind sie in meiner Obhut und wachsen und gedeihen. Freut uns natürlich. Alles andere funktioniert aber nicht. Lavendel hält durchschnittlich drei Jahre. Im zweiten Jahr sieht er in der Regel schon ziemlich erbärmlich aus. Rhododendron – eine tolle Pflanze. Nur eben nicht bei uns. Nach zwei Jahren hatte er das zeitliche gesegnet. Wir lieben Oleander. So schöne Blätter. So ein schöner Wuchs. Nur uns mag er nicht. Von ihm haben wir uns ebenfalls nach drei Jahren gemeinsamen Gartenlebens trauernd getrennt.

Wir haben es dann irgendwann aufgegeben. Allerdings bestehe ich auf Rosmarin. Leider jedes Jahr ein neuer Topf. Nur durchhalten will er nicht. Aber wir brauchen ihn einfach zum Kochen und Grillen. Außerdem lieben wir das Aroma seiner Nadeln. Einmal kurz mit der Hand durch die Pflanze gleiten und an den Händen riechen. Der Wahnsinn.

Die Hoffnung auf den grünen Daumen haben wir begraben. Wir leben nun den Deko-Daumen aus. Funktioniert auch. Hier eine Laterne. Dort ein Lampion. Eine kleine Tonfigur. Da eine Sitzmöglichkeit mit Marmortisch und Kerze. Noch eine kuschelige Decke auf den Schaukelstuhl und ganz viele Kissen auf unserem Lounge-Sofa. Macht einen Garten auch gemütlich, einladend und kuschelig.

Viele Gäste sind begeistert von unserem saugemütlichen Garten. Aber hauptsächlich genießen wir es, dort viel Zeit zu verbringen – bei Wind und Wetter. Immerhin ist es unser zweites Wohnzimmer. Und regelmäßig fängt einer von uns beiden an: wir haben so einen schönen und gemütlichen Garten.

© by Marita Matschiner