Someday At Christmas

 

Unter dem Weihnachtsbaum

Someday At Christmas – Lyrics: Stevie Wonder & Andra Day

Someday at Christmas men won’t be Boys
Playing with bombs like Kids Play with toys
One warm December our hearts will see
A world where men are free

Someday at Christmas there’ll be no wars
When we have learned what Christmas is for
When we have found what life´s really worth
There’ll be peace on earth

Someday all our dreams will come to be
Someday in a world where men are free
Maybe not in time for you and me
But someday at Christmas time

Someday at Christmas we’ll see a land
With no hungry children, no empty hand
One happy morning people will share
Our world where people care

Someday at Christmas there’ll be no tears
All men are equal and no men have fears
One shining moment, one prayer away
From our world today

Someday all our dreams will come to be
Someday in a world where men are free
Maybe not in time for you and me
But someday at Christmas time

Someday at Christmas man will not fail
Hate will be gone and love will prevail
Someday a new world that we can start
With hope in every heart

Someday all our dreams will come to be
Someday in a world where men are free
Maybe not in time for you and me
But someday at Christmas time
Someday at Christmas time

Mit diesen Worten wünsche ich allen Lebewesen frohe, friedliche und erholsame Weihnachten.

Jetzt mal von Frau zu Mann

Jekyll & Hyde

Der größte Teil der Frauen schmeißen sich gerne in Schale und geben alles um zu gefallen. Als Motivation gibt es unterschiedliche Gründe. An erster Stelle steht natürlich der Mann an ihrer Seite. Viele frisch verliebte Frauen ändern Style und Bekleidungsgewohnheiten. Und das nur für den Mann ihres Herzens. Sie schlüpfen in Röcke statt Jeans und tragen halsbrecherische Absatzhöhen statt Turnschuhe. Solange sie sich nicht selber aufgeben, ist das auch völlig legitim – finde ich. Zeigt die Wertschätzung des Partners.
An zweiter Stelle: Sich selber etwas Gutes tun. Sich wohlfühlen. Attraktiv, selbstbewusst und sicher sein (siehe Blog „Spieglein Spieglein“). An Dritter Stelle kommt nun der überraschende Teil: Die Konkurrenz. Tief in ihrem Inneren, denn viele würden es niemals offen zugeben, tun sie es für andere Frauen. Zumindest für den Großteil der weiblichen Bevölkerung ist es wichtig, wie sie bei den Frauen im Umfeld ankommen und wahrgenommen werden.

Bei Männern sieht die Sache ganz anders aus. Viel einfacher und unkomplizierter.

Es gibt nur zwei Faktoren die berücksichtigt werden: a) Habe ich einen Termin bzw. was steht heute in dem Kalender und welche Bekleidung wäre angemessen? b) Ist es warm bzw. kühl genug? Ausreichend bequem, gemütlich und mit dem gewünschten Wohlfühlaspekt?

Der Mann an sich fragt nicht zwingend nach einem Dresscode. Er stellt seiner Partnerin nicht die Frage: „Schatz, was soll ich denn heute anziehen?“ Er stellt sich einfach die zwei oben erwähnten Fragen und greift an die entsprechende Stelle im Kleiderschrank. Entweder zu Hemd und Anzug (Krawatte ist heutzutage überbewertet). Oder zum Hoody und zur übergroßen, abgetragenen Jeans. Bei der Kategorie „gemütliche Klamotte“ gibt es dann auch unterschiedliche Stufen (da gehe ich jetzt lieber nicht drauf ein).

Als kleines Mädchen saß ich morgens auf dem Bett im Elternschlafzimmer und beobachtete meinen Vater wie er sich für seinen Job in Schale warf. Manchmal fragte er mich, was er anziehen soll. Worauf meine absolute Standardantwort kam:

Die flanellgraue Anzughose. Ein weißes Hemd. Das blaues einreihiges Sakko. Das mit den drei Knöpfen und dazu die weinroten Schnürschuhe. Dazu passend farblich abgestimmt der Gürtel und die Krawatte mit den blau-weinroten Streifen. Ich liebte meinen Vater in diesem Outfit. Und ich war mit zehn Jahren schon stolz wie Bolle, so einen schicken, modernen und attraktiven Vater zu haben. Anmerkung meinerseits: ja, damals war das ganz große Mode und völlig up-to-date.

Für meinen Ehemann habe ich ebenso eine Vorstellung für den perfekten Look. Eigentlich für fast jeden Mann in meinem näheren Umfeld habe ich DAS Outfit im Kopf. Leider möchten die wenigsten diese Info haben. Sie machen sich oft gar keine Gedanken, wie sie so rüberkommen und was sie mit ihrem Style aussagen wollen. Denn Gemütlichkeit, Wohlbefinden und/oder Gewohnheit stehen hier im Vordergrund. Bis zu einem gewissen Punkt kann ich das ja auch verstehen.

Aber mal von Frau zu Mann: auch wir Frauen mögen es, wenn Ihr euch für uns hübsch macht. Euch dann und wann Mühe gebt. Jede Frau hat für ihren Mann, Lebensgefährten oder Freund ein Lieblingsoutfit. Eine Vorstellungen was besser zu ihm passen würde. Liebe Männer, könnt ihr zwischendurch auch mal diesen Bequemlichkeit- und den Gemütlichkeitsaspekt ad acta legen und euch für uns in Schale schmeißen? Zeigt einfach mal Mut zur Farbe. Verändert für einen Abend euren Style. Eine andere Hose, ein anderer Schnitt. Es kostet nicht viel. Nur Überwindung. Zwischendurch aus Tristesse und Langeweile ausbrechen. Für uns. Für eure geliebten Frauen.

Mein Mann fragt von Zeit zu Zeit „Schatz, was soll ich heute Abend anziehen?“ Ich sitze dann, wie damals als Kind, auf unserem Bett und gebe meine Vorstellungen und Vorschläge preis. Diese Frage ist soooo simpel. So einfach. So kurz. Aber nach der Umsetzung zaubert es mir ein Strahlen ins Gesicht. Weil ich weiß, er trägt es für mich. Er gibt sich Mühe, mir zu gefallen. Wenn ich ihm dann einen Kuss gebe und Stolz wie Bolle bin, so einen schicken, modernen und attraktiven Mann zu haben, fühlt er sich doppelt wohl. Ich glaube sogar auch ein kleines bisschen dankbar: für einen Abend aus seiner Gewohnheit ausgebrochen zu sein.

PS: Für die, die es interessiert – meine Antwort an meinen Mann lautet: Jeans, weißes T-Shirt, V-Ausschnittpullover, Sneaker oder gute Lederschnürschuh und eine vernünftige Uhr und ein Gürtel. Ein Sacko rundet das Outfit ab. Für mich sieht er darin einfach nur perfekt aus!

© by Marita Matschiner

Alles MEINS!

Schokosucht

Es ist zum aus der Haut fahren! Ich fühle mich wieder in die Kindheit versetzt. Könnte mit den Füßen aufstampfen vor lauter Wut. Mein Nervenkostüm ist kurz vorm auflösen. Manno! Er hat es wieder getan! Aber mal von Anfang an.

Papa kommt zu Besuch! Leider nur für einen Abend und eine Übernachtung. Aber wir haben am nächsten Morgen immerhin noch circa eine halbe Stunde zu frühstücken. Also schnell eine Einkaufsliste im Geiste erstellt. Normalerweise frühstücken mein Mann und ich nicht. Abendbrot lassen wir auch eher ausfallen. Daher weißt unser Kühlschrank immer eine gähnende Leere auf. Wichtig auf der Liste: Nutella. Denn wer kann diesem Wahnsinns-Schoko-Schmieri widerstehen. Und es macht jedes Frühstück einfach perfekt.

Für mich ist das dann auch etwas Besonderes. Für mich werde ich dazu extra ein schönes frisches Kastenweißbrot kaufen. Gibt es nicht immer und auch nicht überall. Und nur weil bei manchen Bäcker „Kastenweißbrot“ draufsteht, heißt das noch längst nicht dass da auch „Kastenweißbrot“ drin ist. Aber nach Jahren der Suche wurde ich fündig. Kindheit pur. Zum Frühstück gab es am Wochenende immer eine Nutella-Kastenweißbrot-Frühstückstulle. Und ja, die Geister scheiden sich und Ihr könnt jetzt Einspruch erheben, bis es Euch aus den Ohren kommt: für mich gehört frische Deutsche Markenbutter dazu! Denn ohne Butter ist eine Scheibe frisches Kastenweißbrot mit Nutella keine Nutella-Kastenweißbrot-Frühstücksstulle. So schaut’s aus!

I gfrei mi. Hinein ins Wochenende geschliddert mit einer Scheibe meines Lieblingsbrots mit meinem Lieblingsbelag. Freu, feu! Kaffee frisch aufgebrüht. Butter aus dem Kühlschrank. Scheibe gerade mal so heile abgeschnitten bekommen. Ist nicht gerade meine Stärke, ein Brot in Scheiben zu schneiden. Macht aber nix. Habe ja andere Stärken. So, Schublade auf, Nutella her. Nutella? Nutella! Och nöh. Nicht schon wieder!

Bevor ich auf die Barrikaden gehe schaue ich erst einmal in den Glas-Entsorgungsschrank. Und – da steht es! Ich schraube das Glas ungläubig auf und kann es wieder einmal nicht fassen. Dieses braune, süchtig machende, ungesunde, schmierige Nuss-Schoko-Zeug ist weg. Ausgelöffelt bis auf den letzten cremigen Rest. Ratzeputz leer!

Man darf ihn einfach nicht mit einem Glas Nutella alleine lassen! Das Ende ist immer das Gleiche! Mein Vater bekommt seinen Toast mit Nutella. Mein Mann bekommt den Rest des Glases. Mit einem Esslöffel innerhalb von zwei Nächten aufgegessen. Pur. Ohne alles. Sogar ohne frisches Kastenweißbrot und Butter. Ich gehe leer aus! Ist gemein! Ist unfair! Und fies ist es auch!

Ich musste schon öfters Lehrgeld bezahlen. Genau genommen immer. Aber, es hat zwei Vorteile: die Kalorienbombe landet auf seinen Hüften und er hat ein schlechtes Gewissen (ich Teufelchen ich).

Meine einzige Lösung: Ein großes Glas Nutella steht jetzt bei mir im Büro auf dem Schreibtisch. Und immer, wirklich immer wenn mir danach ist und es notwendig wird, packe ich den speziellen Nutella Löffel aus (den gibt es wirklich!) und schieße sogar das Kastenweißbrot mit der Butter in den Wind. Sitze zurück gelehnt auf dem Bürostuhl. Mit großem Genuss, Zufriedenheit und dem Wissen „Das ist alles meins!“ stecke ich den Löffel tief in das Nutella Glas und ziehe mein Nervenkostüm wieder an.

© by Marita Matschiner

 

Katja, eine Wassermelone und ich

Katja, eine Wassermelone und ich

Katja, eine Wassermelone und ich – pic by Achim Matschiner

Ich weiß, Onlineshopping ist scheiße! Aber wer eine Katja an seiner Seite hat, dem kann nichts passieren.

Auf einer Webseite habe ich ein Tanktop mit dem Aufdruck „I carried a watermelon“ gesehen. Hallo! Das ist meins! Ich habe Dirty Dancing tausendmal gesehen. Bin mit Baby und Johnny durch die Teenagerzeit geschliddert. Habe selber bestimmt schon 100-mal eine Wassermelone getragen. Daher: Dieses Baby gehört zu mir!

Die Bestellung war korrekt. Der Lieferschein auch. Nur leider war der Inhalt der Lieferung falsch! In meinen Händen hielt ich ein V-Ausschnittshirt. Scheiße! Jetzt wird es wieder kompliziert. Die Webseite vom Anbieter war leider nicht greifbar. Dann eben der Versuch mit der Hotline. Stift und Papier liegen parat. Für wichtige Notizen und unkenntliche Zeichnungen als Zeitvertreib.

Ich bin erschrocken als sich bereits nach dem zweiten Klingeln eine frohlockende Stimme meldet: „Hallo und schönen guten Morgen! Hier ist Katja. Was kann ich Gutes für Dich tun?“ Soviel positive Energie die von Berlin bis nach Bayern durch das Telefonkabel schwirrte – und das am Montagmorgen vor 10:00 Uhr!? Nachdem ich mich auch mit Vornamen meldete, mein Problem geschildert hatte, kamen sechs Wörter als Antwort. Diese waren so verständnisvoll, freundlich und endeten dann auch noch mit meinem Namen: „Ach, das tut mir leid, Marita!“ Noch mehr entwaffnen und weichklopfen geht gar nicht – schon gar nicht um diese Uhrzeit. Außer George Clooney serviert mir einen Nespresso (Da wäre mir die Uhrzeit aber auch so völlig egal!).

Katja bietet mir umgehend eine neue und korrekte Lieferung an (diese war innerhalb von 48 Stunden in meinem Briefkasten). Als offizielle Entschuldigung und Bestätigung der neu versendeten, kostenfreien Nachlieferung erhielt ich eine eMail. So eine bezaubernde eMail habe ich noch nie erhalten – geschweige denn von einem Online-Anbieter. Sie zeigte Verständnis, Freundlichkeit, beinhaltete warme Worte und eine lockere, entspannte Kommunikation. Sie war distanziert, aber auf einer persönlichen Ebene. Ich fühlte mich verstanden, aufgehoben und lächelte bei jedem Satz. Was für ein toller und wertvoller Umgang mit einem Kunden der „nur“ ein Tanktop bestellt hat. So fühle ich mich wertgeschätzt, gut behandelt. Dort ist mein Geld gut aufgehoben.

Katja betreute mich per eMail durch den gesamten Prozess: die Reklamation, die Versendung der Korrekturlieferung. Fragte nach, ob das Top wohlbehalten und zu meiner Zufriedenheit angekommen sei.

„Gute Neuigkeiten: Ein Paket voll schöner Sachen ist auf dem Weg zu dir, hooray!“
„Ich hoffe, du bist bisher entspannt durch die Woche gestartet!“
„Es war mir ein inneres Blumen pflücken deine Mail zu lesen!“
„Ich schick dir ein mentales Highfive rüber als Bestätigung!“
„Lass mich wissen, ob alles passt, wackelt und Luft hat!“
„Liebe Grüße aus dem schönen Berlin und have the time of your life;-) wünscht Dir Katja, Kundenfee!“

Da kann doch selbst George Clooney mit duftend gefüllten Tässchen und Rehaugenblick nicht mithalten. Denn das ist nah. Das ist echt. Das ist menschlich. So sollte eine Kommunikation sein! Katja hat ihre Berufung gefunden. Katja ist eine wirkliche Kundenfee. Das nenne ich Kundenbindung. Das perfekte CRM – Customer Relationship Management.

Danke, liebe Katja! Meine Kundenfee! Für Dich, trage ich auch gerne eine Wassermelone!

© by Marita Matschiner

Rollentausch im Straßenverkehr

Scheiß Rollentausch

Scheiß Rollentausch – pic by Achim Matschiner

Es gibt einen wirklichen großen Vorteil am Herbst. Einen triftigen Grund. Eine Daseinsberechtigung für Wind, Regen und Kälte: wenig oder gar keine Radfahrer auf den öffentlichen Straßen!

Zu dieser äußerst unangenehmen Jahreszeit ziehen sich die Radfahrer in ihr Winterquartier zurück und werden nur noch begrenzt auf den öffentlichen Wegen angetroffen. Wenn man ihnen als Autofahrer dann doch begegnet, sind sie wenigstens da, wo sie auch hingehören: auf dem Radweg. Bedingt durch die schmalen Wege auch brav hintereinander, gut sichtbar und hoffentlich meist beleuchtet.

Im Gegensatz dazu trifft man diese Sorte von Outdoor-Sportlern zu den schönen Jahreszeiten gerne und häufig auf den Straßen an. Leider treiben einige einen manchmal in den Wahnsinn. Sie schaffen es, dass ruhige ausgeglichene Autofahrer plötzlich ihr Gemüt verändern. In der Öffentlichkeit auch mal aus sich raus gehen und lautstark ihre Meinung kundtuen.

Ich bin ein ruhiger Verkehrsteilnehmer. Manchmal ein bisschen – sagen wir mal – zügig unterwegs. Ich Fluche so gut wie nie! Kreische nicht herum. Werde nicht hysterisch. Ebenso vermeide ich tunlichst unschöne, unfreundliche, herablassende und vulgäre Namen für meine Mitverkehrsteilnehmer. Wenn nur diese Fahrradfahrer nicht währen.

Diese Radfahrer, die der Meinung sind, Ihnen gehört der Asphalt. Am schlimmsten sind die „nebeneinander Fahrer“. Natürlich muss man während dem Ausflug miteinander reden. Sich austauschen. Bevorzugt auf den kurvenreichsten, schmalsten Bereichen der Strecke. Mit dem Auto fährt man dann mit ungefähr 25 km/h über eine ewig lange Strecke hinter ihnen her. Wartet auf seine Chance, diese durchgestylten Sportler zu überholen. Dem Anblick der leider meist unförmigen Hinterteile, die auf dem Sattel von rechts nach links schwanken, zu entkommen. Endlich die erwartete Pause vom Gegenverkehr. Man nutzt die Gelegenheit. Gibt durch Blinken dem nachfolgenden Verkehr Signal. Beschleunigt und startet das lang ersehnte Überholmanöver. Sobald man auf ihrer Höhe ist, zuckt plötzlich der zu überholende Radler kurz Richtung Auto. Bedenklich nähert er sich dem rechten Außenspiegel. Die linke Hand löst sich etwas unkontrolliert vom Lenker. Wird zur Faust geballt und dann folgt der Mittelfinger. Der Gesichtsausdruck des Bikers wird aggressiv und er bewegt die Lippen. Es ist ziemlich offensichtlich: er schimpft. Und das bitterböse. Vermutlich benutzt er einige Schimpfwörter, die nicht für minderjährige Ohren bestimmt sind. Dem Autofahrer bleibt nur ein leises stilles Gebet gen Himmel zu schicken und den Abstand zum dem Zweirad möglichst schnell zu vergrößern.

Scheiße! Rollentausch.

Da bin ich nun: Radausflug mit meinem Mann. Wir wollen in den Biergarten. Ich bin mir nicht sicher welche Strecke wir nehmen. Das Auto hinter mir ist noch weit entfernt. Also wage ich es: ich trete beherzt in die Pedale, um kurz neben meinem Mann zu fahren. Frage ihn, welche Strecke wir nehmen wollen. Da setzt ein Auto hinter mir zum Beschleunigen an. Das laute Geräusch des Achtzylinder erschreckt mich und ich schlingere. Aber er war doch eben noch so weit entfernt. Ich muss mich konzentrieren um weiter geradeaus zu fahren. Der Wagen fährt erschreckend nah an mir vorbei. Ich hebe die Hand. Zuerst zur Faust geballt und dann den Mittelfinger gehoben. Es fallen mir hundert vulgäre neue Namen für den Fahrer ein. Und ich brülle sie lautstark in seine Richtung. Der Fahrer schüttelt den Kopf und fährt an uns vorbei.

Mir bleibt es nur ein Stoßgebet gen Himmel zu schicken und den Abstand zu dem lautstarken Gefährt vergrößern zu lassen. Mit der Hoffnung, der nächste Herbst kommt bestimmt. Und das Fahrrad wird für diese Saison wieder einmal einzumotten.

© by Marita Matschiner

Haarchaos Reloaded

Son Shitt - was fürn Schnitt!

Mütze drauf und gut ist – pic by Achim Matschiner

Son Shitt – was fürn Schnitt. Stimmt nicht ganz: der Schnitt ist es nicht. Oder besser gesagt, nur bedingt. Auf jeden Fall ist mir das seit zirka 30 Jahren nicht mehr passiert. Und ich habe nicht damit gerechnet, dass es mir überhaupt wieder passiert. Dieser Blog ist übrigens die Fortsetzung zu dem Blog „Haarchaos“. Noch vor zwei Wochen dachte ich, eine Fortsetzung hierzu wird es nicht geben. Habe mich wohl geirrt. Und wenn ich jetzt so drüber nachdenke, könnte es leicht passieren, dass es auch eine Episode drei und vier geben wird. 😉 Warum auch nicht. Hat bei Rocky, Rambo, und Co. funktioniert, warum nicht auch bei mir!? Aber ich fange besser mal von vorne an.

Vor einer Woche waren meine Standard-Vier-Wochen um. Ich schlug wieder bei meiner Friseurin zum Kürzen der Haarpracht auf. Die übliche Frage kam: was wir denn heute so machen wollen? Ich liebe diese dritte Person – diese Royal-Plural-Nummer. Denn ich mache beim Friseur gar nix. Sitze nur da und gucke, was der Mensch da so mit meinen Haaren tut. Bevorzugt mit einem Gläschen Prosecco in der Hand. Ich zückte mein Handy und zeigte wieder einmal ein typisches Bild aus dem Internet, was ich mir so vorgestellt hatte. Die Friseurin erschrak: „Bist Du sicher? Das ist aber echt radikal für Dich! Und wird zu hart sein!“ Ich nickte voller Überzeugung. Denn das war die tollste und beste Idee ever. Ja, so kurz sollten sie werden und ja, so wollte ich nachher aussehen. Grinsend mit roten Wangen (bedingt durch den Prosecco) freute ich mich schon auf den geringen Zeitaufwand für die Frise morgens im Bad.

Es machte Schnipp-Schnapp und Schnapp-Schnipp. Ein bisschen hier – ein bisschen dort.
Noch einmal mit dem Kamm und im Nacken mit dem Rasiermesser. Sie pinselte mich mit diesem wunderbaren Kuschelpinsel ab und nahm den Umhang weg. Noch ein bisschen Haarschaum in die Haare, dann kamen der Fön und die Skelettbürste zum Einsatz. Ein bisschen Volumen hier. Ein bisschen Zurück geföhnt dort. Fön aus. Haarspray rein, beim Rumzupfen drüber, drunter und rundherum. Traraaahhhhh – fertig!

01add995781e102735a0166aee850a32d0ba7a1aad

pic by Daniela St.

Ich schaue in den Spiegel. Ich schlucke. Ups. Ich schlucke noch einmal. Zweites Ups. Ähhh…. Moment mal…. Das hat doch so gar keine Ähnlichkeit mit … Ähhhmmm! Ich muß nochmal auf mein Handy schauen. Die Friseurin lächelt mich an und drückt mir den kleinen Spiegel in die Hand: „Zupf doch mal selber und schau es Dir von Hinten an. Der Hinterkopf ist total super geworden.“

Ich lächle, zahle und schlurfe mit hängendem Kopf nach Hause. So hab ich es mir wirklich nicht vorgestellt. Aber es ist eh abends und dunkel. In spätestens zwei Stunden bin ich sowieso im Bubuland. Dort dürfen die Haare sich in den 8-10 Stunden Schlaf in alle Richtungen biegen, dehnen, strecken. Am nächsten Morgen werden sie gewaschen und dann mache ich das so, wie ich das immer mache. Das wird schon. Das kriege ich hin. Alles gut. Lag bestimmt am Prosecco.

Mein Mann war begeistert und verstand das ganze Theater nicht. Trotzdem, der nächster Morgen. Darauffolgender Morgen. Und der Dritte in Folge. Ich fand keinen Draht zu den Haaren bzw. zu der Frisur. Es sah irgendwie immer komisch aus. Und ich fühlte mich auch komisch. Unpassend, unausgeglichen, völliges Unwohlsein. Tatsächlich schoss mir der kindische Gedanke ‚einfach Daheim bleiben‘ durch den Kopf. Am Besten vier Wochen am Stück. Homeoffice. Keinen treffen. Den Mann zum Einkaufen schicken. Und zum Laufen einfach Mütze drauf, denn dem Hund ist es ja egal – hoffe ich. Kurzes Innehalten. Denn bei den Gedanken erschrecke ich mich vor mir selber:

Hallo, Ich! Ticke ich noch ganz richtig? Bin ich Irre? Ich stehe doch mit beiden Beinen im Leben! Selbstbewusst! Überzeugt von mir und meinem Leben! Ich weiß wer ich bin! Umhauen kann mich nichts so schnell! Bis – tja – bis auf zwei bis vier Zentimeter kürzeres Haar. Ein Wunschbild einer Frisur, zu der ich ohne nachträgliche Hilfe und Zeit meiner Friseurin niemals einen Draht gefunden hätte. Einfach mal auf den Profi hören: „Zu extrem! Zu kurz! Zu hart für Dich!“ Das waren ihre Worte. Ich wollte nicht hören. Ich habe den Wunsch geäußert. Jetzt bitte keine Beschwerden! Wächst ja wieder!

Am vierten Morgen, der nächste Morgen nach der Standpauke mit meiner eigenen Eitelkeit und meinem Ich, klappt es wieder. Ich fühl mich wieder wohl. Ich gehe keinem Spiegel mehr aus dem Weg. Trage mein Haupt wieder hoch erhoben. Aber ein bisschen schäme ich mich trotzdem. Wegen dieser emotionalen Abhängigkeit einer Frise. Aber auch für den doch wiederkehrenden Wunsch. Den, den ich vor über 30 Jahren immer und immer wieder gebetet habe: gibt es immer noch kein Mittel, dass die Haare schneller wachsen lässt?

© by Marita Matschiner

Deko-Daumen

Gartenträumchen

Unser Gartenträumchen bei Wind und Wetter

Nach einem Ausflug zu unserer Familie schauen wir auf dem Heimweg noch kurz bei Eltern von Freunden vorbei. Wir haben uns schon fast ein Jahr nicht mehr gesehen. Ihr Haus kenne ich nur im Winter. Ich freue mich auf paar gemütliche Stunden mit ihnen im Garten.
Die Stimmung ist entspannt und mit traumhaftem Humor versehen. Die beiden werden bald zum ersten Mal Großeltern und so geht uns der Gesprächsstoff schon zweimal nicht aus. Nach einiger Zeit kümmern sich die Gastgeber um flüssigen Nachschub und ich nutze die Gelegenheit mir die Beine zu vertreten. Ich stöbere durch den Garten.

Bei der Ankunft ist er mir gar nicht aufgefallen. Was für eine Oase! Wie liebevoll alles arrangiert ist. So grün. So viele Blüten. Eine wahre Farbenpracht. Ich habe den Eindruck, die Flora ist auf ihrer eigenen Hochzeit. Prall gefüllt und in den schönsten Farben. Ein Meer von Rhododendren und Hortensien. Letztere mit Blüten so groß wie Basketbälle. Die herzlich platzierten und dekorierten Kleinigkeiten. Hier eine Holzbank mit einer Laterne inmitten von vor Kraft strotzenden Büschen. Dort eine fast von Blüten explodierende Pflanze und daneben steht eine buntgestrichene Keramikkuh. Ums Eck ist eine wahre Lavendelfarm. Ein Wunder, dass die einzelnen Stiele nicht unter dem Gewicht ihrer begehrten Frucht zusammenbrechen – dekoriert mit Laternen und Fackeln.

Ich liebe solche Gärten, die so farbenfroh, fröhlich und einfach nur schön aussehen. Diese gepflegten Büsche und Bäume, die einen zum Verweilen einladen. Ergänzt durch diese kleinen gut akzentuierten Deko-Elemente. Hier sieht man, wie viel Zeit investiert wurde und wird. Und alles lässt den riesigen grünen Daumen, das richtige Händchen und viel Liebe zum Detail erkennen. Ein unfassbar schöner Garten. Hier will man bleiben. So einen will ich auch.

Während die Gespräche voranschreiten, überlege ich, ob ich das nicht doch noch einmal versuchen sollte: meinen grünen Daumen herausfordern. In der Vergangenheit habe ich es immer wieder versucht. Leider ohne Erfolg. Und wenn, dann war selbiger nur sehr kurzweilig.

In meinem ersten Garten versuchte ich mich zu allererst an Sonnenblumen. Allerdings wurden diese niemals zwei Meter groß. Obwohl die Samenverpackung das ausdrücklich ausgewiesen hatte. Sie hatten keine Nudelteller großen Köpfe. Bei mir waren es höchstens Sonnenblümchen. Genau genommen sahen sie bei mir aus wie gelbe Gänseblümchen. Die Margeriten überlebten keine vier Wochen. Parasiten und Schleimschnecken erledigten das Thema ratzfatz. Die Tomaten waren kleine, grüne, kümmerliche, kugelähnliche Teile. Garantiert nicht zum Verzehr geeignet.

Dann kam der erste richtige gemeinsame Garten in meinem Eheleben. Nicht gerade viel Platz für Hecken, Büsche und Pflanzen. Aber für Töpfe. Finde ich eigentlich eh viel schöner. Viele verschiedene Behältnisse mit möglichst unterschiedlich großen Pflanzen und jede mit anderen Formen, Farben und Blüten.

Wir versuchten es jedes Jahr aufs Neue. Im Frühling huschte ich zu Pflanzen Kölle oder Dehner (doof das ich den MX-5 gegen einen SUV ausgetauscht habe. In den SUV passt eindeutig mehr rein). Ich gab ein Vermögen für Pflanzen, Erde und Töpfe aus. Die ersten Wochen war der Anblick fantastisch. Je länger der Sommer jedoch dauerte, desto einsamer und trauriger sahen die Pflanzen aus. Trotz regelmäßigem wässern, düngen, pflegen. Alte Blüten abschneiden und gut zureden. Keine Chance!

Wir brachten es allerdings nicht übers Herz, die Pflanzen direkt dem Kompost zukommen zu lassen. Sie bekamen alle noch eine Chance. Durften alle auf unserer überdachten Terrasse, brav vor Kälte und Schnee geschützt, überwintern. Trotz der Pflege hatte es wohl nicht sollen sein. Denn zu Beginn des nächsten Frühlings machten wir erst einmal tabula rasa und alles was echt übel aussah, wanderte direkt in die Biotonne. Bis auf die Buxbäume. Seit über 15 Jahren sind sie in meiner Obhut und wachsen und gedeihen. Freut uns natürlich. Alles andere funktioniert aber nicht. Lavendel hält durchschnittlich drei Jahre. Im zweiten Jahr sieht er in der Regel schon ziemlich erbärmlich aus. Rhododendron – eine tolle Pflanze. Nur eben nicht bei uns. Nach zwei Jahren hatte er das zeitliche gesegnet. Wir lieben Oleander. So schöne Blätter. So ein schöner Wuchs. Nur uns mag er nicht. Von ihm haben wir uns ebenfalls nach drei Jahren gemeinsamen Gartenlebens trauernd getrennt.

Wir haben es dann irgendwann aufgegeben. Allerdings bestehe ich auf Rosmarin. Leider jedes Jahr ein neuer Topf. Nur durchhalten will er nicht. Aber wir brauchen ihn einfach zum Kochen und Grillen. Außerdem lieben wir das Aroma seiner Nadeln. Einmal kurz mit der Hand durch die Pflanze gleiten und an den Händen riechen. Der Wahnsinn.

Die Hoffnung auf den grünen Daumen haben wir begraben. Wir leben nun den Deko-Daumen aus. Funktioniert auch. Hier eine Laterne. Dort ein Lampion. Eine kleine Tonfigur. Da eine Sitzmöglichkeit mit Marmortisch und Kerze. Noch eine kuschelige Decke auf den Schaukelstuhl und ganz viele Kissen auf unserem Lounge-Sofa. Macht einen Garten auch gemütlich, einladend und kuschelig.

Viele Gäste sind begeistert von unserem saugemütlichen Garten. Aber hauptsächlich genießen wir es, dort viel Zeit zu verbringen – bei Wind und Wetter. Immerhin ist es unser zweites Wohnzimmer. Und regelmäßig fängt einer von uns beiden an: wir haben so einen schönen und gemütlichen Garten.

© by Marita Matschiner

45? Scheiß drauf!

Scheiß aufs Alter

Scheiß aufs Alter // pic by Achim Matschiner

17. August 2016. Geburtstag. Wieder ein Jahr älter. Bis jetzt hat mich das Thema „Älter werden“ ziemlich kalt gelassen. Damals mit 14 war es natürlich ein ganz wichtiges Ereignis. Und 16 erst. Endlich bis um 22:00 Uhr in die Disco und den 50ger Führerschein machen. Die Freude auf das 18. Lebensjahr kann jeder nachempfinden. Besonders wichtig für mich: endlich open-end ins Nachtleben eintauchen. Ohne sich offiziell den elterlichen Regeln unterzuordnen (zumindest theoretisch) oder deren Segen für das extensive Nachtleben abzuholen.

Die darauffolgende Rundung war ziemlich lahm. Es änderte sich nichts. Also egal ob man 18 oder 20 Jahre alt wurde. Völlig wurscht. Einige Jahre später blickte ich dann gespannt der 30 entgegen. Denn bis zu diesem Alter sind die ersten Weichen für das Leben gestellt. Studieren oder Ausbildung? Arbeitet man um zu Leben oder lebt man um zu arbeiten (Fürchterlicher Spruch – aber passend). Ist man eher eine ausführende Kraft, ein Entscheider oder ein Macher. Auch ob man die Rolle als Arbeiter, Angestellter, Führungsperson oder Chef im Berufsleben einnehmen wird, ist meistens schon absehbar.

Im Privatleben stößt man erst einmal auf nur eine Frage: will/kann man alleine leben oder sieht man seine Zukunft eher im Kreise einer Familie. Der nächste Schritt ist dann eine logische Folgerung und relativ simpel im Ansatz: kommen Kinder in der gewünschten Lebensplanung vor? Diese Antwort entscheidet dann auch schon wieder über folgende Fragen. Wo und wie lässt man sich nieder? Land oder Stadt? Wohnung oder Haus? Mieten oder kaufen? Und so weiter und so fort.

Um wieder auf den 30sten zurück zu kommen, dem ich mit großer Vorfreude entgegensah. Die Weichen waren auch bei mir im Großen und Ganzen soweit gestellt. Er fühlte es sich genauso an, wie der Tag davor. Einen wirklichen Unterschied gab es nicht. Mit einer Ausnahme. Die Erkenntnis das man zumindest optisch altert. Gels, Cremes und Pflegemasken haben eine klare Daseinsberechtigung!

Dann ging es auf die 40 zu. Urlaub, Hotel, das kleine Bad im niedlichen Laura-Ashley-Style und ganz viele Spiegelkacheln an der Badezimmertür. Ich war ca. 39 und stand kopfüber im Badezimmer, um möglichst viel Volumen in das Haar zu föhnen. Während ich so vor mich hin föhnte und vor mich hin schaute, fällt mein Blick durch meine Beine auf die Spiegelkacheln. Vor lauter Schreck hätte ich beinahe den Hotelföhn fallen gelassen. Aber in der nächsten Sekunde fing ich herzhaft laut und schallend an zu lachen. Ich konnte mich gar nicht mehr beruhigen. Die Tränen liefen und es dauerte ewig bis ich meinem Mann den Grund meines Lachanfalls erklären konnte. Ich gebe jetzt mal keine Detailinformationen, sondern empfehle – bei Interesse -, einfach mal diese Position einzunehmen und die Äuglein zu öffnen.

Ich habe kein Problem damit älter zu werden. Diese paar Fältchen, die sich in den letzten Jahren immer ausgeprägter in meinem Gesicht verewigen, sind hart erarbeitet. Lachen, Spaß im Leben und eine positive Einstellung, verändern das Gesicht. Diese Lachfalten und die ersten Anzeichen von Krähenfüße: sie gehören zu mir. Ebenso wie die ersten grauen Haare. Natürlich versuche ich mit Vernunft und nicht im übertriebenen Maße dagegen vorzugehen. Ich liebe z.B. mein Augengel – sorry, Plural – meine Augengels! Morgens, abends und gerne auch mal zwischendrin. Nach einer harten Nacht gerne mehrmals am Vormittag. Bei mir liegt dieses heißgeliebte Mittel auch direkt greifbar auf dem Nachtkasterl.  Meine erste Tat man Morgen: Schmieri auf die Augen! Im Badezimmer liegt sie auch direkt neben den weiteren Pflegemitteln. Tagescreme sowie ein Nachtöl für die reife Haut. Und blonde Strähnen kaschieren die immer grauer werdenden Haare.

Nichtsdestotrotz: bis zu meinem 44sten hatte ich nie ein Problem mit meinem Alter. Im Gegenteil. Ich habe immer die positiven Seiten gesehen: Lebenserfahrung, Altersautorität, Reife und dadurch auch mehr Gelassenheit vielen Themen gegenüber. Genau diese Themen, die mich mit 20 völlig ausrasten ließen. Inklusive Türen schmeißen und rumbrüllen. Heute nehme ich einen tiefen Atemzug und gut ist’s.

Aber die Fünf mit der Null im Schlepptau naht! Und das fühlt sich komisch an. Trotz meiner gesunden Einstellung zum Älter werden – ich hoffe, ich habe diese wirklich -, musste ich beim Bewusstwerden kurz inne halten. Durchatmen. Die Fünfzig. Wie fühlt sich das wohl an? Wie sehe ich mit 50 aus? Bin ich dann noch so fit? Kann ich dann immer noch so viele Kilometer durchs Isartal rennen? Welche Zipperlein melden sich als erste? Welche bleiben? Welche gehen wieder? Werde ich immer noch so tolerant neuen und jungen Themen gegenüber sein? Oder startet da schon die Alterszickigkeit? Bin ich dann noch offen für die Themen und Probleme der jungen Kollegen? Oder bin ich dann echt raus und werde als alt gesehen?

An meinem 45ten Geburtstag hat man sich natürlich auch darüber unterhalten. Meine Schwiegermama fragte mich, was sie denn erst sagen soll. Natürlich hatte sie recht. Das ist der Lauf der Dinge. Das ist mir bekannt. Und ja, ich stehe zu meinem Alter. Zu meiner Lebenserfahrung. Und trage die Falten mit dem verdientem Stolz. Ich weiß wer ich bin und renne nicht mehr wie mit 20 suchend und irrend durch die Gegend in der Hoffnung, mich selbst zu finden. Zu wissen wer ich bin. Wo meine Stärken und auch meine Schwächen sind. Mir selber Fragen zu stellen und auch beantworten zu können: Wo will ICH hin! Welche Träume habe ICH. Wer bin ICH. Die Fragen, Antworten und Aussagen zu kennen, die wirklich MIR gehören. Nicht von den Medien, der Werbung, und fremden Menschen aufgedrückt zu bekommen. Nicht von Menschen in meinem Umfeld aufoktroyiert – weil sich das so gehört, weil es immer so war und weil die Nachbarn das so erwarten.

Auf einem Grillabend von Freunden fragte mich der Papa der Gastgeberin, wie ich alt denn in zwei Tagen werde. Ich verharrte eine Sekunde. Alle oben erwähnten Fragen schossen gleichzeitig durch meinen Kopf. Aber die Worte kamen glasklar über die Lippen: 45! Und er schaute mir direkt in die Augen. Seine Augen strahlten fröhlich und er antwortete: „So siehst Du nicht aus! Nicht das es was Schlechtes ist, wie 45 auszusehen. Nein, du siehst nach Lebensfreude aus. Du bist ein netter und vor allem ein guter Mensch und Du hast der Welt etwas beizutragen. Du verbesserst sie! Egal wie alt Du bist.“

Seit ein paar Tagen bin ich in meinem 45. Lebensjahr angekommen. Und ich fühle mich wie vor dem Ereignis. Nun blicke ich gespannt und entspannt der 50 entgegen und in der Zwischenzeit freue mich sogar darauf!

© by Marita Matschiner

Fräulein Tongtong!

Fräulein Tongtong!

Icke. Süß, wa?

Ich weiß nicht, wo ich es her habe. Keiner in meiner Familie tut so etwas. Und auch keiner achtet wirklich darauf, ob es einer tut. Und genaugenommen verstehe ich auch gar nicht, warum der Duden diese von mir so geliebte und für mich positive Angewohnheit verunglimpft! Das Thema geht um Verniedlichung.

Im Duden steht: als unbedeutender, geringfügiger, harmloser hinstellen. Sogar der Begriff „bagatellisieren“ fällt dort. Das kann ich nicht nachvollziehen und ich wehre mich dagegen, dass diese emotionale Eigenschaft von mir als eine Bagatelle abgetan wird.

Bereits kleine Kinder nutzen völlig unbewusst die Form der Verniedlichung. Nicht nur Mami, Papi, Omi und/oder Opi. Auch die Stofftiere und Puppen werden nicht immer nur völlig banal „Peter“ oder „Susanne“ getauft. Bei mir war es das „Peterle“ und die „Susi“. Die Tochter einer Freundin bekam zu Weihnachten ihre erste Puppe geschenkt. Die kleine Maus hat das Wort „Puppe“ einfach nicht über ihre kleine Zuckerschnute bekommen. Und da wurde die Puppe zu „Puppa Jesus“. Es war ja schließlich Jesus Geburtstag. Einschub: es geht auch anders herum. Das niedliche Glubschi (eine neonpinkfarbige Giraffe) der Tochter einer anderen Freundin, wird wiederum „Frau Müller“ genannt. Das bringt einen doch nun wirklich zum Schmunzeln. Wie viel pragmatische Fantasie in Kinderköpfen steckt. Was kann daran bitte unbedeutend, geringfügig oder sogar eine Bagatelle sein?

Meinen ersten offiziellen Spitznamen habe ich übrigens erst vor vier Jahren erhalten. Was will man bei dem Namen Marita auch verniedlichen. Unser Patenkind hat es aber geschafft. Denn Marita war ihr wohl zu schwer. Daraufhin hat sie einfach ein paar Buchstaben weggelassen, und heraus kam Mita. Die ganze Familie des Patenkindes (inkl. ihrer jüngeren Schwester) haben den Spitznamen übernommen und auch heute heißt es z.B. noch „Mita und Achim sind da!“.

Menschen in meinem Umfeld nehmen im Laufe der Zeit bei mir unterschiedliche Plätze ein. Natürlich gibt es die, mit denen ich nicht in den Urlaub fahren möchte. Manche sieht man jeden Tag und man weiß, sie sind nett und sympathisch, aber mehr auch nicht. Bei anderen ist es sofort um einen geschehen und man redet intensiv, öffnet sich. Bei der Verabschiedung wird spontan gedrückt und geknuddelt. Es kommt ein vertrautes Gefühl auf, als ob man bereits als Kinder nackig miteinander gespielt hat. Und natürlich gibt es auch Begegnungen, bei denen relativ schnell klar wird: das positive Karma wird nur von einer Seite empfangen. Aber so ist das halt. Jeder ist anders. Das macht uns zu Individuen. Zu Menschen. Und das macht es doch auch so spannend. Das Leben. Das Miteinander.

Aber es gibt sie! Natürlich gibt es sie. Die Personen, die die ich so richtig gerne mag. Die, die ich gerne um mich habe. Mit denen ich gerne stundenlang rede, lache und auch mal mehr von mir Preis gebe. Ich brauche nicht darüber nachdenken wie ich mich verhalte. Wer ich bin. Ich habe nicht das Gefühl mich verteidigen oder sogar zu verargumentieren zu müssen. Ich kann so sein wie ich bin. Mit denen würde ich gerne Schuhe kaufen gehen (früher nannte man das Pferde stehlen). Genau diese Personen haben irgendwann das Glück oder vielleicht das „Pech“, dass ich anfange ihren Namen in irgendeiner Form zu verniedlichen. Gern angeknüpft an eine winzige Auffälligkeit. Etwas ganz spezielles in ihrem Charakter. Für mich etwas ganz Besonderes an diesem Menschen. Diese Menschen werden nicht nur von mir geherzt, nein, sie kriegen einen liebevollen Kosenamen von mir.

Natürlich gibt es auch die Kosenamen innerhalb einer Partnerschaft. Das wird auch in unserem Umfeld kräftig genutzt. Ein Bärli, Mausi oder Hase stehen doch für Vertrautheit, Sicherheit, Hingabe. Wir haben gleich zwei Hasen zu Hause. Hase und Hasehase (das bin ich). Doppelt gemoppelt hält besser.

Um es dann allerdings etwas spooky zu machen, ich kriege das sogar mit Gebrauchsgegenständen hin. Nicht nur mein Auto hat einen eigenen Namen, nein auch alle vorherigen Autos haben einen. Das Erschreckende daran ist, ich kann den Spitznamen auch noch „begründen“ und „erklären“. Und jedes Mal wenn ich ins Auto steige, wird mein Auto persönlich begrüßt. Morgens auf dem Weg zur Arbeit. Abends auf dem Weg nach Hause. Natürlich hat auch mein Fahrrad einen Kosenamen. Und mein Mann und ich reden sogar in dritter Person von ihm. Ich kenne viele Männer, die ihren Fahrrädern einen gegeben haben. Bevorzugt einen weiblichen Vornamen. Es gibt sogar die, die sich diese Fortbewegungsmittel im Schlafzimmer an die Wand hängen. Da will ich aber mal lieber keinen persönlich nennen. 😉

Von mir erhalten auch ganz normale Dinge gerne ein nettes Ende. Wie z.B. ein Weinchen, ein Gläschen. Gerne auch mal „ich geh dann ins Bettchen“ oder „ich gehe mal Zähnchen putzen“. Selbst der Hund wird liebevoll gefragt ob er ein Leckerli oder ein Sticki möchte.

Apropos Hund. Ich glaube am meisten würde unser Hund unter seinen ganzen Kosenamen leiden, wenn er sie denn auch so verknüpfen würde. Von Mupfel über Frosch zu Cowboy ist alles dabei. Und ganz gerne auch unterschiedliche Kombinationen wie z.B. Mausebär, oder Mausebärchen, wenn ich ganz besonders viel Liebe für ihn empfinde. Und eigentlich nur wenn er „Funktionieren“ soll oder etwas tun bzw. es nicht tun soll, kommt der richtige Name zum Einsatz. Dann auch gerne mit Anrede. Wenn ich so drüber nachdenke, war das bei meinen Eltern eigentlich auch so. Im „lieben“ Leben hatte ich einen süßen, netten Spitznamen. Den kennen übrigens auch nur sehr wenig Menschen außerhalb der Familie. Aber sobald ich etwas angestellt habe, klang die Ansprache ganz und gar nicht mehr liebevoll. Dann hieß es „Fräulein Tongtong!!!!!“. Und ja, mit mindestens fünf Ausrufezeichen. Damals fand ich das gar nicht lustig. Heute kann ich darüber schmunzeln. Aber ich befürchte, wenn er in dem richtigen Tonfall kommen würde… wer weiß, vielleicht würde ich auch heute noch „stramm“ stehen und auf die sicherlich verdiente Schelte warten. Aber selbst dann, ist und wird es niemals eine Bagatelle sein!

© by Marita Matschiner

Unkontrollierte Tränen

Licht und Schatten

Licht und Schatten // pic by Achim Matschiner

Ich sitze hier. Und mir fehlen die Worte. Was soll man auch sagen? Die Frau liegt in meinen Armen, zittert, schluchzt. Ich halte sie einfach nur fest. Streichle ihr über den Rücken. Auch meine Tränen laufen unkontrolliert. Aber es geht nicht um mich. Es geht um sie. Um ihren Mann. Um deren Familie.

Was soll man nur sagen, wenn sie einen mit verquollen, roten, verheulten Augen anschaut und verzweifelt flüstert „Ich will nicht, dass er geht!!!“. Sie versucht die immer wieder kehrenden Tränen wegzuwischen und schluchzt die zwei logischen Folgesätze „Was soll ich nur ohne ihn tun? Wie soll ich weitermachen?“

Da fehlen einem die Worte. Da gibt es keine Antwort. Geschweige eine richtige. Was kann man nur sagen? Man sitzt nur da, die Hände des Gegenübers drückend. Festhalten. Eine Schulter anbieten. Ein Taschentuch reichen. Verständnis zeigen. Stabilität geben. Zeigen dass man da ist und auch wirklich da ist.

Es dauert lange bis man damit umgehen kann. Als betroffene Person und als Externer.

Seit Jahren weiß man es. Aber die Zeit läuft. Unaufhörlich. Tick. Tick. Tick. Ohne Erbarmen.

Es gibt immer wieder eine Hoffnung. Täglich werden neue Medikamente entwickelt und freigegeben. Neue Behandlungsmethoden setzen sich durch. Ein anderes Krankenhaus. Ein anderer Arzt. Die Hoffnung auf eine andere Diagnose. Man betet. Man hofft. Aber, irgendwann ist es so weit. Da ist keine Hoffnung mehr. Es folgt die Verdrängung. Es wird schon. Morgen wird ein besserer Tag. Nächste Woche ist alles wieder ok. Nächsten Monat haben wir ja Urlaub gebucht, da geht es bestimmt wieder. Und dann der Rückschlag. Man bekommt keine Luft mehr. Der Boden wird einem unter den Füßen weggerissen. Ist wie betäubt. Das einzige Gefühl ist der Magenschwinger von Mike Tyson. Atmen. Aber es geht nicht. Man will es nicht glauben. Man kann es nicht glauben. Man verdrängt. Aufs Neue. Die einzige Möglichkeit um weiter zu Leben. Verdrängen um zu atmen. Verdrängen um zu essen. Verdrängen um zu leben. Nicht zusammenbrechen. Stark sein. Für diesen einen Menschen. Und man weiß nicht, wie lange man das durchhalten kann.

Menschen werden oft zu früh aus dem Leben gerissen. Unvermutet, ruckartig, ohne Vorwarnung. Aber macht es das besser? Wird es für die Hinterbliebenen dadurch leichter? Wenn jemand einfach so ohne Vorwarnung plötzlich nicht mehr da ist? Ohne Chance auf Vorbereitung. Auf das was da auf einen zusteuert? Unaufhörlich. Ohne Pause. Ohne Umweg. Ohne Unterbrechung. Keine Möglichkeit mehr alles zu sagen. Die letzten wichtigen Worte. Die letzten wahren Worte. Dem Anderen diese Worte zu geben, die so wichtig sind!

Ist es egal ob man sich vorbereitet oder ob es von heute auf morgen passiert?
Ist es einfacher?
Ist es schmerzloser?
Ist es menschlicher?
Ist es erträglicher?

Ich sitze hier. Mir fehlen die Worte. Meinen Tränen laufen unkontrolliert.

© by Marita Matschiner