Auf in das Binsen-Land (das geht in die Binsen) Teil 1

 

Da stehen wir nun: zirka 24 Stunden vor Abfahrt. Der Abfahrt in den Urlaub. Erst einmal nichts Ungewöhnliches. Ist ja nicht der erste Urlaub. Aber der erste Urlaub mit unserem neuen VW Bus. Diesen hatten wir im September letzten Jahres gekauft und in den vergangenen Monaten entsprechend umgebaut. Das Ziel: eine Traumerfüllung von meinem Mann. Genügend Platz, um seinen sportlichen Hobbies ohne große Umbauaktionen des Autos oder der Sportgeräte, nachzugehen. Zusätzlich stehen nun gemeinsame Kurzausflüge mit Übernachtungen auf dem Plan. Um aber erst einmal richtig in dieser für mich neuen Welt anzukommen, starten wir mit einem richtigen Urlaub.

Ich mache gerne Urlaub. Wer auch nicht. Ich gehöre nur nicht zu den Hotelurlaubern. All-inclusive ist auch nicht so meins. Kann ich aber auch durchaus genießen. Aber Campen? Dieser Begriff zusammen mit meinem Namen in einem Satz? Ähh, einfach nur NEIN! Campen steht noch nicht einmal ganz unten auf meiner Wunschurlaubsliste. Da finden eher noch TUI und der Robinson Club einen Platz. Wenn auch ganz, ganz unten.
Ich bevorzuge ein kleines Häuschen oder zumindest eine Wohnung ganz für mich, meinen Mann und meinen Hund. Aufstehen wann man will. Nämlich morgens zwischen 6:00 – 7:00 Uhr. Tun was man will. Essen wann man will. Keine Kämpfe um die Sonnenliegen in der besten Lage oder sogar Handtücher in aller Herrgotts früh verteilen. Sonnenliegen um den Pool herum oder sogar gegen Cash am Strand. Fehlt nur noch das Wiener Schnitzel und das Bayrische Weißbier. Pah. Nein Danke!

Ich möchte dort einkaufen, wo auch die Einheimischen einkaufen gehen. Die Lebensmittel und den Weißwein käuflich erwerben, wie alle anderen die in diesem Ort leben. Lieber in einem kleinen einheimischen Restaurant essen gehen und nicht an der Promenade, wo jeder Touri abgezockt wird. Noch besser ist es allerdings, wenn mein Mann selber kocht. Denn dann habe ich eine Win-Win-Win Situation. Ja, gleich Dreimal. Erstens, weil es sensationell schmeckt. Zweitens verwenden wir nur die landestypische Lebensmittel. Und drittens: er baut noch besser seinen beruflichen Stress ab. Win-Win-Win eben.

Wieder zurück zum Bulli. Dieser wurde nach unserem Traumdomizil „Villa Eda“ benannt. Bulli Eda. Neben Standheizung, kompletter Wärmeisolierung und Parkettboden, hatten wir uns entschieden eine Sitzreihe aus dem 8-Sitzer auszubauen. Stattdessen wurde eine Truhe, L-förmig zur verbliebenen hinteren Sitzreihe, fest mit dem Boden verankert. Als zusätzlicher Stauraum dient ein eigens dafür gezimmerter Korpus im Kofferraum. Die Markise war der vorletzte Schritt. Der letzte war dann das Bett, welches ein stolzes Mas von 1,50 Meter auf 1,90 Meter zur Buhbuhruhe einlädt.

Genau genommen sieht der Bus nun nicht nur von außen schick aus. Auch von innen kann er mit seinem rustikalen Patina-Holzboden und dem grau-schwarz-gelben Innenleben durchaus als irre schick beschrieben werden. Um den ganzen noch einen gemütlichen Touch zu geben: gelbe Kissen auf die Sitzbank dekoriert und ein knallgelber Sonnenblumenkopf auf dem Armaturenbrett. Dieser strahlt nun auch bereits auf den ersten Blick die pure Lebensfreude aus.

Jetzt aber zum Thema Binsen-Land. Denn meine größte Panik vor so einem Urlaub ist: keine Toilette, wenn ich dringend mal eine brauche. Oder diese besudelt und stinkend vorzufinden. Bei diesen Gerüchen würde noch nicht einmal mein Hund eine Pfote in den Raum setzen. Eine unsaubere Dusche auf irgendeinem Campingplatz, der laut Campingführer aber als großartig angepriesen wird. In Wahrheit aber eine absolute Bakterienkatastrophe ist. Unterstützt durch einzelne fremde Haare, die einsam und verlassen von ihrem Besitzer zurückgelassen wurden. Diese Extremcamper in Feinripp mit Adiletten und einer Bild-Zeitung in der Hand. Die auf ihren Campingstühlen nur darauf warten, neue Nachbarn als Gesprächspartner zu finden. Einen weiteren Grund haben, endlich ein Bier nach dem anderen öffnen. Die sich mit ihren Womos in Reih und Glied auf den Campingplätzen oder Betonflächen stellen. Stühle aufbauen, Wäscheleinen aufspannen und ihren Kaffee aus Thermoskannen trinken und dazu ihre selbstgemachten Stullen schnabulieren. Wie gruselig – allein schon die Vorstellung.

Wichtig für mich für einen solchen Trip sind fünf Bedingungen. Eine tragbare Kühleinheit – denn ich hasse lauwarmen Weißwein. Die Möglichkeit zu kochen, um selbst in freier Wildbahn nicht auf die gigantischen Spagetti verzichten zu müssen und um dieser Stullennummer zu entkommen. Eine Dusche. Auch wenn ich meine täglichen Duschen auf einen zweitägigen Rhythmus reduzieren kann, bin ich nicht wirklich noch kompromissbereiter. Da Urlaub für mich auch bedeutet, ausgiebig meinem Sport nachzugehen, ist eine anschließende Dusche nicht diskutierbar und auch wirklich dringend notwendig. Eine Toilette. Ich kann Pipi auch in der freien Wildbahn erledigen. Ist mir lieber, als an diesen Raststationen, wo es stinkt und schon hunderte andere Damen vor mir ihr Geschäft verrichtet haben. Aber einmal am Tag seinen eigenen Topf zu haben, ist nun wirklich alles andere als dekadent. Und ganz klar: die Stellplätze werden mit großer Präzession vorab begutachtet. Wir vermeiden möglichst zu nahe Campingnachbarn, die uns ein Ohr abkauen. Sollte ja auch kein Problem sein. Gibt ja genügend Flächen in Europa.

Daher. Plan steht. In 24 Stunden geht es los. Auf in das Binsen-Land und zu einer – für mich persönlich größten Herausforderung.

Fortsetzung folgt.

© by Marita Matschiner

Guckst Du Himbeertörtchen

pic by Achim Matschiner

Die Kommunikation der Menschen geht derzeit in zwei Richtungen. Zum einen haben wir die „Hey, Alder!“-Nachwuchsgeneration. Die benutzten Wörter werden hier auf ein Minimum reduziert. Es geht nicht darum, große anspruchsvolle Sätze von sich zu geben. Vielmehr ist das Ziel, mit möglichst wenigen, einfachen und cool klingenden Begriffen die Kommunikation herzustellen. Eben mit „Was kuckst du!“ oder „Was ist, Alder?“.  Gut, man könnte hier tatsächlich eine Wertung verstehen. Ein herablassender Umgang untereinander. Die nicht wertgeschätzte Gesprächsperson. Das ist damit aber gar nicht so gemeint. Sie reden halt einfach so miteinander. Allerdings alleine die Vorstellung, dass das unsere Zukunft sein soll. Die Generation, die sich um unsere Renten und die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft kümmert! Und das ist keine Frage. Das ist ein Fakt. Denn genauso ist es. Dieser Nachwuchs werden die zukünftigen Verkäufer, Beamten und Büroangestellten sein.

Wenn man sich dagegen mit anderen Menschen außerhalb dieser oben beschriebenen Generation unterhält, wird mir auch manchmal Angst und Bange. Für viele zählt eine normale Kommunikation nicht mehr. Es heißt, möglichst viele Fremdwörter in einen Satz einzustreuen. Da heißt es dann, um einige einfache Beispiele zu nennen: „Das tangiert mich peripher“ oder „Sie hat so ein urbanes Wesen!“. Wenn man dann auch noch geschäftlich im Gespräch ist, kommen nicht nur Fremdwörter zum Einsatz. Auch Fachbegriffe nehmen Einzug ebenso wie Abkürzungen. Und dann könnte es besonders schwierig werden. Oder wisst ihr sofort was gemeint ist, wenn der Friseur von „effilieren“ spricht?  Oder im Büro die Champagnerkorken knallen, weil einer einen „Pitch“ gewonnen hat. Oder man heute Abend noch ein „RFI“ oder „RFP“ bearbeiten muss?

Es wird immer komplizierter in dieser Welt. Spätestens wenn man mit Menschen zu tun hat. Denn ich habe nur eine ungefähre Vorstellung von dem, was der Teenager mit seiner Frage „Was kuckst Du?“ meint – oder was er damit ausdrücken möchte. Also 100% sicher bin ich mir mit meiner Erklärung nicht.

Der große Journalist Henri Nannen hat einst gesagt, man soll für Lieschen Müller schreiben. Man sollte seine Texte so formulieren, dass sie jeder versteht. Ich bin der Meinung, das gilt auch für die mündliche Kommunikation (ich wollte jetzt eigentlich verbale Kommunikation schreiben – aber: Selbstreflektion und so. 😉). Allerdings fällt es schwer, auch mir. Denn man will ja möglichst gebildet rüberkommen. Nicht als Landei, Dummkopf oder sogar Wurstbrot dastehen. Daher versucht man möglichst oft, eine anspruchsvolle Formulierung mit möglichst komplizierten Fremdwörtern zu kombinieren. Aber mal ganz ehrlich: „Das interessiert mich einen Scheiß!“ versteht nun wirklich jeder. Dein Gegenüber wird eine ziemlich klare Vorstellung davon haben, wie deine Einstellung zu einem Thema ist.  Damit kann jeder Normalsterbliche etwas anfangen. Sogar die „Hey, Alder!“-Generation.

Ich wollte bei unserem Super-Spezial-Best-Konditor-Ever einen Kuchen per Telefon vorbestellen, da dieses leckerer Schnittchen oft ausverkauft ist. So ein kleines Mürbeteig-Ding, gefüllt mit Pudding, Mascarpone und frischen Himbeeren drauf. Und was da auch sonst noch immer drinnen ist – egal. Es ist hammerlecker und hat für mich pures Suchtpotenzial. Ich wusste nicht wie ich das Zuckerteilchen benennen sollte, damit mir auch genau das richtige Teil reserviert wird. Mr. Google hat mir zwar gesagt, wie man es schreibt. Leider aber nicht, wie man es ausspricht. Ich fragte einen Kollegen (gelernter Bäcker). Aber er ist eben gelernter Bäcker und kein Konditor. Auch andere Kollegen stotterten durch die Gegend. Alle hatten nur ein Bauchempfinden für die Aussprache.

Na gut, dachte ich. Mach ich mich halt zum Obst. Wär ja nicht das erste Mal. Und ich kann ja über mich lachen. Ich wählte tapfer die Nummer. Stammelte meinen Namen und fing an, dieses Teil zu beschreiben. „So ein Mürbeteil-Ding mit frischen Himbeeren drauf und in klein. Und jetzt bitte nicht lachen. Ich bin mir nicht sicher wie man es ausspricht. So ein T-A-R-T-L-E-S. Das mit frischen Himbeeren drauf.“ Ich merkte richtig, wie ich mich bei den Worten kleiner machte und mich genierte. Warum eigentlich? Es gab gar keinen Grund. Die Beschreibung traf es doch auf den Punkt! Durch das Telefon konnte ich ein freundliches Lächeln hören, als die Stimme antwortete: „Sie meinen bestimmt unsere Himbeertörtchen?“. Ich lächelte in mich hinein und nickte tatsächlich zur Bestätigung mit dem Kopf. Himbeertörtchen, na klar. Was sonst. Kein Tartles, auch kein Petit Four. Einfach nur ein Himbeertörtchen.

Tja. Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht? Dieser Konditor hat es einfach drauf! Nicht nur mit Himbeertörtchen. Sie halten es auch wie Henri Nannen empfiehlt: Lieschen Müller muss es verstehen. In diesem Fall eher bestellen können. Hat funktioniert! Auch die „Hey, Alder!“- Generation wird mit Himbeertörtchen etwas anfangen können.

© by Marita Matschiner

Unser italienische Marktplatz

Unternehmen müssen sich heutzutage richtig ins Zeug legen um neue Mitarbeiter zu gewinnen. Denn es entscheidet nicht nur die Firma, sondern auch der Bewerber, ob sie zueinander passen. Und die Konkurrenz ist groß. Auf beiden Seiten. Um möglichst attraktiv für die potenziellen neuen Angestellten zu sein, investieren Unternehmen viel Geld, Zeit und jede Menge Kreativität. Denn sie wollen den Besten der Besten für sich gewinnen. Im Idealfall wird das Ergebnis der Firmeneigenwerbung von jedem Mitarbeiter, jeder Führungskraft, jedem CEO, CFO, gelebt, verinnerlicht und nach außen getragen. Mein Arbeitgeber hat sich als Außen- und Innenauftritt eine Parole auf sein Banner geschrieben:  „Best Place to Work!“ Das lasse ich jetzt erst einmal kurz sacken. Eins….. Zwei….. Drei….. bei allen angekommen? Noch einmal ganz langsam: „Best Place to Work!„.

Für mich implizieren diese vier Worte (und das klingt jetzt ein bisschen wie im Märchenbuch): Spaß, positives Denken und Überzeugung bei und in der Arbeit. Der Umgang miteinander ist freundlich und respektvoll. Der Mitarbeiter werden von den Kollegen und Vorgesetzten geschätzt. Beide Seiten erhalten Anerkennung. Das Unternehmen hat Werte und handelt auch so. Wird mit Menschlichkeit, Verständnis und natürlich mit Erfolg geleitet. Ein Mitarbeiter geht morgens mit einem positiven Gefühl in die Arbeit und die vertraglich vereinbarte Mindestarbeitszeit wird ohne Murren, vielleicht sogar mit Freude und Stolz erfüllt. Natürlich ist irgendwo schriftlich festgehalten: „Überstunden möglichst vermeiden. Und bei Notwendigkeit bitte vorab die Genehmigung einholen.“ Aber Überstunden werden selbstverständlich als selbstverständlich gesehen und daher nicht mehr als notwendig darüber gesprochen. Aber, at-the-end, sollte jeder für sich entscheiden, ob er diesen Arbeitsplatz als „Best Place to Work!“ ansieht. Was jeder Einzelne dafür tun kann, diesen vier Worten Wahrheit und Leben einzuhauchen. Oder eben auch nicht.

Bei uns gibt es eine Stunde am Tag, in der die vier Worte für mehrere Personen aus unterschiedlichen Abteilungen, Positionen und Hierarchieebenen, wirklich wahr werden. Man fühlt sie. Man lebt sie. Man ist überzeugt davon. Und ja, man hört sie auch. In unserer morgendlichen Kaffeerunde zwischen 8:00 und 9:00 Uhr kann man uns im Atrium – der öffentliche Raum für Kunden, Partner, Lieferanten und Mitarbeiter – sitzen sehen. Hier ist unser italienischer Marktplatz. Hier ist unser „Best Place to Work!“. Wir reden, lachen, diskutieren. Meinungen werden kundgetan. Egal ob privater oder geschäftlicher Natur. Es wird von Urlaubsplänen erzählt. Über mögliche Anschaffungen neuer Autos gesprochen. Wir dürfen an Kindererlebnissen teilhaben und an dem vermenschlichten Verhalten der Haustiere ebenfalls. Es wird über Gartengestaltungen, Firmenpolitik, neue Prozesse und Produkte diskutiert, lamentiert und philosophiert. Es braucht keiner die Hand vor den Mund nehmen. In dieser einen Stunde sind wir einfach nur Menschen, Kollegen, Individuen, die gemütlich bei einer Tasse Kaffee beisammensitzen. Manche kommen später, manchen gehen früher. Bis 9:00 Uhr – dann strömen wir alle davon – jeder in seine Richtung. Jeder zu seinem Arbeitsplatz. Jeder zu seinen beruflichen Verpflichtungen.

Durch die Gruppendynamik und die oft positiven Themen sind wir zu 99% in einer äußerst positiven Stimmung und das bedeutet auch viel Gelächter. Und wenn wir wieder unseren G.I. Schmidt (sein Spitzname wegen seiner Frisur) durch den Kakao ziehen, oder er jemanden in der Runde durch selbigen zieht, kann man nicht anders als lachen und sich aktiv beteiligen.

Bis zu diesem einen Morgen. Von einer Sekunde auf die andere wurde es mucksmäuschenstill. Eine Kollegin stand wie aus dem Nichts an unserem Tisch. Mit einem sehr ernsten und strengen Blick schaute sie in die Runde und öffnete die schmalen bis dahin fest zusammengepressten Lippen und folgende Worte waberten an unser aller Ohren: „Könnt Ihr nicht mal leise sein? Wir arbeiten hier schließlich. Und dieses laute Lachen muss ja nun wirklich nicht sein!“ Sie drehte sich auf dem Absatz um und ging den Flur entlang in ihr Büro. Wir waren perplex. Wie bitte? Was hat sie da gerade gesagt? Bedeutet „Wir arbeiten hier schließlich!“, dass jeder Spaß gestrichen ist? Bitte nur mit ernster Miene durch die Räumlichkeiten schleichen? Möglichst unhöflich und ohne Verwendung von positiven Zauberworten miteinander reden? Nicht mehr um etwas bitten, sondern als Feststellung oder sogar Befehl fordern? Sind Höflichkeitsfloskeln heutzutage überbewertet?

Gut – zugegeben – wir sind manchmal etwas Laut. Aber muss man deshalb auf ein Lächeln bei einem höflichen Hinweis verzichten? Kann man nicht am Ende einer Formulierung ein Fragezeichen setzen und sich vorab schon einmal für das Verständnis und das Entgegenkommen bedanken?

Es ist jetzt eine Woche vergangen. Und die morgendliche Kaffeerunde wurde nicht eingestellt. Auch die Akustik wurde nicht großartig reduziert. Denn für uns alle bedeutet diese eine Stunde: Spaß. Freundlicher und respektvoller Umgang. Wertschätzung von Kollegen und Vorgesetzten. Anerkennung. Werte. Menschlichkeit. Verständnis und Erfolg. Und einfach Mensch sein zu dürfen. Diese eine Stunde bereichert unseren beruflichen Alltag und sogar unser Leben – jeden Tag. Wir werden uns das nicht nehmen lassen. Im Gegenteil! Neuerdings heißt es: „Psssstttt – leise! Man arbeitet hier! Schließlich sind wir am „Best Place to Work!““ und das herzhafte und ehrliche Lachen von uns allen ertönt erneut.

PS: Danke an jedes einzelne Mitglied und allen Gastmitgliedern unseres „italienischen Marktplatzes“.

© by Marita Matschiner

No Games – just Sports! Oder doch anders rum?

Gemütliches Beisammensitzen am Geburtstag eines Freundes. Mal eine ganz andere Geburtstagsfeier: eine Weinverkostung bei uns ums Eck. Interessant und echt nett gestaltet. Beim fünften Wein hatte ich schon das Gefühl nicht mehr schnurstracks geradeaus gehen zu können. Geschweige denn am nächsten Morgen mit der erhofften Fitness meine samstägliche Laufrunde umsetzen zu können. Denn darauf freute ich mich schon die ganze Woche.
Ein morgendlicher Wochenendlauf ist einfach einzigartig und nicht zu vergleichen mit einem Lauf unter der Woche. Unter der Woche ist die nicht verfügbare Zeit das Problem. Eine eingeschränkte Route wegen Zeitmangel. Eile beim Anziehen. Das Aufwärmen wird auf ein Minimum reduziert – ebenso wie das anschließende Dehnprogramm. Denn die Zeit läuft und die Verpflichtungen rufen.

Wie dem auch sei. Den Rosè und den Weißwein hatte ich so weit hinter mir und ich war von mehr als der Hälfte begeistert. Damit ist gemeint, bei mehr als der Hälfte hatte ich eine klare Aussage getätigt: Schenk noch mal nach! Gedanklich reduzierte ich gerade die Laufstrecke am nächsten Morgen und erörterte mit mir selber, ob eine einfache oder eine anspruchsvolle Route das Richtige sei. Mein Tischnachbar, ein Freund aus Kinderzeiten, sprach mich an, ob ich denn noch so viel Laufen gehen würde. Ich bejahte. Prompt kam die typische Reaktion vom Gegenüber: welche Marathons ich denn so laufe oder welche Wettkämpfe/Läufe ich schon gemacht hätte.
Meine Antwort ließ ihn etwas verwirrt drein blicken: „Ich hasse diese Wettkämpfe. Stadtlauf, Firmenlauf, usw. – dafür bin ich nicht gemacht. Ich will einfach nur laufen! Ich will mich nicht mit hundert anderen messen und brauche das auch nicht als Ansporn weiter zu machen. Ich will in dieser Disziplin nicht auf Platz 127 von 1.000 anderen Läufern stehen. Nicht zwischen hundert verschwitzten Menschen um meinen Platz kämpfen und dadurch meinen Rhythmus nicht finden. Zwischendurch einen Ellenbogen in den Rippen, mal einen Fuß in der Hacke oder sogar einen Tritt in die Wade. Fremder, schweißnasser Haut näher kommen als unbedingt notwendig. Nee, neee, neeee. Alleine bei dieser Vorstellung bekomme ich schon Pickel. Natürlich gibt es Menschen, die das bevorzugen, und den ansteigenden Gruppenadrenalinpegel ganz toll finden. Der Geruch von schweißdurchtränkter atmungsaktiver Sportbekleidung regt sie zum weiter-höher-schneller an. Kein Thema. Gebt alles! Meinen Platz kann jemand anders haben.

Ich laufe gerne in der Natur – einfach so vor mich hin. Bevorzugt mit meinem Hund. Ohne Pulsmesser. Ohne Schrittzähler. Einfach in meinem eigenen Rhythmus. Mal schneller. Mal langsamer. Ungeschminkt und ohne Überlegung ob die Klamotten zusammen passen. Ob ich jetzt schnell und schwer atme oder vor mich hinsinge. Mal bergauf und bergab oder lieber in der Ebene. Ich kann kurzfristig entscheiden ob nun rechts, links oder geradeaus. Gerne überlasse ich auch unserem Hund die Entscheidung: Ob wir die lange Runde oder nur die kurze Strecke nehmen. Es ist unsere Zeit die wir gestalten können wie wir wollen. Wir beide genießen sie ausgiebig, ohne irgendjemandem Rechenschaft abzulegen oder etwas zu begründen. Einfach nur so. Es ist ein irres Gefühl. Freiheit pur. Ohne Konventionen. Ohne Regeln. Ohne Anpassung. Ohne Pflicht. Nur ich, der Weg und der Hund.

Mein Gegenüber konnte mir so gar nicht folgen. Was nicht an der Menge am Vino lag. Er konnte nicht verstehen, wieso man einfach nur so läuft ohne Ziel. Ohne Contest, ohne ein Match. Mein lächelndes Gesicht während ich meinte „Ich will einfach nur laufen.“ half nichts. Er schüttelte verständnislos den Kopf und suchte ein anderes Thema.

Da wurde der erste Rotwein angepriesen. Mit viel Tamtam und Hintergrundgeschichte geöffnet. Rotwein ist so gar nicht meins. Außerdem war der Alkohollevel, an dem ich angekommen war, völlig ausreichend. Wenn da jetzt noch ein schwerer Rotwein hinzukommt, bin ich völlig raus. Raus aus dem Abend. Raus aus dem Lauf am nächsten Morgen. Ich befürchtete sogar aus dem gesamten folgenden Tag. Daher kurz durchdacht, entschieden und verabschiedet.

Der nächste Morgen. Meine Antischwellaugencreme musste ich mehrmals auftragen, aber das Aspirin vom Vorabend hatte seine Aufgabe pflichtbewusst über Nacht erfüllt. In die Laufsachen hüpfte ich genau so schnell wie sonst auch. Der Hund konnte es kaum erwarten bis es endlich losging. Über Stock und Stein. Große Sprünge über gefällte Bäume. Im Zickzack durch den Wald. Seine Ohren wippten im Rhythmus seines Galopps. Wir spielten Fangen. Und ja, er war um einiges schneller als ich. Aber das interessierte ihn nicht. Und mich auch nicht. Wir wollten einfach nur Spaß haben und – Laufen.

© by Marita Matschiner

Er. Wir. Ich!

Er. Wir. Ich! – pic by Achim Matschiner

Früher wurde über die Rollenverteilung in einer Ehe und in der Familie nicht diskutiert. Die Frau ist die Herrin des Hauses und für die Erziehung des Nachwuchs zuständig. Der Mann kümmert sich um das notwendige Geld und erwartet ein Essen auf dem Tisch, wenn er nach einem harten Arbeitstag nach Hause kommt. Heute gibt es dann doch die ein oder andere Veränderung. Mal ganz ehrlich: warum sollte der Mann nicht auch mal den Putzlappen und den Kochlöffel schwingen. Die Männer sind im Durchschnitt sowieso die besseren Köche. Und es hilft beim Stressabbau. Also, Mann, ran an den Herd!

Bei uns Daheim sind die Rollen ebenfalls etwas vertauscht und haben an vielen Stellen nichts mehr gemein mit Anno Schnee. Mein Mann ist der Zauberer in der Küche. Die beste Pasta serviert einfach er. Oder Fisch. Oder Risotto. Punkt aus Amen. Ich dagegen kümmere mich um alles Elektronische. Ich bringe Lampen in unserer Wohnung zum Leuchten. Ich kümmere mich um den Internetanschluss. Das Konfigurieren der Stereoanlage mit den kabellosen Dolby-Surround-Boxen gehört in meine Zuständigkeit. Das ist mein Ding. Meine bessere Hälfte kümmert sich um unseren Fuhrpark (das beinhaltet alles, womit man sich fortbewegen kann), saugt Staub, wischt und auch wenn ich mich wiederhole: er kocht phänomenal.

Das funktioniert in unseren eigenen vier Wänden mehr als perfekt. Außerhalb sieht die Sache ganz anders aus. Trotz 2017 sind Emanzipation und Gleichberechtigung nicht in Sicht. Ganz nach dem Motto: „Ist immer so gewesen und wird auch immer so sein. Ohne Wenn und Aber!“ Und ich will jetzt kein „Faber“ hören! 🙂

Mein Mann und ich arbeiten nebenbei – gleichberechtigt – als Fotografen. Überraschenderweise heißt es aber immer und überall: „Kann Dein Mann mal Fotos von uns machen?“, „Das Foto hat er super gemacht!“, „Ich brauche ein neues Bewerbungsfoto. Kann Dein Mann bestimmt mal bei Gelegenheit machen, oder?“.  Ja natürlich, er ist ein klasse Fotograf. Nichts destotrotz bin ich auch noch da und wider aller Beharrlichkeit und Erklärungen – es hilft nichts. Es wird nur ER als Fotograf gesehen. Egal ob ich eine oder hundert Kameras in der Hand habe, daneben stehe und fotografiere. Völlig wurscht!
Gleiches bei diesem Blog: „Dein Mann hat aber eine tolle Webseite für Dich gebaut.“. „Echt super, was er da macht.“. Shit! Verdammt noch mal, das ist MEINE Webseite! ICH habe sie gebaut! Es ist MEIN Projekt. Er ist mein Lektor – keine Frage. Er gibt super Tipps, Anregungen und Hilfestellung. Im Gegenzug heißt es dann: „Da hast Du aber lecker gekocht – schmeckt großartig!“. Tja – Irrtum.  Mein Mann ist der fantastische Koch und nicht ich.

Ich bin keine EMMA-Leserin. Beileibe nicht. Und ich bin nicht männerfeindlich oder diskutiere nicht vehement um Gleichberechtigung und Emanzipation. Im Gegenteil. Es gibt genügend Themen in der sich die Männerwelt emanzipieren sollte. Ich stehe der Einführung einer Frauenquote von 30% in der Führungsebene bei Großunternehmen eher kritisch gegenüber. Aber ohne staatlich auferlegte Regeln und aufoktroyieren wird es wohl leider keine Änderung geben. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und das ist auch gut so. Die Denke zur Rollenverteilung ist in den Köpfen fest verankert – in diesem Falle seit tausenden von Jahren. Das kann man nicht einfach so von heute auf morgen ändern. Vor ein paar Jahren konnte sich auch keiner vorstellen, in Restaurants, Kneipen und Discotheken nicht mehr zu rauchen. Was gab es für Aufschreie, Diskussionen, Volksbefragungen und Aufhetze. Heute bedanken sich sogar die Raucher für das Rauchverbot in geschlossenen Räumen. Und wir alle schnallen uns in der Zwischenzeit aus purer Gewohnheit an, sobald wir im Auto sitzen. Daher alles nur eine Frage der Normalität und der Gewohnheit. Diese muss erst einmal in jedem Kopf ankommen und sich festsetzen. Ohne Order di Mufti wird das leider nichts. Ein realistisches und umsetzbares Gesetz muss her. Denn leider nur mit Regeln werden wir die Basis schaffen, uns für neue Dinge zu öffnen. Erst einmal mit harten Fakten auseinandersetzen, um dann zu erkennen, was es überhaupt für unser aller Leben bedeutet. Neue Sichtweisen erkennen, bereit zu sein für Flexibilität und im Miteinander toleranter zu werden. Engstirnigkeit und Sturheit aus reiner Ignoranz und Egoismus aus dem Leben verbannen. So wird es früher oder später zur Normalität und ermöglicht einen entspannten Umgang mit neuen Dingen und veränderten Rollen.

Daher, liebe Frauen, brecht mal aus und greift ruhig zum Ölmessstab oder überprüft den Reifendruck an eurem Auto selber. Ihr braucht keine männliche Unterstützung um Wischwasser aufzufüllen. Männer, greift zum Kochtopf oder zum Staubsauger. Selbst eine Waschmaschine könnt ihr bedienen. Es ist nicht schwer.

Ich werde bei unserem nächsten Fotoshooting auch nicht aufgeben und wieder meine Frau stehen. Egal, ob jemand behauptet, nur mein Mann sei der Fotograf. Vielleicht bleibt er ja daheim und wird das Essen vorbereiten. Seine göttlichen Spagetti Bolognese kochen. Für seine hart arbeitende Frau. Damit sie ein warmes Essen auf dem Tisch vorfindet, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommt.

© by Marita Matschiner

Und die Chöre singen für mich!

 

Musik ist was ganz was tolles. Sie hat so viel Macht. Sie unterstützt Stimmungen. Weckt Emotionen. Kann ein Fenster in die Vergangenheit öffnen und unterstützt die Phantasie bei einer farbenfrohen Zukunftsgestaltung. Sie lenkt vom grauen Alltag ab oder macht einen Bunten unvergesslich. Sie beherrscht es Emotionen zu vertiefen und ebenso aus einem Tief wieder herauszukommen. Einfach ein kraftvolles Ding diese Musik. Was man ihr bei manchen Tönen so gar nicht zutraut.

Ich finde es großartig, dass wieder so viele deutsche Musiker und Interpreten die Hitparaden stürmen. Zeitweise sogar dominieren. Der große Vorteil: endlich versteht man recht schnell, wovon die da im Radio trällern. Bei manchen allerdings auch eher weniger. Es gibt einen ganz großen Künstler, den ich immer sehr verehrt habe. Bis er plötzlich von „Einem Stuhl im Orbit“ sang. Sorry, aber hier ist mein Mitgefühl und Verständnis für kreative Texte und literarisch wertvolle Zeilen echt aufgebraucht. Was wollte er nur mit dieser Zeile aussagen? Ich habe es bis heute nicht verstanden und das lag nicht an irgendeiner Sprachbarriere.

Wurscht. Es gibt so viele fantastische Interpreten, die sich endlich trauen auf Deutsch zu singen. Sarah Connor war für mich wirklich ein Highlight! Sie in ihrer Muttersprache zu hören – unvergesslich. Ein ganzes Album am Stück war mir dann allerdings etwas zu heftig. Nach dem siebten Lied hatte ich Tränen in den Augen und war leicht depressiv. Deshalb schnell wieder auf das Radio umgestellt. Radio funktioniert immer. Es läuft im Arbeitszimmer, Bad und Auto. Ohne Radio fühle ich mich etwas verlassen. Es ist dann einfach zu still und zu ruhig. Bei mir muss immer etwas rumdudeln.

Einen Haken hat die Sache allerdings. Stellt euch folgende Situation vor: ihr hört ein neues Lied und findet es toll! Es hat das Potenzial DER neue Lieblingssong zu werden. Einen den man (zumindest wir Frauen – oder zumindest ich) 100 mal hintereinander hören kann. Mitsingen. Auf der Blockflöte nachspielen. Heutzutage ist es ganz einfach an das eine Lied zu kommen. Einfach auf seinem Wunschportal das Lied käuflich und damit ganz offiziell erwerben. Andernfalls über Streamingkanäle abonnieren. Damit steht es einem mindestens 100 mal zur Verfügung. Früher musste man vor dem Radio sitzen und jedes Mal hektisch die Rekordtaste drücken, um endlich das Lied auf seine Kassette zu bekommen. Leider hat der Radiomoderator immer dazwischen gequatscht. Dieser Menschen war die am meist gehasste Person bei allen Jugendlichen. Verflucht haben wir ihn. Mehrmals.

Heutzutage kann man sich das alles schenken. Und ich meine wirklich ALLES. Heute braucht man einfach nur das Radio laufen lassen. Ihr werdet das Lied dort zirka 1000 mal hintereinander hören. Immer und immer wieder. Falls es gerade mal nicht auf dem eingestellten Sender läuft, macht nix. Einfach einen anderen Sender suchen. Ein paar Minuten warten. Und ich schwöre euch, früher oder später wird genau dieses Lied gespielt. Und es wird so lange gedudelt, bis man es einfach nicht mehr hören WILL. Jeden Morgen beim Duschen. Abends auf dem Heimweg. Und wenn man spät abends die Zähne putzt läuft es auch. Und worst case: in der Nacht hört man es dann auch gleich. Denn jetzt hat man einen Ohrwurm und findet keinen Schlaf.

Es ist zum Mäusemelken. Die Radiosender vermiesen einem jedes Lied. Die Möglichkeit an eine tolle Erinnerung, die dieser Situation erst das richtige Etwas gibt und es damit unvergesslich werden lässt. Und dann war es das mit dem Mitsingen. Mit der Blockflöte nachspielen. Bringt alles nix. Es hängt einem zum Hals und aus den Ohren raus. Dann hilft nur noch: Das Radio abschalten oder für sich selbst den Text verändern.

Im Sommer 2016 fand ich das Lied von Mark Forster „Und die Chöre singen für dich“ ganz toll. Eines der schönsten Lieder 2016 und auch gleich eine tolle Liebeserklärungen an die ganze Welt. Monate später nur noch: Hals – Ohr – raushängen – und so. Daraufhin meine neuste Strategie angewandt: Text verändert. Seitdem geht das Lied wieder. Jetzt ist es für mich das Lied für den Winter 2016: Schnee, Kälte, der Duft von selbstgebackenen Schokokeksen, irrsinnig viele und bunte Weihnachtsdeko bei den Nachbarn, jede Menge grüner Tee, harmonische Familienbesuche, tolle Treffen mit Freunden, ein gesunder und munterer Hund und die kuschelige schwarze Strickjacke. Und ich werde mich trotz Totgeleier im Radio jedes Mal an diese Dinge, Gerüche, Emotionen und Situationen erinnern. Denn Mark Forster und ich singen jetzt gemeinsam, egal ob im Arbeitszimmer, Bad oder Auto: „Und die Chöre singen für mich!“

@ by Marita Matschiner

Zahnfee

zahnfee

Zahnschönheitsprodukte

Es ist wieder soweit. Der Gang zum Zahnarzt!

Allein der Gedanke versetzt mich in Stress. Schlagartiger Schweißausbruch. Rasender Puls. Der Magen fängt umgehend an zu rebellieren.

Von Natur aus habe ich keine guten Zahn-Gene mitbekommen. Selbst meine Großeltern hatten die pure Angst in den Augen, wenn nur das Wort „Zahn“ fiel. Und natürlich habe ich diese Macke geerbt. War ja klar!

Meine Generation ist mit dem guten Glauben an die medizinische Weiterentwicklung großgeworden. Genau genommen, hoffte man bereits in den Siebzigern auf Wunderheilung. Ich werde die Worte nie vergessen: „Bis Du in unserem Alter bist, gibt es bestimmt eine ‚Zahn-wachs-nach-Pille.’“. In meiner Erziehung wanderte die Priorisierung der Mundpflege sehr weit nach hinten. Der letzte Rest positive Assoziation wurde vom Zahnarzt in der Kindheit gestohlen. Einem alkoholvernichtenden, kettenrauchenden Zahnarzt – ohne Handschuhe. Diese Kombination aus Gene, Nichterziehung und purer Angst hinterließ Spuren. Was zur Folge hatte, dass ich mit dem Thema Zahnhygiene äußerst schlampig umging. Darunter leide ich noch heute. Und wohl den Rest meines Lebens.

Es tut mir leid, ihr lieben Zahnärzte. Die meisten von euch sind bestimmt echt nett. Manche geben sich redlich Mühe, die verbreitete Angst vor dem Besuch zu nehmen. Hypnose, beruhigende Musik und bunte Bilder an den Wänden reichen nur leider nicht aus. Allein der Geruch in euren Praxen…. aber gut.

Man liegt da in diesem Stuhl, hilflos wie ein Käfer auf dem Rücken. Einen Sabberlatz umgebunden, was ja schon das Schlimmste vermuten lässt (Blut, Speichel, usw.). Links und rechts stehen die Engel in munteren, lebensbejahenden Farben und halten Folterinstrumente griffbereit. Die Supernovalampe leuchtet nicht nur den Mund aus. Es fühlt sich an wie ein Eisstrahl, der bis ins Hirn vordringt. Dann fängt der Arzt an im Mund herum zu stochern. Spätestens wenn diese Aahhhhhh- und Mmmmmhhh-Laute kommen, bin ich völlig irritiert und beunruhigt. Leider trägt es nicht zu meiner Entspannung bei, wenn die Zahlen-/Buchstabenkombination startet: A7 – 3, C5 – 2. Man kann es überhaupt nicht einschätzen, was gemeint ist und was zum Henker die da über meine Zähne sagen. Sie reden doch über meine Zähne? Oder ist das ein Geheimcode für die nächste Bestellung beim Asiaten? Ist das aaahhhhh jetzt gut oder schlecht? Bedeutet das mmmhhhhh vielleicht, dass mit diesem Patienten der nächste Urlaub finanziert ist? Was ja prinzipiell nicht schlimm ist – solange ich diesen Urlaub nicht mit Schmerzen bezahlen muss.

Ich war heute bei meiner Zahnfee zur Zahnreinigung. Ich besuche sie brav regelmäßig und habe in der Zwischenzeit zumindest den Puls und die Schweißausbrüche im Griff. Der Magen dreht sich leider immer noch. Es war früh am Morgen und ich wollte es schnell hinter mich bringen. Wäre der Termin am Nachmittag oder Abend gewesen, wäre ich gestorben. Garantiert.

Heute fragte ich meine Zahnfee, was sie denn da eigentlich genau und im Detail bei der Zahnreinigung macht? Sie lächelte und erklärte mir die einzelnen Schritte. Mit dem Ding entfernt sie die Belege. Dieser Spieß macht dem Zahnstein den Garaus. Auch manchmal in den Zahntaschen – dafür gibt es aber noch dünnere Teile. Sie zeigte sie mir alle. Dann noch schnell ein bisschen Schmirgelpapier für die Zahnzwischenräume – da kommen die anderen Instrumente nicht so gut ran. Als nächstes wurden die Beißerchen poliert, damit sie schön glatt sind. Zum Abschluss noch eine Runde Fluorid.

Tarah – fertig. Und Überraschung: mir geht es jetzt besser. Nicht nur, weil ich es hinter mir habe. Mit mir wurde gesprochen. Mir wurde während der Behandlung verständlich erklärt, wozu und wieso sie dies und jenes benötigen. Was der Sinn und der Einsatz ist. Ich bin tatsächlich ruhiger. Dieses „Ich bin in guten Händen“-Gefühl konnte mir noch kein rosa Poloshirt und auch keine Pinguine an der Decke geben.

Ich hasse Zahnarztbesuche nicht mehr. Aber lieben werde ich sie wohl auch niemals. Zumindest bringe ich sie jetzt wissend und erhobenen Hauptes hinter mich und bin danach sehr stolz! Denn ich habe wieder einmal meinen inneren Schweinehund überwunden. Und wer weiß, vielleicht gibt es ja doch bald die „Zahn-heile-heile-Pille“.

© by Marita Matschiner

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God save the Social Committee

Partyalarm?

Partyalarm?

Nicht jede Firma kann es sich heutzutage leisten und seine Mitarbeiter einmal im Jahr zu einer großen Weihnachtsfeier einladen. In den meisten Unternehmen bedeutet Weihnachtsfeier: ein Essen beim Italiener, Griechen oder dem Restaurant mit der guten deutschen Hausmannskost. Hier sitzt man eng mit seinen Kollegen beieinander und quält sich von Aperitif über das Standard-Drei-Gänge-Menü. Einer abschließenden italienischen Kaffeespezialität (egal in welchem Lokal) begleitet durch einen Schnaps seiner Wahl. Man lauscht den gleichen Geschichten wie im letzten Jahr – denselben anzüglichen Witzen und Bemerkungen wie 2015, 2014, 2013….

Ich habe das Glück in einem großen, globalen Unternehmen tätig zu sein. Dieses lässt es einmal im Jahr krachen. Das Social Committee (Freiwillige, die Spaß daran haben, interne Events zu organisieren und zu koordinieren) gibt alles. Es versucht möglichst viel unterzubringen und möglichst jeden Wunsch und jede Vorliebe zu berücksichtigen. Das Credo: dieser Abend wird für jeden Mitarbeiter ein voller Erfolg! Der Event ist mit Herz und Liebe geplant und durchdacht. Daher auch meistens ein voller Erfolg. Aber eben nur meistens. Denn am nächsten Tag hört man die einzelnen „Verbesserungsvorschläge“:

  • Keine Parkplätze, Parkhaus zu teuer, Haltestelle zu weit weg
  • Veranstaltungsort zu klein, zu groß, zu weit weg
  • Essen zu kalt, zu wenig, keine laktosefreie Zone, Büffet zu weit weg
  • Zu wenig Cocktails, Bier schlecht eingeschenkt und überhaupt – die Bar war zu weit weg
  • Zu viel/wenig Spiel, Spaß, Spannung und Überraschungen und dafür war man eh viel zu weit weg
  • Rede(n) zu kurz, zu lang, zu leise, wie immer und den Redner konnte man gar nicht sehen – war ja zu weit weg
  • Musik zu laut, zu leise, falsche Auswahl, Tanzfläche zu klein und die war dann auch noch zu weit weg

Die Gäste sind Menschen. Individuen. Und jeder von diesen einzelnen Personen hat seine eigenen Vorstellungen, Vorlieben und Befindlichkeiten. Jeder sieht seine eigenen Vorstellungen, Vorlieben und Befindlichkeiten als selbstverständlich an. „Das sieht doch schließlich jeder so!“ Es fällt einem schon manchmal schwer, etwas toleranter den Mitmenschen gegenüber zu sein. Wenn man dann einmal innehält und einfach das Gespräch sucht, stellt sich schnell heraus warum diese Einstellungen und Wünsche vorhanden sind. Oft sind diese Gründe lebenssituationsabhängig oder sogar zwangsbedingt. Es macht durchaus Sinn, dass es Gerichte ohne Milchprodukte gibt, für die Kollegen die eine Laktoseintoleranz haben. Sonst verbringen sie die ganze Nacht im Zimmer mit den vielen Kacheln. Die Kollegin, die zu Hause zwei kleine Kinder hat, will einfach keine lauten Gespräche und bassvibrierende Musik hören. Der Kollege der von 220 Arbeitstagen im Jahr circa 200 Tage auf Reisen ist: er freut sich darauf, endlich mal wieder auf einen Austausch mit seinen Kollegen. Die früheren Partygänger, die jetzt verheiratet sind und mit Kind und Hund jeden Abend daheim sitzen, wollen bei lauter Musik einfach mal wieder das Tanzbein schwingen.

Man könnte jetzt erwidern: dann bestell doch einfach Salat mit Essig und Öl. Treff dich mit deinen Kollegen außerhalb der Firma und Privat. Junge Mami, geh doch einfach mal in ein Spa. Und wenn du tanzen gehen willst, ab in die Disco mit dir.

Aber wenn ein Unternehmen Geld und Ressourcen zur Verfügung stellt, ist es das Mindeste dieser Einladung auch zu folgen. Aus Respekt und Loyalität dem Arbeitgeber gegenüber. Wenn man das dann auch mit den angenehmen Dingen im Leben verknüpfen kann – hey – rein in die schicken Klamotten und los geht’s. Auf einen schönen, entspannten, lustigen oder interessanten Abend. Man hat es in der Hand. Man kann den Abend mitgestalten. Ob mit Milchprodukten oder ohne. In Gesprächen oder stillschweigend. In Tanzschuhen oder ohne.

Ich habe einen riesen Respekt vor dem Social Commitee. Die Kollegen, die sich freiwillig diesen Diskussion stellen. Im Vorfeld viele Tipps und Anregungen bekommen. Im Anschluss viel Kritik und Kommentare der Unzufriedenheit erhalten. Sie tun dies freiwillig! Sie haben diesen Job aus Freude und Goodwill übernommen. Denn einer muss diesen Job machen. Ansonsten heißt es am Ende:

Pro Abteilung gibt es ein kleines Budget: ein Essen beim Italiener, Griechen oder dem Restaurant mit der guten deutschen Hausmannskost.

© by Marita Matschiner