Einfach mal die Fresse halten!

Und bist du nicht willig, so erhebe ich meine Stimme – pic by Achim Matschiner

Es gibt Tage, da habe ich es nicht unbedingt mit Reden. Da halte ich mich mit dem Sprechen zurück. Die angeblichen 20.000 Wörter, die mir als Frau durchschnittlich pro Tag zur Verfügung stehen (im Vergleich: 7.000 Wörter für den Mann), erfülle ich dann noch nicht einmal annähernd. Da habe ich dann ein Guthaben aufgebaut, welches ich später ausgiebig nutzen kann. An solchen Tagen halte ich mich kurz und knapp. Es sind nur kurze Begriffe, die dann aus meinem Mund purzeln. Worte wie „ja“, „nein“, „weiß nicht“. Kannste machen nix. Ist halt so.

Schwierig wird es, wenn diese Phase mit meiner Erziehung kollidiert. Meine Eltern haben mir beigebracht auf Fragen zu antworten und Interesse an der Person gegenüber zu zeigen. Brav „Danke“ und „Bitte“ sagen, wenn es angemessen ist. Nur wenn mir so gar nicht nach sprechen zumute ist, wird das äußerst schwierig. Auf meiner rechten Schulter sitzt dann ein kleines Engelchen und diskutiert mit dem Teufelchen auf meiner linken Schulter. Der Engel erinnert mich an Regeln und Anstand. Der Teufel kontert erst einmal mit einem „Wenn du dich nicht um dich kümmerst, wer sollte es dann tun?“. Und so geht es hin und her und meistens gewinnt das Engelchen mit eindeutigem Vorsprung. Ich zeige Anstand, Benehmen und lächle sogar dabei.

Andere Menschen schaffen es ohne Probleme, die Erziehung, den Knigge, die Rücksichtsname und einen politisch korrekten Umgang völlig zu ignorieren. Aber auch so völlig. Gleich hoch zwei. Ich stelle mir regelmäßig die Frage, wie die das so hinbekommen. Ist die Welt wirklich so egoistisch? Oder ist meine Erziehung veraltet? Sind meine Überzeugungen aus dem Jahre anno Schnee? Ist Anstand und Benehmen einfach völlig überbewertet?

Auf ein „Bitte“ folgt ein „Danke“. Das „Bitte“ kann auch ein Türaufhalten sein. Ein Mitbringsel. Wenn jemand einem etwas Gutes tut, bedankt man sich. Das ist einfach so. Das gehört sich so! Und ich hoffe, das wird auch immer so sein. Egal ob wir 1780 haben oder 2099! Es ist manchmal etwas schade, wie selten diese kleinen und doch so wertvollen Worte und Gesten genutzt werden.

Mein absolutes Highlight in der zwischenmenschlichen Kommunikation ist das Ausreden lassen. Es gibt kaum noch Gespräche in denen man einfach nur seinen Satz zu Ende bringen darf. Man wird mittendrinn, ohne Ankündigung, einfach unterbrochen. Ich bin davon überzeugt, dass es hierfür unterschiedliche Gründe gibt. Zum Beispiel ist etwas anderes gerade wichtiger und dringender. Oder man will den anderen übertrumpfen und plappert ihn einfach nieder. Bei manchen ist es pure Langeweile. Vielleicht interessiert es das Gegenüber gerade nicht, was der Andere zu sagen hat oder welche Meinung er vertritt. Einige hören sich auch gerne selbst reden und finden die Klangfarbe der eigenen Stimme so wunderschön. Und den Inhalt erst! Was jeden von uns auch immer dazu bewegt, es wird leider zu einem Standard. Ist das nicht erschreckend? Mich erschreckt es! Ich sehe und höre es überall. Unterschiedliche Altersstufen sind davon betroffen: Kinder, Teenies, Erwachsene, Rentner. Sprach- und Umgebungsunabhängig. Selbst wie man zueinandersteht, ist völlig wurscht. Privat, Geschäftlich, Familie, Freunde, beim Metzger, im Restaurant mit dem Kellner, beim Friseur. Völlig egal! Es wird unterbrochen, wo es nur geht.

Ich werde mir jetzt ein Quietschentchen anschaffen. Und immer wenn ich unterbrochen werde, quietsche ich laut damit. Sobald ich dann die Aufmerksamkeit habe, werde ich nach dem Beweggrund fragen. Woran liegt diese Respektlosigkeit im Umgang mit andere Menschen? Mich interessiert das wirklich. Und ich werde versuchen, meinen Gegenüber bei seiner hoffentlich ehrlichen Erklärung nicht zu unterbrechen. Ansonsten darf er mir das Entchen aus der Hand reißen und mir in die Öhrchen quietschen.

© by Marita Matschiner

 

Cheers! Business on the Rocks!

pic by Achim Matschiner

Als Kind saß ich ganz gefesselt vor dem Fernseher. Nicht der Fernseher an sich hatte diese Anziehungskraft. Ich war zutiefst beeindruckt von der Darstellung des Lebens in der Film- & Serienwelt. Besonders faszinierend fand ich die dargestellten Familien-Feierabend-Abläufe. War das das wahre Leben? Glauben konnte ich das nicht so wirklich. Gerade was in der amerikanischen Seifenoper Dallas gezeigt wurde, war so weit weg von dem, was bei uns daheim ablief. Ich fragte mich immer, ob es so sein wird, wenn ich mal erwachsen bin und selber im Berufsleben stehe.

Nach einem langen harten Arbeitstag auf dem Rücken eines Pferdes, nach Stunden in der prallen Sonne auf der Koppel, kam Bobby Ewing frisch und entspannt nach Hause. Das Hemd sah aus, wie frisch von Klementine aus der Ariel-Werbung „Nicht nur sauber sondern rein!“ gewaschen und gebügelt (Werbeikone aus den 70gern und 80gern). Die Jeans war fleckenfrei und frisch gestärkt. Mit entspannten Schritten ging Bobby in den Salon. Goss sich einen Bourbon in das mit Eis gefüllte Kristallglas ein. Ein lockeres Gespräch mit den anwesenden Familienmitgliedern entstand, während Sue Ellen Ewing, die Schwägerin von Bobby, mit frisch geschminkten Lippen und perfekt sitzender Wallewalle-Mähne den Raum betrat. Miss Ellie (die Mama von Bobby) kommt lächelnd hinzu. Begrüßt die anwesenden Familienmitglieder herzlich und voller Stolz. Alle Anwesenden strahlen. Voller Vorfreude endlich im Kreise der Familie zu essen und angenehme Konversation zu pflegen.

Bei mir sieht das irgendwie ganz anders aus. Nach meinem Arbeitstag komme ich völlig zerknittert und ausgepowert nach Hause gekrochen. Das Makeup hat sich fast verflüchtigt. Und das, was noch vorhanden ist, sitzt nicht mehr da wo es sein sollte. Die Haare sind platt und eng am Kopf anliegend. Immerhin: in Woodstock wäre ich ein Superstar gewesen – mit hängendem und strähnigem Haar. Von Volumen und Glanz keine Spur. Als erstes raus aus den zerknitterten Arbeitsklamotten und hinein in die bequeme Schlabberhose. Dazu ein zu großes Shirt und bei Bedarf einen Hoody drüber. Um den Wohlfühlstatus zu erhöhen, kriegen meine Füßchen noch schnell ein paar Kuschelsocken übergestreift. Nach der Abschminknummer geht es dann bequem und gemütlich in den Feierabend.

Es folgt unser Ritual: Job-Talk. Jeder erzählt von seinem Tag im Büro. Früher hat das Stunden gedauert. Emotionen kochten hoch. Alle Dinge, die einen am Tag genervt, gestresst oder belastet haben, durften nun endlich raus. Ohne Rücksicht auf Diplomatie oder angemessener Wortwahl. Am Ende kamen die positiven Erlebnisse aber etwas zu kurz. Was nicht daran lag, dass zu wenig hiervon im Arbeitsalltag zu finden waren. Nur hat der Mensch den Hang dazu, seine Aufmerksamkeit eher auf die unschönen Dinge im Leben zu richten. Die Nachrichten zum Beispiel berichten zu 99,9% von Chaos, Drama, Leid. Wir fahren langsamer an Unfallstellen und Polizeikontrollen vorbei, um möglichst viel Schreckliches zu sehen und mitzubekommen. Am liebsten jammern wir über das Wetter. Gerne auch täglich. Warum richten wir unser Augenmerk nicht lieber auf die positiven Dinge? Davon gibt es eine Menge. Und diese Dinge machen viel mehr Spaß. Sie sind lustig, herzerwärmend und beruhigend. Sie machen das Leben lebenswert.

Auch bei uns bekamen die positiven Geschichten zu wenig Aufmerksamkeit. Dafür wiederholten sich die Schlechten immer und immer wieder. Nach einiger Zeit kamen wir an den Punkt, in dem mein Mann und ich die Storys des anderen in- und auswendig kannten. Bei gewissen Schlüsselworten oder Namen reagierte das Gegenüber fast schon genervt und gereizt. Wir wussten ja, worauf es hinauslief. Damit nahmen gleich zwei Personen Anlauf und hüpften mit einem Kopfsprung direkt in eine negative Gefühlswelt. Der Jobstress ging jetzt auch noch zu Hause weiter! Wir kamen einfach nicht im wohlverdienten und ruhigen Feierabend an.

So konnte das nicht weitergehen! Entweder mussten wir unseren Job-Talk ändern oder ihn abschaffen. Aber die Personen, das Umfeld und die Aufgabe, die die meisten Stunden meines Arbeitstages füllen, kann ich nicht einfach streichen. Will ich auch gar nicht! Siehe http://roaring40s.eu/machts-gut. Daher blieb nur: den Job-Talk radikal verändern. Was wir auch taten. Wir führten Regeln ein.

Jeder von uns darf über eine negative Sache vom Tag erzählen. Eine Situation, die ihn ganz besonders ärgert oder einfach nicht gut läuft. Das wird dann diskutiert oder einfach kommentarlos stehengelassen. Darauf folgt dann aber der schönste, lustigste, zufriedenstellendste Moment. Denn das Beste kommt zum Schluss! Wir haben dadurch gleich mehrere Win-Situationen geschaffen.

Win 1: Man denkt noch einmal über den Tag und die Geschehnisse nach. Man beschäftigt sich noch einmal mit den einzelnen Themen und wertet diese ganz neu. Ganz anders. Welche Story ist es wert erzählt zu werden? Überraschend wie schnell die Luft aus der einen oder anderen Geschichte plötzlich raus ist.
Win 2: Man beendet den Tag mit einer schönen Erinnerung. Was eindeutig eine positive Assoziation mit dem Berufsleben, den Berufsalltag, den Kollegen und der prinzipiellen Einstellung zum Job fördert. Zusätzlich hilft es dabei den Arbeitstag entspannt enden zu lassen.
Win 3: Der Partner fühlt sich integriert. Man lässt ihn teilhaben. Im Groben weiß er Bescheid, was da so im ganz normalen Wahnsinn passiert. Er ist mittendrinn und live dabei.

Wir machen wir das jeden Abend. Für uns ist es eine wichtige und wertvolle Zeit. Sie tut uns gut. Wir gehen mit einem guten Gefühl aus dem Tag. Ich glaube, Bobby, Sue Ellen und alle anderen Ewings würden jetzt auch fasziniert vor dem Fernseher sitzen, wenn sie uns da so sehen könnten. Bei unserer Art von ehrlichem Job-Talk. Von unserem wahren Leben. Und sie hätten bestimmt auch ein Glas Bourbon mit Eiswürfeln in der Hand und würden sich fragen, ob das das wahre Leben ist.

© by Marita Matschiner

Ich und meine Listen

Listen sind toll. Ich liebe Auflistungen. Alle Arten davon. Für mich ist es eine Gedächtnisstütze und vereinfacht mein Leben. Mein Mann hasst sie. Nicht prinzipiell Listen oder die Gedächtnisstütze. Sondern eher meine Aufzählungen, zu denen ich äußerst gerne tendiere und das auch bei jeder Möglichkeit tue. Privat sowie geschäftlich. Diskussionen starte ich gerne mal mit Pros und Kontras. Und diese finden bei mir gerne als Auflistungen statt. Ohne Punkt und Komma. Manchmal treibe ich ihn damit in den Wahnsinn. Spagetti Bolognese? Toskaner Filettopf? Gemüse mit Nudeln? Fisch? Und wenn Fisch, dann Lachs? Thunfisch? Oder was anderes? Er dreht dann gerne mal kurz durch und versucht mich mit einem kurzen Satz zur Ruhe zu bringen. Was dann auch funktioniert. Aber den Zaubersatz verrate ich hier nicht.

Ich habe das von meiner Mama gelernt. Und im Hauswirtschaftsunterricht. Gehe niemals hungrig einkaufen und habe stets eine Einkaufsliste am Start. Man kauft sonst nur unnötige Dinge. Und ja, sie hat natürlich recht. Mamas haben immer recht. Genauso wie Ehefrauen. Das nur mal am Rande. Ich versuche mich daran zu halten. Nicht nur, dass ich in meiner Ehe immer recht habe – was mir natürlich nicht schwerfällt. Auch was den gefüllten Magen und eine geschriebene Einkaufsliste betrifft. Das schont den Geldbeutel und reduziert natürlich auch die Menge an abgelaufenen und zu entsorgenden Lebensmitteln. Wir versuchen immer sehr umsichtig einzukaufen. Erst dann, wenn wir es wirklich benötigen. Und erst wenn wir wissen, was wir essen wollen und was dafür benötigt wird. So reduzieren wir die Fülle des Kühlschranks, was übrigens regelmäßig zu großen Verwirrungen bei Mama und Schwiegermama führt. Denn unser Kühlschrank ist unter der Woche ziemlich leer. Was aber immer da ist sind Butter, Marmelade, Käse, Ketchup, Senf, Mayo und meine Lieblings-Chillisauce. Ups, und schon ist es wieder passiert. M/eine Liste.

Die große Herausforderung ist der monatliche Drogerieeinkauf. Da kann schnell einmal der WC-Reiniger oder das Zewa vergessen werden. Hier kommt dann Mamas Empfehlung zum Einsatz: Die Einkaufsliste. Dort sammle ich über einen vierwöchigen Zeitraum alles, was gekauft werden muss. Mein Mann glaubt übrigens, dass er ohne solche Listen auskommt. Und vergisst dann natürlich die Hälfte. Im Zeitalter der Elektronik habe ich mir irgendwann angewöhnt, die Einkaufs- und Erinnerungslisten nicht mehr auf Papier zu erstellen, sondern in mein Handy einzutippen. Das Papier geht eh irgendwann verloren oder man hat den Zettel nicht dabei. Er schlummert dann im Auto oder zuhause auf dem Küchentresen. Und da ich Einkaufen hasse, versuche ich diese Verpflichtung möglichst effizient und zeitschonend zu gestalten. Die modernen Handys haben da eine super Funktion. Die Notiz-App. Diese eignet sich sensationell für meine Zwecke. Einfach zu bedienen und der benötigte Eintrag ist schnell zu finden. Das Telefon ist sowieso dabei. So habe ich immer und überall die Chance die Liste zu leeren oder weiter zu füllen. Und vergesse absolut nichts. Im Gegensatz zu meinem Mann.

Dann im Einkaufsladen. Ich zücke voller Tatendrang mein Handy. Rufe die Notiz-App auf und überfliege kurz die notierten Artikel. Halte abrupt bei einem mir völlig unverständlichen Wort inne. Der nächste Artikel sagt mir auch überhaupt gar nichts. Irgendwie stehen da Worte, die ich garantiert nicht geschrieben habe. Ich überlege, wann eines unserer Patenkinder das letzte Mal mein mobile Gerät in den Händen hatte. Die automatische Autokorrektur ist doch ausgeschaltet, oder? Liegt es an meinen Fingern oder hat mein Handy ein Eigenleben entwickelt? Ziemlich hilflos stehe ich im Laden. Um mich rum nur Gewusel. Hecktische und gestresste Menschen. Ich will doch nur meine Aufgabe erfüllen und die Einkaufsliste abarbeiten! Schnell alles hinter mich bringen und dann raus hier! Ich starre auf die dort stehenden Worte. Mist! Was genau habe ich noch mal mit „Pitzmuttel“ gemeint? Und was zum Henker ist „Toptapier“? Auch mit „Tarierachaun“ und „Üarkettreinuger“ kann ich auf den ersten Blick so gar nichts anfangen. Gedanklich sortiere ich die einzelnen Buchstaben neu. Tausche ein paar Vokale und Konsonanten mit Hilfe der virtuellen Tastatur aus. Tarahhh. Das Rätsel ist gelöst. „Putzmittel“, „Toipapier“ (gemeint Toilettenpapier) „Rasierschaum“ und „Parkettreiniger“ ist die Lösung. Kein Patenkind ist daran schuld. Kein verselbstständigtes Handy. Ich war einfach zu schnell beim Tippen und habe wohl beim Schreiben nicht richtig hingeschaut. Voll konzentriert streife ich nun durch das Regallabyrinth. Mit dem Blick auf dem Handy. Meine Gedanken sind nur darauf ausgerichtet, meiner Gedächtnisstütze etwas Sinnvolles zu entlocken. Ein nahendens Ziel vor Augen: wirklich alles Notwendige im Einkaufswagen zu haben und nicht noch einmal los zu müssen.

Mit einem prall gefüllten Einkaufswagen an der Kasse angekommen kommt mir eine Idee. Daheim werde ich erst einmal eine neue Einkaufsliste erstellen. Die ersten zwei Artikel: Block und Stift. Um mein Leben wieder zu vereinfachen.

 

© by Marita Matschiner

 

Macht’s gut, und danke für den Fisch

Jeder von uns geht anders mit seinen Erlebnissen, Enttäuschungen, Frustrationen und Erfolgen um. Besonders wenn es um geschäftliche Themen geht. Die dort entstehenden Bande zwischen Kollegen, Vorgesetzten und manchmal auch Kunden sind sehr prägend und beeinflussen unsere Stimmung. Sie entscheiden oft über unsere Einstellung, wie wir morgens zur Arbeit gehen. Ob frohlockend, träge oder völlig missmutig. Für mich sind die Kollegen ein ganz wichtiger Punkt in meinem Job. Nicht nur die, mit denen ich direkt zusammenarbeite. Auch abteilungsübergreifend. Unabhängig von der Hierarchieebene. Sogar über Städte- und Ländergrenzen hinweg. Mit diesen Menschen verbringe ich die meiste Zeit meines Tages. Sie erleben mich stundentechnisch gesehen am längsten. Von Montag bis Freitag. Fünf Tage in der Woche. Keiner in meiner Familie oder Freunde erlebt mich so intensiv wie meine Kollegen.

Daher ist es für mich sehr wichtig, mich mit diesen Menschen intensiv auszutauschen. Ein bisschen mehr von ihnen zu erfahren. Wer sie sind. Was sie so tun. Was sie beschäftigt. Und nein, ich mag nicht alle meine Kollegen. Muss ich auch nicht. Ich will ja auch nicht mit allen in den Urlaub fahren. Aber ich finde so ein bisschen über den geschäftlichen Tellerrand schauen schadet nicht. Das ist das was ich will und was für mich wichtig ist. Das bereichert meinen Arbeitsalltag. Gibt dem Geschäftlichen etwas privates – etwas persönliches.

Da ich mindestens acht Stunden am Tag im Büro bin, erlebe ich dort auch unheimlich viel. Dinge, die mich beschäftigen. Die ich auch mit nach Hause nehme. Denn einfach auf dem Heimweg an der Bürotür abgeben und am nächsten Arbeitstag wiederaufnehmen geht bei mir einfach nicht. Hallo? Immerhin verbringe ich hier mehr als ein Drittel meines Tages! Da gibt es Geschichten, die mich tief bewegen. Themen bei denen ich kotzen könnte. Dinge über die ich nachdenken muss. Oder das schallendes Gelächter über eine sensationelle Situationskomik. Einen banalen Witz. Besonders bezaubernd sind die kleinen Geschichten, die wir manchmal unverhofft und völlig ungeplant entstehen lassen. Sie starten morgens in der Kaffeerunde, ziehen sich über das Mittagessen und enden meist bei der gemeinsamen Verabschiedungszigarette. Diese Selbstläufer fangen ganz klein mit einer Bemerkung oder einer Kurzgeschichte an. Sie werden im Laufe des Tages immer größer und sind am Ende eine Knallerstory. Hier gibt jeder etwas von sich dazu und am Ende sind sie mit so unglaublich viel Witz, Leben und Herzblut versehen, dass wir in Hollywood dafür garantiert mehrere Oscars gewinnen würden. Diese Storys gehören uns allen und wir nehmen sie mit in unser Leben.

Schwierig wird es dann, wenn sich einige von den gefundenen Freunden verabschieden und sich einer neuen beruflichen Herausforderung widmen. Ich meine damit nicht nur, wenn einer geht, sondern wenn sich innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums mehrere verabschieden. Wir sind ja zu einer Familie zusammengewachsen. Haben Freud und Leid miteinander geteilt. Und das Gefühl, diese Gruppe bricht wieder ein bisschen mehr auseinander, nimmt bei jeder Kündigungsnachricht mehr zu. Menschen die mir und auch den anderen ans Herz gewachsen sind, sind plötzlich nicht mehr da. Man trifft sich vielleicht am Anfang privat. Abends auf ein Bierchen oder eine Pizza. Schreibt sich noch Mails. Telefoniert zwischendurch. Textet in der WhatsApp-Gruppe. Aber das schläft meistens langsam ein. Man kann nichts dagegen tun. Die Kollegen die gehen, nehmen immer ein Stück von mir mit. Jeder ein kleines Teil. Zusätzlich herrscht die Angst, das noch mehrere von den Vertrauten das Weite suchen. Denn wenn sich einige Kollegen entscheiden zu gehen, so scheint es mir, wirkt es für die da gebliebenen ansteckend. Das ist wie mit einer Abteilung voller Frauen. Sobald zwei oder drei schwanger werden, kann man davon ausgehen, dass innerhalb kürzester Zeit noch weitere schwanger werden. Aber die kommen ja nach ihrem Mutterschaftsurlaub wieder. Hoffentlich. Aber hier sind sie weg. Ja, ich weiß, es wird neue Kollegen geben. Und auch unter diesen werden wir viele nette Menschen finden. Menschen, die in unserem Inner-Circle aufgenommen werden. Die sich in unserer Runde hoffentlich auch wie zu Hause fühlen werden. Als ob sie eine zweite Familie gefunden haben. Aber bis dahin kann eine Menge Wasser die Isar runterfließen.

Bis dahin sehe ich es mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Denn ich freue ich mich für die Kollegen, die einer neuen Herausforderungen entgegenschauen. Auf neuen Aussichten. Neue Erfahrungen.

Ich wünsche Euch, liebe Ina, Jutta, Lisa, Valeria, André, Rico und G.I. Schmidt, und allen anderen die noch folgen werden, von Herzen alles Liebe! Viel Erfolg! Auf dass Ihr wieder so tolle Kollegen findet, die ihr im Laufe der Zeit als Freunde und vielleicht auch als eine kleine Familie sehen werdet. Mit denen Ihr Eure Erlebnisse, Enttäuschungen, Frustrationen und Erfolge teilen könnt. Ein Stück von mir ist mit Euch gegangen. Aber ein Teil von Euch allen bleibt bei mir. Tief in meinem Herzen. Danke das Ihr für einen kurzen oder längeren Zeitraum mein Leben derart bereichert habt.

© by Marita Matschiner

Klein, aber oho

pic by Achim Matschiner

Solange ich zurückdenken kann war ich die Kleinste. Es ging schon los im Mini-Club in West-Berlin. Bei uns gab es in der Nähe keinen Kindergarten – läuft aber am Ende auf das Gleiche hinaus. Die Jüngste in der gesamten Nachbarschaft. Trotz einer Ehrenrunde in der 2. Klasse, nach unserem Umzug nach Bayern, sah es in der Schule nicht viel anders aus. Gut, da war ich dann nicht mehr die Jüngste, aber mit der Körpergröße lag ich immer noch ziemlich unter dem Durchschnitt.

In der Ausbildungszeit war ich der Steppke oder das Küken. Das änderte sich auch nicht bei meinem ersten Job. Ebenso setzte sich das bei allen weiteren Arbeitgebern fort: Ich hatte das Los, das kleine Hascherl zu sein. Selbst im Freundeskreis war es nicht anders. Auf einer Party hat mir einmal jemand eine Trittbrettleiter angeboten: Damit ich mal in Augenhöhe mit ihm reden kann. Haha. Wie witzig! Danke!

Bedenken, einen zu kleinen Mann abzubekommen, hatte ich keine. Die Wahrscheinlichkeit war ja eher gering. Die einzig knifflige Situation hätte sein können, wenn mir Prince begegnet wäre. Aber: Hätte, hätte, Fahrradkette. Immerhin war dieser sexy Mann und kreative Kopf gerade mal 157 cm groß. Da kann ich ja mal locker mithalten und das auch noch um ganze fünf Zentimeter toppen.

Genau an diesem Punkt kommt jetzt für mich ein ganz wichtiges Thema. Schuhe! Erstens habe ich durch meine 162 cm eine angenehme Schuhgröße und bekomme überall welche. Vor allem auch genau die, die ich will. Ich muss keine Kompromisse eingehen und kann sogar frei bei den unterschiedlichen Farben, Materialien und Styles wählen. Zweitens ist es völlig wurscht wie hoch der Absatz ist. Egal ob drei, fünf oder zehn Zentimeter. Ich kann wirklich alles tragen. Ohne dass ich meinen Mann körperlich überrage oder meine Erscheinung leicht unproportioniert wirkt.

Es gibt noch einen weiteren Vorteil bei meiner Körpergröße. Die 7/8-Hosen. Fand ich großartig! Endlich mal keine Hosen kürzen müssen. Je nach Laune der Modeindustrie habe ich den Luxus, das erworbene Stück in der perfekten Länge direkt anziehen zu können. Klasse! Große Menschen haben da ein entgegengesetztes Problem. Und auch diejenigen, die körperlich ihrer bisherigen Beinlänge entwachsen sind. Hierzu hat die Modebranche in den 1970er-Jahren eine Lösung kreiert. Es wurden einfach Borten unten ans Hosenbein genäht. Bevorzugt in bunten und schrillen Farben. Sah genau genommen ziemlich scheiße aus. Aber was macht man nicht alles, wenn das Beinkleid zu kurz ist. War aber nicht mein Problem. Wird es wohl auch nie werden.

Vor einigen Jahren hatte ich berufliche eine ganz andere Herausforderung. Mit einem niederbayrischen Kollegen. Er war von sich selbst ziemlich überzeugt und hatte die Einstellung, er müsse den große starken Mann geben. Nur dann ist man(n) toll. Zu seinem Leidwesen war ich ihm im Job allerdings gleichgestellt. Was ihm echt große Probleme bereitete. Er kam damit einfach nicht klar. Eine Frau. Klein. Und ihm dann auch noch gleichgestellt. Das ging für ihn gar nicht! Meine Taktik: Ich fragte ihn mit einem Augenaufschlag immer mal wieder, ob er mir bitte den Ordner/Karton von da ganz oben runterreichen könnte, weil ich ja so klein sei und da einfach nicht rankomme. Damit war das Eis gebrochen. Zwar musste ich diese Worte fast jede Woche von mir geben, aber er fühlte sich geschmeichelt, unentbehrlich und groß. Ab dem Zeitpunkt klappte unsere Zusammenarbeit wunderbar.

Man gewöhnt sich daran, aufgezogen zu werden und mit Sprüchen wie „Keine Arme, keine Kekse!“ oder „Versuch da mal ranzukommen!“ veräppelt zu werden. Ich hatte nie Komplexe deswegen. Denn: Ich bin nämlich gar nicht klein. Ich habe die durchschnittliche Größe einer südeuropäischen Frau. Demzufolge bin ich ja fast Italienerin. Was auch mein Hang zu schönen Schuhen und guter Pasta erklärt. Und da ich bei München lebe und München auch die nördlichste Stadt Italiens ist, macht das Ganze sogar doppelt Sinn.

© by Marita Matschiner

Blog 2018

November 2018
September 2018
August 2018
Juli 2018
MAi 2018
März 2018
Februar 2018
januar 2018

 

Die stade Zeit: ein Busfahrer, mein Mann und ich

Weihnachten. Die ruhige Zeit. Die stade Zeit, wie wir so schön in Bayern sagen. Diese Worte waren wohl einst einmal weislich gewählt und hatten wirklich einen Grund. Leider sind diese Worte in der heutigen Zeit nicht mehr passend. Weihnachten wird irgendwie von Jahr zu Jahr stressiger. Trotz 24 Tage Vorbereitungszeit und jährlich fixem Termin – immerhin bekannt seit Jahrhunderten – sind wir in dieser Zeit mehr Stress ausgesetzt als an allen anderen Tagen im Jahr. Die Anspannung, alles gut organisiert zu bekommen. Den Druck, alle Geschenke rechtzeitig und vor allem treffend zu finden, und natürlich noch in-time im Hause zu haben. Möglichst alle Familienmitglieder unter einen Hut zu bekommen. Die Dekoration des jährlichen Modediktats anzupassen. Die Plätzchen müssen schmecken. Einheitlich groß. Und möglichst neue kreative Kombinationen beinhalten. Das Weihnachtsessen soll traditionell sein und trotzdem keine Langeweile aufkommen lassen. All diese Aspekte basieren auf einem einzigen Ziel: Die eigene Erwartungshaltung und die Annahme, dass diese auch auf die anderen Familienmitglieder zutrifft, zu erfüllen. Diese Tage sollen die perfekten Tage im Jahr werden! Für alle Familienmitglieder. Und für mich! Harmonie pur. Liebe bis zum Abwinken.

Unser Weihnachten ist geprägt durch Tradition, Familie und tatsächlich einen Grad von Egoismus. Wir sind überzeugt davon, dass dieser Grad von Egoismus ein Gesunder ist. Auch unsere kleine Familie benötigt vom Alltag und den Verpflichtungen ein bisschen Auszeit. Zweisamkeit. Ruhe. Unsere beiden Mütter und mein Vater sehen das bestimmt anders. Sie haben aber großes Verständnis dafür. Dafür möchte ich an dieser Stelle ein großes Dankeschön aussprechen! Diese Möglichkeit, am ersten und/oder zweiten Weihnachtstag bei der Familie mit einem großen, bauchfüllenden Weihnachtsessen aus dem Weg zu gehen, wird nicht vielen Kindern eingeräumt. Es ist schließlich ein Familienfest und daher sind diese Besuche im Allgemeinen ja quasi eine Pflichtveranstaltung. Noch einmal Danke, liebe Mamas und Papa, dass ihr uns hierzu nicht nötigt oder sogar zwingt.

Dieses Jahr haben wir vielleicht eine neue Tradition ins Leben gerufen. Denn sie war so schön. Ruhig. Besinnlich. Einfach nur rund. Angefangen hat es mit einem Erlebnis von mir vor ein paar Jahren. Ich bin am ersten Weihnachtsfeiertag morgens um 8:00 Uhr Laufen gegangen. Eine ruhige, von mir selten absolvierte Strecke. Sie liegt direkt an einer Verbindungsstraße von zuhause zum nächsten Ort. Während ich so lief, fuhr der öffentliche Bus an mir vorbei. Um diese Uhrzeit, an einem heiligen Feiertag in der ‚Staden Zeit‘. Dass der Bus vorbeifuhr hat mich nicht sonderlich irritiert. Nur der Busfahrer, der einsam hinter seinem Lenkrad saß. Ob er jetzt Weihnachtsmusik hörte oder vielleicht sogar ziemlich zufrieden mit sich und seiner selbst war, kann ich nicht beurteilen. Mir tat er nur leid in dieser Situation. Er musste an einem Feiertag früh aufstehen. Seinen Dienst verrichten. Und das ohne vermeintlichen Nutzen. Niemand fuhr mit. Ich weiß, es werden jetzt einige von euch sagen: „Das ist sein Job. Dafür bekommt er schließlich sein Gehalt!“ Ja, klar. Ist mir völlig bewusst. Er tat mir trotzdem leid. Es gibt nichts Schlimmeres, als seinen Dienst zu tun und dafür keinerlei Wertschätzung zu erhalten. Geschweige denn einen Nutzen oder sogar eine Sinnhaftigkeit in seiner Arbeit zu sehen. Dieser Mann stand frühmorgens auf, lässt seine Familie alleine daheim und verrichtet seine Arbeit. An Weihnachten! Kein Lächeln. Kein Danke. Kein Bitte. Was für ein Los an Weihnachten?

Mein Mann überraschte mich am ersten Weihnachtsfeiertag. Er forderte mich auf meine Daunenjacke anzuziehen. In die Winterstiefel zu schlüpfen, eine Mütze aufzusetzen und mit ihm gemeinsam das Haus zu verlassen. Seine genauen Worte waren: „Überraschung! Wir machen jetzt einen Ausflug!“ Wie jetzt? Es ist Feiertag! Bisher gab es an diesen Tagen keine Verpflichtungen! Und ich soll mich anziehen und mich auf irgendeinen Ausflug – wie hunderte andere Menschen auch – begeben? Das kann nicht sein Ernst sein!

Wir liefen vor bis zur Hauptstraße. Ein Bus mit der Nummer 271 hielt an und er schob mich in diesen. Er ignorierte meinen fragenden Blick. Er lächelte den Busfahrer an und trällerte ein „Frohe Weihnachten! Bitte ein Paar-Tagesticket für den Außenraum.“ Ich konnte es kaum glauben. Ich saß an einem 25. Dezember in einem Bus und wir fuhren quer durch die Pampa bis zur Endhaltestelle. Ein süßes bayrisches Örtchen, von dem ich vorher noch nie etwas gehört habe. Hinein in ein Restaurant. Der einzig freie Tisch war mit perfekter weihnachtlicher Dekoration in Beschlag genommen. An den Nachbartischen war Familienstress pur. Kinder beschäftigten sich mit Computerspielen auf iPad und iPhone. Eltern schwiegen sich an. Großeltern spielten Freude vor und wünschten sich im Grunde nur auf ihre gemütliche Couch. Endlich raus aus dem gestärkten Anzug, dem Rock mit der Rüschenbluse. Hinein in eine bequeme Alltagsklamotte. Das tun, was man am liebsten tut. Nur nicht das hier! Aber: Es ist Weihnachten. Familie ist angesagt. Ente mit Knödel und die Hochzeitssuppe vorweg. Das schwere Dessert nicht zu vergessen. Das Servicepersonal sichtlich gestresst – mit einem aufgesetzten Lächeln. In der Erwartung, möglichst bald die Feierabendglocke läuten zu hören. Unser Kellner hinterlässt einen überrascht entspannten Eindruck. Ob es aus seinem tiefsten Inneren kam oder seiner professionellen Einstellung entspricht, kann ich nicht beurteilen. Er hat uns zumindest nicht das Gefühl gegeben, dass wir stören oder ihn einen Schritt näher zum Burn-out bringen.

Im Anschluss hatten wir einen Kurzaufenthalt auf einer Bank, in der wärmenden Sonne, direkt vor der Kirche. Wir beobachten Spaziergänger. Für uns war es erschreckend, wie wenig Familien vorbeizogen, die mit sich im Reinen waren und sich auf ein Zusammentreffen mit der Familie freuten. Die Blicke waren ziemlich verhärmt und unzufrieden. Auch hier war der Weihnachtsstress direkt in den Gesichtern abzulesen. Unabhängig davon, um welches Familienmitglied es sich handelte.

Irgendwann war es soweit und unser Bus der Linie 271 fuhr wieder Richtung Heimat. Im Sonnenuntergang des Alpenpanoramas genossen wir die 40-minütige, völlig gechillte Busfahrt. Einsam, ruhig und entspannt mit einem fremden Menschen am Steuer seines Gefährts. Der Busfahrer von heute früh. Ein offensichtlich nicht mehr ganz so einsamer Mann, der nur seinen Job ausübt. Sondern in Gesellschaft von zwei Personen, die seinen Einsatz sehr wohl zu schätzen wissen. Und es ihm auch zeigen. Krönender Abschluss ist ein zehnmenütiger Spaziergang von der Bushaltestelle nach Hause. Wir sind wieder in unseren eigenen vier Wänden.

Was für ein Tagesausflug! Was für ein entspannter erster Weihnachtsfeiertag! Ohne Stress. Ganz in Ruhe. Die stade Zeit ist bei uns eingekehrt.

© by Marita Matschiner

Mir ist so heiß!

pic by Achim Matschiner

Nach meinem letzten Blog „Müde, Pipi, Kaffee“ bin ich mehrmals auf das im Bild durchgestrichene „Kalt“ angesprochen worden. Warum ich das gestrichen habe? Tja, das liegt einfach daran, dass mir so gut wie nie kalt ist. Also zumindest nicht so kalt, als dass es ein Thema ist. Und das genieße ich sehr. Denn das war nicht immer so.

Ich habe früher immer gefroren. Morgens. Mittags. Abends. Nachts. Egal zu welcher Jahreszeit. Egal wie hoch die Temperaturen draußen oder drinnen waren. Ich hatte immer kalte Füße, kalte Hände. Manchmal sogar bläuliche Nägel. Und das lag nicht an der Nagellackfarbe. Ich bin immer im Flanellschlafanzug und Wärmflasche unter meine dicke Daunendecke gekrabbelt. Um auf Nummer sicher zu gehen, noch die Schlafsocken aus Angorawolle übergestreift. Eine zweite Decke lag griffbereit. Das schlimme am Frieren ist das Frieren an sich. Es ist unangenehm. Man fühlt sich in seinem Körper nicht wohl. Die Kälte krabbelt ganz langsam in einen hinein und breitet sich Stück für Stück im Körper aus. Wie ein Virus befällt sie jeden Teil deines Körpers. Wenn sie sich einmal richtig eingenistet hat, ist es um einen geschehen. Es braucht ewig um auch nur annähernd wieder eine angenehme Temperatur zu fühlen. Um das zu beschleunigen ist ein Warmgetränk ideal. Was gar nicht funktioniert ist warmes oder sogar heißes Wasser. Habt Ihr schon einmal versucht richtig durchgefrorene Finger unter heißem, fließenden Wasser zu wärmen? Das tut schrecklich weh. Als ob du in tausend glühende Nadeln greifst.

Im Winter war es natürlich am schlimmsten. Ich ging nur in mehrere Schichten eingehüllt vor die Tür. Meistens Skiunterwäsche gepaart mit Strumpfhosen und obendrüber noch Skisocken und eine Hose. Ein Langarmshirt, dicken Pullover und gerne noch eine Strickjacke drüber. Der dicke und elend lange Schal wurde mehrmals um den Hals gewickelt. Eine kuschelige Mütze und ein riesiger dicker Daunenmantel, der große Ähnlichkeit mit meiner Daunendecke hatte, waren selbstredend. Als Beobachter findet man das vielleicht noch ganz witzig. Aber ich selber habe nur gelitten. Ich fühlte mich wie das Michelin-Männchen. Vor lauter Klamotten konnte ich mich kaum bewegen. Die Katastrophe folgt dann zum Schluss: Schuhe anziehen. Versuch du mal in fünf Schichten Klamotten runter zu den Füßen zu kommen um einen Reißverschluss zuzuziehen oder eine Schleife zu binden. Da kommt man leicht mal außer Atem. So müssen sich Hochschwangere fühlen. Übel war dann die Erkenntnis, noch einmal zur Toilette zu müssen. Dieses Gefühl kam allerdings erst, als man komplett und fix und fertig angezogen war und die Türklinke bereits in der Hand hatte. Natürlich war es dann auch ganz dringend und es musste echt schnell gehen. Bis man den ganzen Plunder wieder runter oder zur Seite geschafft hatte, vergingen schon einmal locker ein paar Minuten. Dann das Ganze wieder retour. Wieder einpacken. Zu der Zeit war ich einer der unpünktlichsten Menschen überhaupt. Und ich hasse Unpünktlichkeit.

Autofahren wurde zur Qual. Ich konnte mich kaum bewegen und war jedes Mal dankbar, ohne Polizeikontrolle am Zielort angekommen zu sein. Die Vorstellung ein Beamter fragt nach meinen Papieren und ich komme vor lauter Bewegungsknappheit gar nicht erst an meine Handtasche. Geschweige denn den Geldbeutel in dieser zu finden, um die erwarteten Dokumente herauszuziehen und locker mit einem Lächeln zu überreichen. Der lange Daunenmantel hinderte mich dann auch noch an einer bequemen Sitzposition. An ein übersichtliches und umsichtiges Autofahren war genau genommen gar nicht zu denken.

Aber mein Temperaturempfinden hat sich geändert. Ich habe keine Ahnung woran es genau lag. Es war plötzlich einfach so. Ich glaube es war eine Kombination aus mehreren Dingen. Zum einen, der regelmäßige Sport an der frischen Luft. Egal zu welcher Jahreszeit oder welches Wetter und das seit Jahren. Zusätzlich kamen vor einigen Jahren mein jetziger Mann und sein Hund in mein Leben. Diese Zwei sind die besten lebenden Wärmflaschen ever. Links mein Mann und rechts ein 30 Kilo schwerer Hund mit einer Durchschnittskörpertemperatur von 39 Grad (ich will jetzt keine Diskussion eröffnen, ob Hunde ins Bett dürfen oder nicht!). Da konnte ich nach kurzer Zeit getrost auf Flanell, Angora und Daune verzichten.

Vor zwei oder drei Jahren hatten wir dann einen Höllenwinter. Bis zu minus 25 Grad in der Nacht. Ich lag zwischen meinen Beiden in kurzer Hose, T-Shirt und einer normalen Frühlingsdecke eingekuschelt. Und mir war warm. Genau genommen zu warm! Ich strampelte oft die Decke von mir und schob meine Jungs ein Stück zur Seite und jammerte nur: „Mir ist sooo heiß!“.

Wenn wir jetzt Abends auf der Couch sitzen, sieht es ungefähr so aus: ich im T-Shirt, dünner oder kurzer Hose und Barfuß. Man Mann neben mir in Longsleeve, Hoody, kuscheligen Socken und dicker Hose. Draußen stürmt und schneit es. Und dreimal dürft ihr raten, wer nun jammert und behauptet, es sei kalt und er hat kalte Füße?

© by Marita Matschiner

 

Müde, Pipi, Kaffee

pic by Achim Matschiner

Ich mag gleiche Abläufe. Regelmäßigkeiten. Besonders am Morgen. Das war schon immer so. Der Morgen ist eingespielt. Alle Dinge, die ich zu erledigen habe, haben ihre wohlüberlegte Reihenfolge. Und das ist auch gut so. Ich komme tatsächlich etwas durcheinander, wenn ich morgens einen privaten Termin habe oder mein Mann erst eine Stunde später ins Büro fährt. Denn eine Stunde später ins Büro heißt auch, eine Stunde später das Zuhause verlassen. Und das bedeutet nun wiederrum: mein eigener perfekt eingespielter, heißgeliebter morgendlicher Ablauf gerät durcheinander. Und wenn ich eines nicht mag, dann morgens aus dem Rhythmus zu geraten.

Mein Mann gibt sich redlich Mühe mir morgens nicht in die Quere zu kommen. Ich brauche erst einmal ein bis zwei Kaffee in der Früh. Sonst funktioniert bei mir gar nichts. Ich will nicht reden. Ich will keine Fragen beantworten. Und garantiert will ich keine Entscheidungen treffen. In jungen Jahren war ich noch viel schlimmer. Meine Mutter hat es freudestrahlend ausgenutzt, ihre Tochter samstagmorgens zu quälen. Mit morgens meine ich morgens. Denn sie fing damals schon gegen 6:00 Uhr an zu arbeiten. Da ich das Auto zum Einkaufen brauchte, musste ich sie zur Arbeit fahren. Daher kam ich aus der Nummer samstags früh morgens aufzustehen nicht raus. Ohne Wachflüssigkeit im Magen verlasse ich das Haus nicht. Würde auch nichts bringen. Ich laufe wie ein Zombie durch die Gegend und meine Reaktionszeit ist genau genommen gleich Null. Vermutlich wäre auch Autofahren eine eher gefährliche Angelegenheit. Daher kam gegen 5:15 Uhr die Frage meiner Mutter: „Was magst du denn trinken? Saft? Wasser? Tee? Kaffee?“. Da ich zu dieser Zeit nicht so vernarrt in Kaffee war, kam als Antwort: Tee. Was mein erster Fehler war. „Grünen? Schwarzen? Roten? Weißen?“. Antwort: grün. Das war dann ganz klar mein zweiter Fehler des Tages. Denn darauf folgte „Kamille? Pfefferminze? Salbei?“. Sie amüsierte sich wie Bolle und ich wurde immer stinkiger und muffeliger. Egal was ich gewählt habe, sie hat noch einen draufgesetzt. Meistens endete es damit, dass ich irgendwann völlig entnervt und ziemlich aggro nur noch „EGAL!“ brüllte und mich unter der Decke versteckte.

Im Laufe der Zeit und der Selbstreflektion nahm die Morgenmuffeligkeit Gott sei dank ab. Ich achtete darauf, wie ich mit mir und meinen Mitmenschen in der Früh besser klarkam. Es war einfacher der Bäckereifachverkäuferin mit einem Lächeln zu begegnen, ohne sie gleich auf Ally-McBeal-Art in einen Müllkontainer zu schubsen. Und das nur, weil die Butterbrezen gerade erst in der Mache waren.

Meinem Mann habe ich am Anfang drei Regeln empfohlen, damit wir einen neuen Tag nicht gleich mit dem ersten Zoff starteten. Er hat sie freiwillig und mit einem Lächeln angenommen und umgehend umgesetzt. Ich habe eine Ahnung warum. Erstens: Wenn ich müde bin, lass mich schlafen. Zweitens: Wenn ich auf die Toilette muss, halt einfach schnell irgendwo an – egal wo. Drittens: Wenn ich morgens aufstehe, gib mir einen Kaffee und sprech mich blos nicht an, bevor ich ihn inhaliert habe. Und in dem Zusammenhang schon gar keine Entscheidungen von mir erwarten! Ergebnis: Dann geht alles glatt.

Diese „Warnung“ hätte ich wohl auch meinen Mädels mitgeben sollen, als wir im Frühling in unser erstes gemeinsames Mädelswochende nach Salzburg gefahren sind. Für mich war es selbstverständlich der Kellnerin am Frühstückstisch zu sagen: „Bitte einen großen Kaffee.“ Sie schaute mich an wie ein McDonalds-Verkäufer, der gleich mit seiner Gegenfrage und diesen von mir gehassten Auflistungen startet: „Als Menü? Zum Mitnehmen? Getränk? Eis?“. Und ich denke mir dabei immer, was so unklar formuliert ist bei „Einen Big Mac und kleine Pommes zum hier essen und eine Cola ohne Eis, bitte.“? Die Frühstückskellnerin hatte wohl an der gleichen Schule gelernt. Denn sie konterte mit „Cappuccino? Milchkaffee oder einen Verlängerten?“. Darauf kam von mir eine endgültige und nicht diskutierbare Antwort: „Einen großen schwarzen Kaffee, bitte. Ach, bringen Sie mir bitte gleich zwei – um es abzukürzen.“ Ich drehte mich wieder zurück zu meinen Mädels und alle drei schauten mich stillschweigend und mit großen Augen an. Sie brauchten ein, zwei Sekunden, dann richteten sie wieder ihre Aufmerksamkeit dem Frühstück zu. Mir war das gar nicht so bewusst. Bis eine aus dieser Truppe mich Monate später mit der Erzählung aufzog. Sie waren wohl alle sehr überrascht, mich so direkt und mit einem sehr barschen Ton zu erleben. Und ich dachte, es ist mit meiner Morgenmuffeligkeit besser geworden. War wohl ein Irrtum.

Früher habe ich mich ein bisschen dafür geschämt, dass ich diese selbst antrainierten Abläufe in der Früh als beruhigend empfinde und damit besser in einen positiven Tag komme. Dass ich mich morgens nicht ohne flüssiger Vorbereitung unters Volk mischen sollte. Als Schutz für meine Mitmenschen. Aber ich bin nicht alleine damit. Eine Freundin hat letztens mit ihrem Mann, ihrer Tochter sowie deren Hund bei uns übernachtet. Die Eltern waren auf einer Hochzeit bis spät in die Nacht. Am nächsten Morgen beim Frühstück kam sie im Schlafanzug an den Tisch und meinte nur: „Guten Morgen. Bitte einen großen schwarzen Kaffee und mich für ein paar Minuten blöd schauen lassen. Dann bin ich für euch da.“

In dieser Situation hatte ich vollstes Verständnis und fühlte tiefste Dankbarkeit. Und lies sie in Ruhe ihren Kaffee trinken.

© by Marita Matschiner

 

Der Zauber vom Zuhause

pic by Achim Matschiner

„Nirgends ist es so schön wie daheim“ – Dorothy Gale „Der Zauberer von Oz“

Diesen Satz sagte Dorothy in ihren wunderschönen roten Glitzerpumps. Klack-klack-klack – die Hacken zusammengeschlagen und diesen Satz mit geschlossenen Augen mehrmals wiederholt. Um endlich den erwarteten Wunsch wahr werden zu lassen: wieder nach Hause kommen! Ich brauche meine Augen nicht zu schließen. Ich brauche auch nicht die Hacken mehrmals zusammenschlagen. In diesem Ausnahmefall brauche ich auch keine roten Glitzerpumps (auch wenn diese ein Kindheitstraum von mir sind). Unser Urlaub ist vorbei und wir sind auf dem Heimweg. Wir freuen uns schon sehr auf unser Zuhause. Können es kaum erwarten endlich wieder in unserem Heim zu sein. Wir lieben unsere vier Wände und sind einfach gerne dort. Trotzdem: wir haben noch nicht einmal die deutsche Landesgrenze erreicht und schon fange ich an, über die vielen Möglichkeiten unseres nächsten Urlaubs nachzudenken. Immerhin ist es ja die schönste Zeit des Jahres. Das muss gut geplant und vorbereitet sein. In unserer kleinen Familie hat sich in diesem Sommer ein Fakt geändert. Wir haben ab jetzt ein paar Freiheiten mehr und die Urlaubswunschliste hat sich etwas verlängert. Bisher waren Urlaube mit dem Flugzeug keine Option. Jetzt steht uns die Welt offen und wir können diese erkunden.

Zu Hause angekommen spreche ich das Thema gleich einmal an. Wir diskutieren die einzelnen Destinationen durch. Listen Vor- und Nachteile auf. Politische Situationen. Da sind gleich einige Länder raus. Da muss ich noch nicht einmal drüber nachdenken. Anreisedauer. Wir haben keine Lust stundenlang im Flieger zu sitzen, um das Ziel zu erreichen. Das Ganze dann auch noch einmal zurück. Nein, danke! Sprachbarriere. Für Frankreich habe ich acht Wochen lang gebüffelt. Jeden Tag. Vor Ort guckte man mich bei meinen Versuchen mich in der Ländersprache zu verständigen nur komisch an und verdrehte die Augen. Last but not least: die Dauer des Aufenthalts. Das ist für uns ein immens wichtiger Punkt. Wir sind eigentlich „Kurzurlauber“. Wir sind möglichst nicht länger als zehn Tage unterwegs. Die Vorstellung einen zweiwöchigen Urlaub am Freitagabend in Richtung Flughafen zu starten und eine Woche später am Sonntag wieder nach Hause zu kommen, um am Montagmorgen gleich wieder in die Arbeitsmühle zu marschieren, geht gar nicht. Das ist für uns tatsächlich schon in Stein gemeißelt: Kommt für uns nicht in Frage. Aber manche Reiseziele funktionieren einfach nicht in zehn Tagen. Mhhh. Schlamassel. Um diesem zu entkommen bzw. die Entscheidung nach dem „Wohin“ zu erleichtern, stelle ich mir eine ganz grundlegende Frage: Was ist am Urlaub wirklich wichtig? Worauf freuen wir uns wirklich, wenn es um unsere freien Tage im Jahr geht? Eine Antwort zu finden, ist bei genauerer Betrachtung gar nicht so einfach.

Für eine Freundin und ihren Mann ist Reisen eine Mission. Sie ist mit ihm bei jeder Gelegenheit unterwegs. Entweder an das andere Ende der Welt oder einfach eine fremde Stadt erkunden, die nur eine Stunde mit dem Zug entfernt ist. Vor Jahren war sie monatelang mit ihrem Mann und zwei Rücksäcken unterwegs. Einmal um die ganze Welt. Andere Freunde sind gefühlt alle vier bis sechs Wochen unterwegs. Entweder im Hotel, mit dem VW-Bus oder bei Familie und Freunden. Allein die Anzahl der Ausflüge und Urlaube dieses Jahr überschreitet meine bisher eingereichten Urlaubstage. Jeder von uns hat unterschiedliche Beweggründe. Welche sind das? Warum wollen wir möglichst viele Tage unterwegs sein? Was zieht uns in die Welt? Ist es das Entdecker-Gen? Möglichst viele neue Eindrücke bekommen und neue Dinge sehen? Oder doch eine innerliche Unruhe? Mit dem gelebten Leben nicht so ganz zufrieden zu sein, wie eigentlich gedacht, gehofft oder erträumt? Sind diese Urlaube in Wahrheit eine Flucht vor dem Alltag? Vor der Arbeit? Vor unseren alltäglichen Verpflichtungen? Oder sind es am Ende ganz banale Gründe? Entspanntes Ausschlafen. Kein Wecker. Keine Meetings. Keine Telefonate. Mal keine Betten machen und der morgendliche Frage vor dem Kleiderschrank entfliehen? Einfach von der Routine ausbrechen? Ist es die Sucht danach nichts-tun?

Ich bin mir nicht sicher, ob es eine Wohltat für mich ist, 14 Tage auf einer Liege im Pauschalurlaub zu liegen und sich bedienen zu lassen. Den Kampf am Buffet als einzige Herausforderung zu haben. Das hin und her Überlegen, ob man nun einen Long Island Ice Tea oder einen Caipirinha bestellt. Welche Form und Farbe der Strohhalm hat, als größte Überraschung des Tages zu sehen. Oder lieber durch fremde Städte schleichen, um die Errungenschaften längst verstorbenen Menschen zu bewundern. Oder: Der Versuch, krampfhaft in der Landessprache ein Getränk zu bestellen, während der Kellner einen einfach nicht verstehen will. Aus welchem Grund auch immer. Ganz fies ist es dann festzustellen, dass er am Nachbartisch fließend mit den anderen Gästen aus der Heimat auf Deutsch spricht und Witze reist. Da glaubt man echt, im falsche Film zu sein. Und überlegt in diesem Moment krampfhaft, was man falsch gemacht hat oder was mit einem nicht stimmt.

Ein anderer Aspekt. Will ich mich im Urlaub lieber beim Sport auspowern und die Endorphin-Ausschüttung bis ans obere Limit bringen? Zurück ins Hotel kriechen, weil der Körper wegen der extremen Belastung einfach bei Null angekommen ist. Dann kommen noch die Postkarten. Auch wenn wir im WhatsApp- und Facebook-Zeitalter angekommen sind. Ich möchte meine Familie und meine Freunde an unseren tollen Erlebnissen teilhaben lassen. Das endet meist in einer krampfhaften Suche nach einem Laden mit Postkarten, der dann auch die passenden Briefmarken hat. Anschließend setzt man sich gemütlich irgendwo hin und möchte unbedingt einen tollen Einblick in seine schönste Zeit des Jahres geben. Und dann: Schreibsperre! Es folgt: „Tolles Wetter! Tolles Essen! Hoffentlich bis bald und liebe Grüße!“

Wieder zu Hause endet der Urlaub dann im Stress des Wäschewaschens. Bügeln, Aufräumen, Koffer verstauen. Ganz schlimm ist dann der erste Arbeitstag. Der Vormittag ist gefüllt mit hinreißenden Erzählungen. Der Nachmittag dann mit möglichst viel Aufarbeiten der liegengebliebenen Arbeit. Der reguläre Arbeitstag wird mit den ersten Überstunden gefüllt. Abends folgt der Urlaubs-Jetlag. Der mitgebrachte Wein schmeckt nicht so gut wie im Urlaubshort. Ich bin fix und fertig. Ich denke sehnsuchtsvoll an den letzten Urlaub. Aber an was genau? An das Ausschlafen? An die fremden Dinge? Die neuen Impressionen? Der Kampf, ein Getränk zu bekommen? Und an die Qual der Wahl, welches Getränk ich denn überhaupt bestelle? An die meetingfreie Zone? An das stille Telefon. An das totale Auspowern beim Sport. An das In-den-Tag-hineinleben? Ohne Verpflichtungen. Ohne Alltagsstress. Es scheint also eine Kombination von allem zu sein. Für mich zumindest.

Dorothy hatte leider nur bedingt Recht – trotz traumhafter roter Glitzerpumps. Nichts ist so schön, wie nach Hause zu kommen und seiner Fantasie über zukünftige Reisen freien Lauf zu lassen. Wohin wird es uns als nächstes ziehen? Und was werden wir dort alles erleben? Und natürlich: Welches Getränke werde ich bestellen und wird es am Ende auch serviert?

© by Marita Matschiner