Wetten, dass wir in unserem Urlaub viel Wind haben werden?

Durchpusten lassen – pic by Achim Matschiner

Und ich werde gewinnen! Denn: egal wo oder zu welcher Jahreszeit wir bisher unterwegs waren – der Mistral oder die Bora haben uns immer ein oder zwei Tage getroffen. Daher dachten wir uns dieses Jahr: stellen wir uns doch gleich darauf ein und besuchen mal den Norden. Und wenn wir gerade dabei sind, fügen wir zusätzlich noch auf unserer Liste von romantischen Urlaubszielen einen weiteren Haken hinzu. Es zieht uns nach Dänemark. Da ist es eh windig. Da gibt es, was das angeht, mal keine Überraschung.

Nun zu unserer romantischen Urlaubsvorstellung, die ungefähr so aussieht: Dünen, Sandstrände und Möwen. Heiße Schokolade mit Zimtschnecken. Milchreis und Fischfrikadellen. Jede Menge farbige Holzhäuser mit Reetdach. Lange Spaziergänge an der frischen Seeluft und sich mal richtig durchpusten lassen. Von daheim ist die Fahrt dorthin eine kleine Tortur. Trotz einer Übernachtung bei unserer Familie in Niedersachsen zieht sich die Strecke. Wohlweislich haben wir in Niedersachsen erst einmal unser Lieblingsbier eingeladen. Das gibt es nur dort. Wer also mal in der Nähe ist: Braunschweiger Feldschlösschen ausprobieren. Und bitte auch gleich eine oder zwei Kisten für uns mitbringen. Danke!

Das gemietete Holzhaus ist ein Träumchen. Schieferschwarz getüncht mit weißen Fenstern und Türen. Eine große Holzterrasse, die rund um das Haus führt. Dazu ein kleiner, aber schnuckeliger Garten. Genauso wie wir uns das vorgestellt haben. Der Strand ist nur hundert Meter zu Fuß entfernt. Die Möwen sind dort in Mengen unterwegs. Passt also schon einmal.

Der erste Einkauf erweist sich allerdings als Herausforderung. Ich verstehe kein Wort von dem, was auf den Verpackungen steht. Aber auch so gar nichts. Komme mir vor wie bei Ikea hoch zehn. (Ich weiß – Ikea ist schwedisch. Aber alle Dänen und Schweden werden mir hoffentlich verzeihen, wenn ich eine gewisse Ähnlichkeit sehe, lese und höre.)

Der erste längere Spaziergang endet erst einmal in einer Odyssee. Der Plan: am Strand entlang und durchpusten lassen. Das hat auch bis dahin ganz gut funktioniert. Wir folgen einer empfohlenen Wanderroute. Unsere Urlaubdestination zu Fuß erkunden. Alle Kleinigkeiten wahrnehmen und genießen. Auch geklappt. Unsere Hoffnung: in dem nächsten größeren Ort einen EC-Automaten aufstöbern. Wir müssen endlich irgendwie an die Landeswährung kommen. Eine Freundin hat mir freudig ihre letzten Dänischen Kronen mitgegeben. Nur mit denen war nichts zu holen. Es sind drei Konen. Drei Kronen reichen noch nicht einmal für einen Toilettengang. Aber das hatte sie bei der Übergabe bereits erwähnt – der Wert ist Peanuts. Nett war es trotzdem. Der Gedanke zählt. Während des Urlaubs sind diese drei Kronen in meiner Hosentasche – als gutes Omen quasi.

Wir sind bereits drei Stunden zu Fuß unterwegs. Ohne Wasser. Ohne Essen. Die Temperaturen liegen bei zirka 18 Grad und strahlendem Sonnenschein. Natürlich Wind. Eh klar. Endlich erreichen wir den nächsten größeren Ort, Fynshav. Dieser hat nur keine Bank. Auch keinen EC-Automaten. Von einem Restaurant keine Spur. Nur eine Döner-Imbissbude und einen Pizza-Lieferservice. Wir wollen nur noch nach Hause. Unser Held des Tages ist dann ein Busfahrer der Englisch spricht. Leider nimmt er keine EC-Karte. Auch keine Kreditkarte. Und Euro schon zweimal nicht. Dafür nimmt er uns ein Stück mit. Kostenfrei. Es bleiben uns noch zwei Kilometer zu Fuß bis zum Glück. Bis zum gemieteten Heim. Und als Sportler kann man mit dieser Distanz gut leben. Ein Klacks für uns. Dieser Busfahrer ist mein Held des Urlaubs. Von mir bekommt er einen virtuellen roten Supermann-Umhang als Auszeichnung. Der nächste Ausflug am darauffolgenden Tag geht nun wirklich in eine richtige Stadt. Dort gibt es EC-Automaten. Haben wir vorab von unserem Freund Google erfahren. Wollen einfach mal auf Nummer sicher gehen. Hier fühle ich mich auch in dem riesigen Lebensmittelladen gut aufgehoben und bin eher etwas überfordert von der europäischen Auswahl an Basislebensmitteln. Sogar unsere italienische Lieblings-Pasta-Sorte gibt es. Jetzt fühle ich mich noch wohler.

Es folgt ein Tag Flensburg. Einen Freund besuchen und ein bisschen in der Stadt bummeln. Wieder die Worte der Verkäufer und Kassierer klar und deutlich verstehen. Keine kreativen Querverweise ins Englische oder Holländische vermuten, um an eine Übersetzung zu kommen. Ja, ich weiß! Auch das gehört zum Auslandsurlaub. Aber mein Reflex mit „Sorry“ oder „Gracie“ zu antworten, bringt mir in Dänemark nur komische Blicke ein. In Flensburg gibt es dann noch die weltbesten Backfisch- und Matjessemmeln. Wir genießen diese in der Sonne direkt am Wasser auf einem Steg. Von den Möwen beäugt. Die hoffen nur darauf, dass uns etwas aus dem Brottütchen fällt. Das Ganze abgerundet mit einem Flens – Feldschlösschen gibt es hier ja nicht. Milchreis gab es noch nicht. Dafür die Zimtschnecke zum Frühstück. Sonne, Wind, Wasser, Zimtschnecke, Fischbrötchen und Möwen. Was will man mehr. Wieder ein paar Haken auf der Liste. Das wird. Auch wenn mir die Möwen hier etwas aufdringlich erscheinen. Aber gut.

Unsere morgendlichen Laufeinheiten sind geprägt von Sonnenschein, Nieselregen, Möwen auf den Feldern und jede Menge Nutztiere. Überall gibt es Kühe auf den Feldern. Pferde in allen Größen, Farben und Rassen. So schön down-to-earth. Ich entspanne völlig und erfreue mich an der Erfüllung meiner romantischen Urlaubsvorstellung.

Allerdings lerne ich zwei Sachen völlig unfreiwillig in diesem Urlaub. Zum einen sind hier Möwen überall und sie sind laut. Im Laufe der Zeit kann das ziemlich anstrengend werden. Und das Zweite ist leider eine Sache, die man nicht können muss. Die einem im Leben nicht weiter bringt. Privat und auch geschäftlich nicht. Aber ich kann das jetzt. Und wer weiß, vielleicht werde ich es irgendwann nutzen können. Ich hoffe aber ganz ehrlich – und das mit ganzer Seele und aller Inbrunst – , dass dieser Kelch an mir vorbeiziehen wird. In Dänemark gibt es noch ein weiteres Nutztier, welches im großen Stil gehalten und gezüchtet wird. Ich befürchte, ich werde diesen Geruch nie wieder vergessen. Schweinehaltung. Dieser Gestank ist das Schlimmste, was mir je begegnet ist. Es riecht so ekelerregend, dass ich darüber nachdenke meine Ernährung umzustellen. Bei dem ersten Wahrnehmen habe ich umgehend das geliebte Schweine- „Cordon bleu“ mit einem riesen roten Kreuz versehen. Ebenso bei Bratwürsten und Salami. Wenn du das Ausscheidungsergebnis von diesen süßen Tierchen mit der Steckdosennase und dem Ringelschwänzchen einmal in der Nase hast, ist es für mich erst einmal vorbei mit dem Schweinefleischgenuss. Glaubt es mir. Meine neu errungene Fähigkeit ist unter anderem mein negatives Mitbringsel aus dem romantischen Dänemark. Die Unterscheidung von Kuh-, Pferd- und Schweinemist anhand des Geruchs. Unverkennbar. Damit kann ich jetzt zu „Wetten-dass …“ gehen. Und ich würde schon wieder gewinnen.

         

         

© by Marita Matschiner

Tote Frösche in Gucci-Handtaschen, der lange Lauf mit mir selbst und wie geil ist es auf der Welt zu sein – ein Jahr roaring40s.eu

Juli 2016
Zauberhände
Meine Farbe für das Jahr 2017: WEISS und schön deckend. Aber niemals identisch mit Fingern und Fußnägeln.

The Mall
Keine Zeit für wahnwitzige Shoppingaktionen. Und eigentlich bin ich auch zu geizig geworden. Habe genügend Taschen. Schuhe. Schals. Mhhhhh, obwohl, kann man eigentlich nie genug haben.

Arbeitsloser Mülleimer
Ich rege mich jeden Tag aufs Neue auf. Immer und Immer wieder! Über die Rücksichtslosigkeit und kurze Denke der Bevölkerung.

Sales-Daunenjacke
Haben in der Zwischenzeit auch welche. Mehrere. Weil sie so schön bequem und leicht sind. Irgendwie praktischer als ein langer, schwerer Parker. Aber den liebe ich nach wie vor.

Spieglein, Spieglein an der Wand
Und täglich grüßt das Murmeltier.

Schön ist es auf der Welt zu sein
Bei Dieter war ich dieses Jahr leider nicht. Aber ich summe das Lied nach wie vor sehr gerne vor mich hin.

Was´n für´n Wetter?
Hey, die Wetter-Apps sind gar nicht soooo schlecht. Also hört auf zu jammern! Ich gebe mir ja auch Mühe. Und so eine App ist immer noch besser, als einen Frosch in der Handtasche. Der wäre auch nicht zuverlässiger mit seiner Prognose. Und vermutlich schon längst tot.

 

August 2016
Unkontrollierte Tränen
Kein Kommentar.

Fräulein Tongong!
Der Hund hat in der Zwischenzeit zirka 30 Spitznamen. Und es wird noch weitere geben, da bin ich mir ganz sicher.

45? Scheiß drauf!
Ein Jahr später. Fast ein Jahr älter. Meine Augencreme steht immer noch auf dem Nachttisch. Und meine Einstellung ist immer noch identisch. Nur jetzt merke ich das Älterwerden und verstehe was Mama, Papa und ältere Freunde immer meinen.

Der Schuh, der so ist, wie er ist
Wird immer noch getragen. Jeden Tag im Feierabend. Solange es trocken und warm ist. Leider hat das Leder eine Macke von unserem letzten Urlaub mitgenommen. Auf Grado („Mein Parkplatz. (Teil 3 Binsen-Land)“) habe ich extrem viel Mückenspray benutzt. Nach dem Motto: viel hilft viel. Das Leder ist jetzt matt mit leichter Maserung. Aber mei. A bissi Verlust ist immer.

Deko-Daumen
Wir haben unserem Garten noch eine Chance gegeben. Und geh schau: das Grünzeug wächst! Die Klematis hat momentan 23 riesige lila Blüten. Der Lavendel hat sich von der Höhe her verdoppelt. Nur der Rasen… der schwächelt. Da müssen wir dann wohl nächstes ja mal ran.

 

September 2016
Haarchaos” & Oktober „Haarchaos Reloaded
Sie wachsen wieder. Der Wunsch nach Veränderung wurde durch den langweiligen Wunsch nach einem Pferdeschwanz vereitelt. Privat kann ich jetzt schon wieder ein Pferdeschwänzchen tragen.

 

Oktober 2016
Kopfschütteln
Neue Putzfirma. Hochwertigere Papierhandtücher und keine Stopfaktionen mehr.

Schlechter Scherz
Irgendwie war es dann doch nicht nur ein Spaß. Genau genommen: aus Spaß wurde Ernst und der heißt Trump. Einen großen Vorteil hat die Sache: Europa verbündet sich. Die einzelnen Länder arbeiten enger miteinander als jemals zu vor.

 

November 2016
Scheiß auf Rollentausch
In dieser Fahrradfahrsaison (2017) sind die Radler noch hemmungsloser. Auf den kleinsten Straßen fahren sie nebeneinander und kommen nicht auf die Idee in Kolonne zu fahren. Egal ob ein Auto von hinten oder ihnen entgegen kommt. Habe bis jetzt zwei Mittelfinger gesehen und einer hat mir was hinterher gebrüllt. Mein Mann (als Beifahrer) wollte sich sogar mit einem Fahrradfahrer „unterhalten“.

Katja, eine Wassermelone und ich
In den letzten 12 Monaten habe ich die Innenstadt seltener besucht, als jemals zu vor. Sprich, online Shopping ist Standard geworden. Hiermit entschuldige ich mich ganz offiziell bei dem Einzelhandel.

 

Dezember 2016
Alles MEINS!
Ich kaufe einfach kein Nutella mehr. Einfach so. Ist von der Einkaufsliste gestrichen. Dafür durfte mein Vater bei seinem letzten Besuch den neuen Bounty-Cremeaufstrich versuchen. Und er war begeistert.

Jetzt mal von Frau zu Mann
Dieser Blog hat tatsächlich etwas bewegt. In meinem Umfeld gibt es Männer, die jetzt ein bisschen mehr auf sich achten. Und die die ich damit meine, wissen wen ich meine. Danke dafür.

Someday At Christmas
Ich höre das Lied auch im Sommer. Immer dann, wenn ich an meinen Mitmenschen, der Weltbevölkerung und der ganzen Welt zweifle. Denn dieses Lied gibt mir Hoffnung. Hoffnung auf Vernunft. Hoffnung auf Menschlichkeit. Hoffnung auf eine bessere Welt. Irgendwann. Nicht nur zur Weihnachtszeit.

God safe the Social Commitee
Bin gespannt, was die nächste Weihnachtsfeier für Gesprächsstoff bieten wird. Die Planungen laufen auf Hochtouren und der Termin steht fest.

 

Januar 2017
Zahnfee
Meine Zahnfee sieht mich nach wie vor regelmäßig und sie hat sich sehr über meine positiven Artikel gefreut. Wir duzen uns auch in der Zwischenzeit.

Und die Chöre singen für mich!
Ich bin gespannt, wann mir mein Sommerhit 2017 aus den Ohren hängt. Die Radiosender geben alles, dass das möglichst bald geschieht.

 

Februar 2017
Er. Wir. Ich!
Es hat sich nichts geändert. Der Mann ist die erste Ansprechperson. Wie gesagt, das wird noch Generationen benötigen, bis das in unser aller Köpfe als Normalität abgelegt ist. Jedoch, ich bin kritischer geworden. Jetzt muss ich mir selber zwischendurch an die Nase fassen.

 

März 2017
No Games – Just Sports!“
Und sie läuft und läuft und läuft. Mal mit Hund. Mal ohne.

 

April 2017
Unser italienischer Marktplatz
Wird jeden Morgen bis zur letzten Minute von jedem genossen. Bis auf eine Person. Um etwas zu ändern führte sie Gespräche mit Führungspersonen, Site Leader und dem Betriebsrat. Jetzt sitzt sie woanders.

 

Mai 2017
Guckst Du Himbeertörtchen
Seit ich „Bitte ein Himbeertörtchen“ sage, geht es ganz schnell. Rumstottern ist nur unnötige Zeitvergeudung. Daher: klare Worte.

Auf in das Binsen-Land (Teil 1)
Vorbereitung zur ersten Urlaubsfahrt mit Eda. In der Vorbereitung sind wir in der Zwischenzeit richtig gut eingespielt. Keine Diskussionen mehr ob eine Rolle Toilettenpapier oder zwei.

 

Juni 2017
Living on the Etsch (Teil 2 Binsen-Land)
Daheim habe ich noch keinen einzigen Maikäfer gesehen. Dafür jede Menge Glühwürmchen. Ist aber eine super gute Alternative.

Mein Parkplatz. (Teil 3 Binsen-Land)
Ich hoffe Gernot und Siegried geht es gut und sie hatten einen tollen Urlaub mit Ihren Kindern und Enkelkindern.

Das ist die Zusammenfassung meiner ersten zwölf Monate online, mit diesem Blog. Wer weiß was das zweite Jahr bringt. Die ersten Erlebnisse stehen ja bereits online. Weitere werden garantiert folgen. Danke an Euch! Für Eure Treue und das positive Feedback, dass mir immer wieder als Motivation dient.

 

© by Marita Matschiner

 

Ode an den Anderwald (Teil 4 Binsen-Land)

Anderwald mit Herz – pic by Achim Matschiner

Oh Anderwald am Faaker See.
Scheiß aufs Dichten. Chardonnay!

Ich versuche möglichst vorurteilsfrei zu sein. Aber gerade bei dem Thema Campingplatz kann ich schlecht aus meiner Haut. Da habe ich eine Menge Vorurteile. Sehr viele! Aber der nächste Halt ist ein Campingplatz mit einer mir sehr zusagenden Gemütlichkeit und das auch noch auf hohem Niveau. Was ich hier vorfinde, lässt mich viele meiner Bedenken und Vorurteile direkt und ohne Umschweife in die Tonne treten. Aber jetzt erst einmal von Anfang an. Gemeint ist der Campingplatz Anderwald direkt am Ufer des Faaker Sees.

Wir fahren mit Schrittgeschwindigkeit durch die Einfahrt der Anlage. Die Anmeldung ist im Haupthaus, auf halber Strecke zum See. Durch eine kleine Allee, die rechts und links mit natürlich wachsenden Kiefern und wilden Büschen die Stellplätze vom Hauptweg trennen, wird der Faaker See immer mehr zum Zentrum der Aussicht. Überall auf dem Platz finden sich kleine nette Dekorationselemente. In einer Ecke steht eine alte Holzgartenbank mit einer Laterne an der Armlehne. Im Baum gegenüber hängt ein alter Alukochtopf mit einer eingepflanzten Geranie. Wie süß. Wir dürfen uns einen Platz aussuchen. Egal wo! Natürlich parken wir in der Nähe vom Restaurant, den Waschräumen, Duschen und Toiletten. Wo sonst? 😉

Ich inspiziere erst einmal die Hygieneräume. Hinein ins Haupthaus. Rechts für Herren, links für die Damen. Ich fühle mich leicht überfordert von den vielen Türen. Ich wähle eine nach dem ene-mene-muh-Prinzip aus und finde mich in einem großen Raum wieder. Mit weiteren Türen. Ich komme mir vor wie Alice im Wunderland. Nur mit dem Unterschied, dass diese Türen zu den Toiletten, Dusch- und Waschräumen führen und nicht in eine neue, fantastische Welt. Naja. Irgendwie dann doch in eine für mich neue und fantastische Welt. Denn dezente, sanfte Musik wabert an meine Ohren. Es riecht ganz leicht nach einer Blumenwiese. Alles ist in warmen, hell orangenen Tönen gehalten. Es ist sauber, ordentlich und auch hier überall dezente, liebevolle Deko. Bin ich wirklich auf einem Campingplatz?

Zurück zum Stellplatz. Jetzt erst einmal schnell aufbauen, einrichten und dann duschen. Endlich duschen! Ohne Zeitdruck. Ohne Aussicht auf Wassermangel. Und vor allem temperierbares Wasser. Jede abschließbare Duschkabine hat einen eigenen Vorraum. In diesem kann man seine Klamotten und den Kosmetikbeutel sauber aufhängen oder auf einen Stuhl legen. So bleiben sie während der Saubermachaktion auch trocken. Da hat einer echt mitgedacht. Nach der Dusche kann man seiner weiteren Körperpflege im Duschvorraum nachgehen oder in den Großraumbereich (Hallenbad ähnlich) umziehen. In Anderwald hat man aber noch eine dritte Alternative: die Waschbeckenräume. Hier gibt es jeweils einen großen Spiegel mit Stromanschluss und genügend Ablage und Platz um sich auszubreiten. Ganz großes Kino: beim Blick in den Spiegel erschrickt man nicht!  Wie in so manchen Bekleidungsläden. Selbst nicht nach einer Woche VW-Camping mit Autospiegel oder dem kleinen Klappbaren aus der Handtasche. Diese beiden zeigten mir in der letzten Woche nämlich nur einen kleinen Teil des realen Wahnsinns. War vielleicht auch gut so, nur einen Ausschnitt zu sehen. Nicht so in Anderwald. Endlich mal ein Spiegel der was kann. Das Licht ist angenehm warm und holt nicht die roten Äderchen und sonstige Mängel hervor. Es intensiviert nicht die Makel an unseren Körpern. Die, die wir so schön zu verdrängen oder zu straffen versuchen. Anderwald hat die perfekte Beleuchtung um sich wohl zu fühlen. Nicht nur in den Räumen, auch in seiner Haut. Großartig. Ein ausdrückliches und persönliches Dankeschön von Frau zu Anderwald.

Die Rundbürste kommt zum Einsatz und ich habe endlich mal wieder eine Frisur. Die Wimperntusche sitzt dort, wo sie sitzen soll. Ich sehe mal nicht aus wie ein Waschbär! Sauber und frisch eingecremt fühle ich mich wieder mit mir im Reinen. Glückselig lächelnd komme ich zurück zum Stellplatz. Selben Gesichtsausdruck finde ich bei meinem frisch geduschten und rasierten Mann. Eine Dusche und ein Spiegel sind nach so einer Urlaubswoche tatsächlich purer Luxus. Witzig, wie selbstverständlich man das im normalen Alltagsleben nimmt. Was viele leider gar nicht zu schätzen wissen.

Von außen ist jetzt alles tippi toppi. Jetzt fehlt noch das innere Wohlsein. Essen gehen! Das Restaurant ist bereits um 17:30 Uhr gut besucht. Wir finden trotzdem einen hübschen Platz auf der Terrasse mit Sicht auf den See. Das Restaurant hat eine gut gemischte Karte. Es findet sich für jeden etwas. Für den Pizzaliebhaber, den Gourmet-Genießer und auch für die kleinen Menschen dieser Welt. Das Essen ist phänomenal. Als Nachtisch bestellen wir uns einen Kaiserschmarrn. Die Bedienung schaut uns etwas verwirrt an. „Ähhh…. Das ist echt viel Kaiserschmarrn! Die meisten schaffen das nicht nach einem Hauptgang.“ Wir lassen uns nicht beirren und sind hocherfreut als eine riesige gusseiserne Pfanne, gefüllt mit der weltbesten Mehlspeise, serviert wird. Wir müssen kämpfen. Kämpfen! Geben nicht auf. Schaffen es gerade mal so. An der bestens sortierten Bar kaufen wir uns im Anschluss noch eine Flasche eiskühlten Wein. Mit Blick auf den Sonnenuntergang am See genießen wir unter unserer Markise noch den guten Tropfen und kriechen anschließend glückselig in unsere frisch aufgeschüttelten Schlafsäcke.

Der nächste Morgen. Erst einmal Laufen gehen. Bietet sich ja an. Auf der anderen Seite der Uferstraße ist ein großer Wald mit einem fantastischen Trimm-dich-Pfad. Dieser ist ein absoluter Träum. Nicht diese halb verrotten Hüpf-Holzbalken und verrosteten Klimmzugstangen. Da haben sich einige kreative Köpfe ausgetobt. Es gibt ungefähr 30 verschiedene Übungseinheiten, die völlig harmonisch ins Waldleben eingebettet sind. Vom Fitnesstest gleich zu Beginn bis hin zum ebenerdigen Trampolin. Nach einer sauber- und glücklichmachenden Dusche, beratschlagen wir bei einem Kaffee den nächsten Schritt.

„Wir können ja doch noch eine Nacht bleiben.“ Wie bitte? Was? Wer? Wie? War das etwa ich? Ups. Die Worte sind einfach so aus meinem Mund geflutscht. Erst denken, dann reden! Aber ja, es ist wahr. Tief in meinem Inneren würde ich gerne noch bleiben. Camping Anderwald hat es geschafft, mir meine Phobien ein bisschen zu nehmen. Die Tür ist einen Spalt geöffnet. Offen für diese Art Urlaub. Dank Anderwald und deren Leidenschaft für Kleinigkeiten. Das Ambiente. Die Herzlichkeit. Die Sauberkeit. Für das Mitdenken und das Verständnis für das, was man(n) und Frau auch im Urlaub brauchen, bevorzugen und auch zu schätzen wissen. Ja, ich stehe dieser Urlaubsmöglichkeit nun etwas offener gegenüber.

Leider zieht es mittags zu. Es wird kalt und regnerisch. Sorry, aber hier ist jetzt meine Camping-Grenze erreicht. Bei strömenden Regen und Kälte mag ich nicht zu zweit, mit einem großen Hund, in einem VW-Bus campieren! Auch nicht in Anderwald. Trotz inbrunstartiger Gebete an Petrus – er zeigt kein Erbarmen. Die Sonne zieht sich immer weiter hinter den Horizont zurück und die Regenwolken verdichten sich. Tja, das Wetter hat man nicht im Griff. Den Standort aber schon. Wie wir bereits in Glurns und auf Grado unter Beweis gestellt haben, nutzen wir die Freiheit des Bully-Lebens und brechen auf. Auf zu neuen Erlebnissen. Auf zu neuen Erkenntnissen. Auf zur neu gewonnenen Freiheit. Denn jetzt geht’s ans Eingemachte: Wildes Campen steht auf dem Plan.

Randinfo: Der Chardonnay war ein Grüner Veltliner aus der Region. Aber wäre „Oh Anderwald am Faaker See. Scheiß aufs dichten. Grüner Veltliner!“ wirklich besser gewesen?

         

         

© by Marita Matschiner

Mein Parkplatz. Mein Stromanschluss. Mein Stein. (Teil 3 Binsen-Land)

Zimmer mit Aussicht – pic by Achim Matschiner

Bella Italia! Genau das trifft es. Ich freue mich jedes Mal auf dieses fantastische Land. Es hat alles zu bieten, was ich benötige. Sonne, Pasta, Vino und Schuhgeschäfte. Im Idealfall auch Strand und Meer. Unser Ziel der dritten Etappe kennen wir in- und auswendig. Dort gibt es viel Strand und viel Meer. Grado. Eine zuckersüße kleine Insel in der Nähe von Triest. Schon die Fahrt ist beeindruckend. Über eine Brücke vorbei an den ersten Fischer- und Segelbooten. Alle Fenster runtergefahren und erst mal kräftig durchatmen. Es riecht nach Salzwasser. Nach Fisch. Nach Abenteuer. Vor allem für uns. Der erste Grado-Urlaub ohne gebuchtes Apartment. Ohne Garten und ohne Pool. Das erste Mal ohne den Luxus einer Küche. Ohne Badezimmer mit der selbstverständlichen Dusche und Toilette. Das erste Mal mit und in unserem umgebauten VW Bus „Eda“.

Orientieren müssen wir uns nicht. Nach regelmäßigen Aufenthalten in den letzten 12 Jahren, sind wir mit der Umgebung vertraut. Der Weg führt direkt zu einem öffentlichen Wohnmobilparkplatz. Es gibt zwei Auswahlmöglichkeiten. Der eine Stellplatz ist supernah am Strand, aber ohne alles. Kostet dafür nur 6 € pro Tag. Der Zweite liegt direkt dahinter. Dieser kostet zwar etwas mehr, bietet dafür aber auch Stromanschluss, Frischwasser und Entsorgungsmöglichkeit der Chemietoilette. Die haben wir zwar nicht, aber den Strom nehmen wir dankbar an. Wir finden den für uns perfekten Platz: direkt am Rand mit einer riesen Rasenfläche. Eine große Hecke am Kanal schirmt uns zur angrenzenden Straße ab. Zwei ausgewachsene Bäume spenden uns Schatten und sind ideal, um unsere Solardusche aufzuhängen. Der Supermarkt ist nur fünf Minuten zu Fuß entfernt. Der Strand ungefähr zehn. Und das Schönste an allem: der Stellplatz ist ziemlich leer und der nächste Wagen steht weit weg. Wir sind quasi alleine. Meine Gedanken überschlagen sich: wir stehen mit Eda auf einem Betonparkplatz für zirka 100 Wohnmobile. Mit nichts weiter als einem Stromanschluss. Und hier wollen wir ein paar Tage Urlaub machen? Habe ich mir das wirklich so vorgestellt? War das der Plan, dem ich zugestimmt habe? Anscheinend. Muss wohl geistig nicht ganz auf der Höhe gewesen sein. Jetzt aber die Gedanken ausblenden und die Arschbacken zusammenkneifen. Auspacken, aufstellen, einrichten und wohlfühlen. Wir sind ja in der Zwischenzeit ein gut eingespieltes Team. Haben aus den ersten Lektionen zu Organisation und Logistik gelernt. Jetzt das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen verlieren: ein paar Tage abschalten. Lecker Essen. Entspannen. Ruhe im Dolce-Vita-Land.

Nach dem ersten Lebensmittel-Shopping, lassen wir es uns beim Sonnenuntergang mit Oliven, Tomaten, Käse und Brot gut gehen. Bei warmen Temperaturen, ohne Pilgerreisende (Teil 2 vom Binsen-Land) um uns rum. Dafür haben wir dieses Mal andere Action: Mücken. Mein lieber Herr Gesangsverein. Trotz mitgebrachtem Anti-Mücken-Zeug lassen sie uns nicht in Ruhe. Am Abend habe ich die ersten, wie verrückt juckenden Mückenstiche. Ebenso mein Mann. Nur der Hund ist verschont geblieben. Mein Allheilmittel Ouzo (zur inneren und äußeren Anwendung) versagt leider kläglich. Ich verbringe die erste Nacht mit kratzen oder eher mit der Konzentration es NICHT zu tun und einem Surri. „Morgen ist alles wieder gut!“ rede bzw. lalle ich mir ein. Meine Vorfreude auf einen morgendlichen Kaffee im Sonnenaufgang lässt mich die Nacht überstehen.

Am nächsten Morgen stelle ich fest, dass sich leider nicht alle an meinen Plan halten. Die Mücken sehen die Sache irgendwie anders. Denn im Sonnenaufgang sind die fliegenden Kerlchen lebensfroh und wollen nichts Anderes als Frühstücken. Und da wir wohl die einzigen wachen Menschen auf ganz Grado sind, kommen alle Grado-Mücken zu uns. Sie verzichten darauf, uns einen guten Morgen zu wünschen und starten direkt mit ihrem Frühstück. Ich flüchte in Eda und knalle die Tür hinter mir zu. Den Start in den Tag habe ich mir wirklich anders vorgestellt. Während meiner Schmollphase verabschiedet sich der Sonnenaufgang und ebenso die Mücken. Dafür kommt der neue Nachbar. Ein riiiesen Wohnmobil parkt genau auf dem übernächsten Stellplatz. Bitte jetzt kurz innehalten und sich an den vorletzten Absatz erinnern: der Parkplatz ist ziemlich leer und riesig. Er parkt aber genau bei uns!

Ich gebe der Vernunft nach und komme wieder hervorgekrochen. Mein Mann geht erst einmal mit dem Hund Gassi und lässt mich mit einem Kaffee, zum wach werden, alleine. Nach dem ersten Becher meldet sich mein Darm. Shit. Keine Zeit zur nächsten öffentlichen Toilette zu rennen. Muss jetzt ganz schnell gehen. Da kommt Pippilotta an den Start. Unsere kleine transportable Toilette mit Deckel. Ein bisschen klein, aber in so einer Situation ist mir das scheißegal. Sie hat eine Mülltüte, gefüllt mit Katzenstreu, als Innenleben. So kann man nach seinem Geschäft die Tüte einfach aus der Eimertoilette nehmen und in dem Normalmüll entsorgen. Praktisch. Umweltfreundlich. Sauber. Nur wo stelle ich sie hin? Klar, wir sind ziemlich einsam. Aber Fußgänger kommen trotzdem gelegentlich an unserem Grundstück vorbei. Mal von dem neuen Nachbarn ganz abgesehen. Lösung: Pippilotta darf mit in den Wohn-/Schlafraum von Eda. Während Pippilotta und ich unsere erste nähere Bekanntschaft machen, kommt durch die Hecke ein älteres Paar. War ja klar. Schwupp, den Schlafsack über die Beine gezogen und Kaffeebecher in die Hand genommen. Ich hoffe, ich sehe einfach nur wie eine erwachende Camperin mit Kaffeebecher aus. Jetzt nur keine üblen Geräusche machen. Die beiden grüßen freundlich und ich nicke lächelnd und still zurück. Ich wirke wohl genau wie eine Camperin mit Kaffeebecher in der Hand. Puh, Glück gehabt. Pippilotta hat eindeutig ihre Daseinsberechtigung in Eda unter Beweis gestellt. Trotz Schmunzler von manchen Freunden und Nachbarn bei der Erzählung der Anschaffung. Jetzt wird sie zum Standardinventar befördert. Hat immerhin meinen Arsch gerettet.

In der Zwischenzeit packen unsere neuen österreichischen Nachbarn, Gernot und Siegried, aus. Als die riesige Kofferraumtür nach oben aufgeht, traue ich meinen Augen nicht. Gernot hat seine eigene Werkstatt dabei! Tim Allen aus „Hör mal wer da hämmert!“ wäre neidisch. Alles hängt ordentlich an seinem Platz. Nach Größe und Werkzeugart sortiert. Schmunzler für uns (und der liebe Gott meint es gut mit uns): Gernot ist nicht groß genug um an den Griff vom geöffneten Kofferraumdeckel zu kommen. Er muss hochhüpfen und gleichzeitig versuchen, ein eigens dafür angebrachtes Band zu erwischen, um seine Werkstatt wieder zu schließen. Was er allerdings mehrmals am Tag macht. Und wir haben jedes Mal unseren Spaß.

Gernot ist äußerst redselig und sucht ständig Kontakt. Sie kommen jedes Wochenende und jeden Urlaub hierher. (Aha.) Und stehen dann genau auf dem Platz, auf dem wir eingecheckt haben. (Sorry.) Machen sie schon seit Jahren. (Toll für euch.) Er war früher bei dem Österreichischen Bundesheer – waren tolle Zeiten. Ganz anders als heute. (Ja, ne, klar.) Alles Dinge, die wir gar nicht wissen wollen. Bis auf eine Info: Morgen kommt ihre Tochter mit ihren zwei Jungs und dann werden sie die ganze Woche gemeinsam Familiencampen. Da freuen sich Gernot und Siegried schon seit Monaten drauf. Die Jungs sind richtig tolle und aktive Kinder. Rennen rum und spielen lautstark. (Super. Danke für die Info. Schreit nach einer Planänderung.) Als Gernot uns am Spätnachmittag fragt, ob er einer von unseren großen Steinen von unserem, eigentlich seinem, Parkplatz haben kann (wir haben uns schon gewundert, warum die daliegen), teilen wir ihm mit, dass wir am nächsten Morgen weiterziehen. Er schaut uns leicht enttäuscht an und murmelt ein „Schade, ihr seid so nett.“ und verzieht sich zu Siegried. Insgeheim reibt er sich vor Freude die Hände. Sein Parkplatz wird frei.

Der nächste Morgen. Bei uns ist alles verstaut. Wir verabschieden uns von den Nachbarn. Er drückt uns schnell zwei Abschiedsgeschenke in die Hand. Für meinen Mann einen selbstgebastelten Schlüsselanhänger mit einer Munitionshülse. Ich bekomme ein selbst geklöppeltes Armband mit einem Cent-Stück-Anhänger dran. Hat er gestern Abend für uns gebastelt. Als Erinnerungsgeschenk. Wir bedanken uns artig und sprechen noch bewundernde Worte über seine handwerklichen Fähigkeiten aus. Als wir rückwärts von unserem Stellplatz fahren, lässt Gernot sein riesen Wohnmobil an. Er steuert mit Hilfe von Siegrieds Anweisungen direkt auf unseren ehemaligen Urlaubsplatz zu. So schnell können wir gar nicht schauen, ist unser Betonplatz schon wieder neu besetzt. Sie winken uns kurz und fangen sofort an sich wieder häuslich einzurichten. Stühle raus. Tisch an den gewohnten Platz. Und die Markise wird mit Hilfe von einem stabilen Band erst einmal an dem riesen Stein, der da also nicht einfach so zufällig rumliegt, befestigt – damit ihr ja kein Sturm etwas anhaben kann. (Aha – dafür war der also gedacht.) Sie haben nur drauf gewartet, dass wir wegfahren.

Irgendwie kam ich mir vor, wie in einem All-inclusive Urlaub. Totale Berechnung. Totale Taktik. Totales Selbstverständnis: „Mein Handtuch. Meine Liege. Hier lieg ich immer!“. Gibts wohl auch bei Campern: „Mein Parkplatz. Mein Stromanschluss. Mein Stein.“

Fortsetzung folgt.

PS: Wer etwas mehr über Grado und seine Bewohner erfahren möchte, sollte das Buch von Stefan Maiwald „Laura, Leo, Luca und ich“ lesen.

PS2: Und wer eine Reise  dahin unternehmen möchte, hier gibt es die passende Unterkunft (und zwar nicht auf einem Betonstellplatz).

© by Marita Matschiner

Living on the Etsch (Teil 2 Binsen-Land)

Vanlife – pic by Achim Matschiner

Eine unruhige Nacht habe ich hinter mir. Was werden wir in unserem ersten Urlaub mit und in Eda wohl alles erleben? Ich weiß so gar nicht was auf mich zukommt. Meine Gedanken und Bedenken hierzu habe ich ja bereits im ersten Teil von „Auf in das Binsen-Land“ kundgetan. Egal. Zwischendurch muss man auch mal über seinen Schatten springen und Dingen eine Chance geben. Also Augen zu und durch.

Ein Stau auf unserer geplanten Route zeigt gleich einmal die Vorteile von einem VW-Bus Urlaub: wir sind ungebunden, terminlos und völlig flexibel. Daher runter vom Highway und Richtungsänderung. Statt wie ursprünglich angedacht, nach Österreich zu fahren, landen wir in Glurns, Südtirol. Dort gibt es einen kleinen Campingplatz, der nur 5-10 Minuten zu Fuß von der City entfernt ist. Gut der Begriff „City“ ist jetzt ein bisschen übertrieben. Glurns ist ein kleines, supergemütliches Örtchen. Es bietet die Möglichkeiten und Läden, die man im Leben so braucht. Bäcker, Metzger, Eisdiele, Restaurant, Schuhladen. Und eben einen Campingplatz. Direkt an der Etsch.

Den Stellplatz dürfen wir uns selber aussuchen und wir entscheiden uns für einen leicht schattigen, etwas abgelegenen Platz. Natürlich mit schnell zu erreichenden Hygieneräumen. Zuerst der Weg zu genau diesen. Ja, das passt. Sauber. Keine Spinnweben in den Ecken. Ablageflächen für den Kosmetikbeutel und Haken für die mitgebrachten Handtücher. Kein Toilettenpapier. Aber das ist nicht tragisch. Denn als gut vorbereitete Camper haben wir ja unsere eigene, mehrlagige Rolle dabei. Und wenn ich die Wahl zwischen dem selber käuflich erworbenen, weichen Papier und dem kostenfreien, grauen, recycelten habe, weiß ich genau welches meins sein wird.

Vor dem ersten Aufbau eine kurze Abstimmungsrunde darüber, wer wofür zuständig ist. Das mündet dann auch gleich einmal in eine Mini-Diskussion. Was genau wir alles für einen Tag Aufenthalt benötigen. Und was demzufolge ausgepackt werden muss. Wo wir es sinnvollerweise auf- bzw. hinstellen. Was genau kommt aus den zwei Kisten, die in der eingebauten Truhe stehen, überhaupt zum Einsatz? Denn diese zwei Kisten sind genau genommen unsere Küche. Darin befindet sich alles, was der Mensch für Küchenaktivitäten benötigt. Geschirr, Flaschenöffner, Wasserkocher, Töpfe, Kaffee, Nudeln, Öl und zwei Dosen Thunfisch. Im aufgebauten Zustand versperrt unser Bett den Zugang zu dieser Truhe. Daher: erst grübeln – dann dübeln. In einer Beziehung ist Kommunikation ganz oben auf der To-Do-Liste. Und bei einem VW-Bus-Urlaub noch viel weiter oben! Diese Erkenntnisse haben wir schnell begriffen. Der erste Aufbau verläuft nach den anfänglichen – ich nenne es mal Herausforderungen – doch äußerst stressfrei.

Jetzt erst einmal das Ankommen und den erfolgreichen Aufbau genießen. Dazu gehört ein Glas schön gekühlter Weißwein. Denn dieser dürfte während der Fahrt, in unserer tragbaren und strombetriebenen Kühleinheit, seine richtige Temperatur erreicht haben. Gute Investition. Ach, wie schön. Ruhe, Vogelgezwitscher und eine totale Überraschung: Maikäfer-Gebrumme. Die habe ich seit Jahren nicht mehr gesehen. Hier wimmelt es von diesen, wie ich finde, traumhaften Brumm-Käfern. Totale Kindheitserinnerung. Leider bereits fast ausgestorben. Nur nicht in Glurns. Da gibt es ganz viele davon.

Nach unserer ersten Kochaktion auf unserer neuen gasbetriebenen Kocheinheit, nehme ich den ersten wirklichen Job einer Camperfrau wahr. Ich marschiere mit den Spülutensilien und dem dreckigen Geschirr zum Geschirrwaschraum. Der Raum ist sauber, riecht nach Spülmittel und ist gekachelt. Warmes Wasser kostet 1€. Damit kann ich leben und spendiere unserem Geschirr erst einmal eine warme Dusche. Ich gehe meinem Job nach und bin begeistert, wie sich umgehend ein lockeres Gespräch mit dem Campingnachbarn entwickelt. Dieser wurde von seiner Frau verdonnert den Salat zu waschen und zu putzen. In den kommenden Stunden sehen wir ihn noch öfter. Ebenso seinen Hund. Seine Frau ward nur in der Ferne gesehen. Wie sie das Küchenhandtuch zum Trocknen über die selbst aufgespannte Wäscheleine hängt und ihre Flipflops vor dem Womo abstellt. Das lässt mein Herz doch gleich höher springen: genau so habe ich es mir vorgestellt. Totales Camping-Klischee. Amüsier!

20:00 Uhr. Der erste Camper steuert mit Handtuch und Kulturbeutel bewaffnet in Richtung Waschraum. Und schon geht die Pilgerei los. Von allen Ecken und Enden, jedes Geschlechts, jeden Alters, laufen unsere Tagesnachbarn zum Waschraum und starten die abendliche Routine. Gesicht waschen. Zähne putzen. Die Akustik, die aus dem Waschraum zu uns rüber wabert, bestätigt meine Vermutung: der Waschraum scheint das Tagblatt vom Campingplatz zu sein. Hier treffen sich alle bei Sonnenuntergang und kommen ins Gespräch. Tauschen sich über ihre Erlebnisse aus. Erzählen Witze, lachen. Selbstredend amüsieren wir uns darüber, wie unsere Vorstellungen sich von Stunde zu Stunde bewahrheiten. Gegen 22:00 Uhr sind wir die einzigen noch wachen Gäste (wir Hippies!). Nach dem stillen Besuch im Waschraum wird alles verräumt und ab in den Schlafsack. Das Sandmännchen sagt ziemlich schnell „Grüß Gott“ und nach ein paar Aufschreckmomenten á la „Was für ein Geräusch?“, „Schleicht da einer um uns rum?“ verbringen wir die erste Nacht in Eda im vollkommenem, wohltuenden Schlaf.

Einen Haken hat der nächste Morgen allerdings. Mein Mann ist Frühaufsteher (5:00 Uhr). Er lehrt den Hund aus, gibt ihm Frühstück und schickt ihn zurück ins Bett. Hierfür haben wir alles soweit bedacht: Frühstück für Hund und Hundekacktüte waren griffbereit. Nun würde sich mein Mann erst einmal einen Kaffee genehmigen. Wenn denn der Kaffee und der Wasserkocher greifbar wäre. Leider haben wir im Planungseifer wohl vergessen, diese aus einer der Kisten in der Truhe zu nehmen. Der Weg dorthin wird leider vom Bett und der schlafenden Ehefrau versperrt. Er sitzt daher mit einem käuflich erworbenen Camping-Automatenkaffee im weißen Plastikbecher (1€) vor Eda und wartet auf seine erwachende Frau. Was sie dann auch eine Stunde später tut. Während wir unseren Wunschkaffee trinken, startet die Pilgerreise aufs Neue. Schlafanzüge und bunt gemusterte Nachthemden schlürfen mit zerzausten Frisuren Richtung Waschhaus. Amüsier. Amüsier.

Nach der sorgfältigen Planung der nächsten Etappe, dem ordnungsgemäßem Abbau und der sicheren Verstauung unserer Stühle, Tisch, Wasserkocher und weiteren Dingen, sind wir startklar. Startklar unsere Erfahrungen bezüglich griffbereiter Utensilien für den nächsten Morgen, beim nächsten Halt, umzusetzen. Während wir von unserem Stellplatz fahren, der für 14 Stunden unser Garten und unsere Terrasse war, winken uns die Nachbarn vom Frühstückstisch aus zu. Sie beißen gerade in ihr selbst geschmiertes Marmeladenbrot, füllen Plastikbecher mit einer dampfenden Flüssigkeit aus einer Thermoskanne. Nette Menschen. Freundliche Nachbarn. Ganz so falsch lagen wir wohl nicht mit unseren Camping-Vorstellungen. Mal sehen, ob diese bei unserem nächsten Stopp in Italien, auch erfüllt werden. Denn: anderes Land, andere Sprache, andere Sitten. Auch andere Camper?

Fortsetzung folgt.


© by Marita Matschiner

Auf in das Binsen-Land (das geht in die Binsen) Teil 1

 

Da stehen wir nun: zirka 24 Stunden vor Abfahrt. Der Abfahrt in den Urlaub. Erst einmal nichts Ungewöhnliches. Ist ja nicht der erste Urlaub. Aber der erste Urlaub mit unserem neuen VW Bus. Diesen hatten wir im September letzten Jahres gekauft und in den vergangenen Monaten entsprechend umgebaut. Das Ziel: eine Traumerfüllung von meinem Mann. Genügend Platz, um seinen sportlichen Hobbies ohne große Umbauaktionen des Autos oder der Sportgeräte, nachzugehen. Zusätzlich stehen nun gemeinsame Kurzausflüge mit Übernachtungen auf dem Plan. Um aber erst einmal richtig in dieser für mich neuen Welt anzukommen, starten wir mit einem richtigen Urlaub.

Ich mache gerne Urlaub. Wer auch nicht. Ich gehöre nur nicht zu den Hotelurlaubern. All-inclusive ist auch nicht so meins. Kann ich aber auch durchaus genießen. Aber Campen? Dieser Begriff zusammen mit meinem Namen in einem Satz? Ähh, einfach nur NEIN! Campen steht noch nicht einmal ganz unten auf meiner Wunschurlaubsliste. Da finden eher noch TUI und der Robinson Club einen Platz. Wenn auch ganz, ganz unten.
Ich bevorzuge ein kleines Häuschen oder zumindest eine Wohnung ganz für mich, meinen Mann und meinen Hund. Aufstehen wann man will. Nämlich morgens zwischen 6:00 – 7:00 Uhr. Tun was man will. Essen wann man will. Keine Kämpfe um die Sonnenliegen in der besten Lage oder sogar Handtücher in aller Herrgotts früh verteilen. Sonnenliegen um den Pool herum oder sogar gegen Cash am Strand. Fehlt nur noch das Wiener Schnitzel und das Bayrische Weißbier. Pah. Nein Danke!

Ich möchte dort einkaufen, wo auch die Einheimischen einkaufen gehen. Die Lebensmittel und den Weißwein käuflich erwerben, wie alle anderen die in diesem Ort leben. Lieber in einem kleinen einheimischen Restaurant essen gehen und nicht an der Promenade, wo jeder Touri abgezockt wird. Noch besser ist es allerdings, wenn mein Mann selber kocht. Denn dann habe ich eine Win-Win-Win Situation. Ja, gleich Dreimal. Erstens, weil es sensationell schmeckt. Zweitens verwenden wir nur die landestypische Lebensmittel. Und drittens: er baut noch besser seinen beruflichen Stress ab. Win-Win-Win eben.

Wieder zurück zum Bulli. Dieser wurde nach unserem Traumdomizil „Villa Eda“ benannt. Bulli Eda. Neben Standheizung, kompletter Wärmeisolierung und Parkettboden, hatten wir uns entschieden eine Sitzreihe aus dem 8-Sitzer auszubauen. Stattdessen wurde eine Truhe, L-förmig zur verbliebenen hinteren Sitzreihe, fest mit dem Boden verankert. Als zusätzlicher Stauraum dient ein eigens dafür gezimmerter Korpus im Kofferraum. Die Markise war der vorletzte Schritt. Der letzte war dann das Bett, welches ein stolzes Mas von 1,50 Meter auf 1,90 Meter zur Buhbuhruhe einlädt.

Genau genommen sieht der Bus nun nicht nur von außen schick aus. Auch von innen kann er mit seinem rustikalen Patina-Holzboden und dem grau-schwarz-gelben Innenleben durchaus als irre schick beschrieben werden. Um den ganzen noch einen gemütlichen Touch zu geben: gelbe Kissen auf die Sitzbank dekoriert und ein knallgelber Sonnenblumenkopf auf dem Armaturenbrett. Dieser strahlt nun auch bereits auf den ersten Blick die pure Lebensfreude aus.

Jetzt aber zum Thema Binsen-Land. Denn meine größte Panik vor so einem Urlaub ist: keine Toilette, wenn ich dringend mal eine brauche. Oder diese besudelt und stinkend vorzufinden. Bei diesen Gerüchen würde noch nicht einmal mein Hund eine Pfote in den Raum setzen. Eine unsaubere Dusche auf irgendeinem Campingplatz, der laut Campingführer aber als großartig angepriesen wird. In Wahrheit aber eine absolute Bakterienkatastrophe ist. Unterstützt durch einzelne fremde Haare, die einsam und verlassen von ihrem Besitzer zurückgelassen wurden. Diese Extremcamper in Feinripp mit Adiletten und einer Bild-Zeitung in der Hand. Die auf ihren Campingstühlen nur darauf warten, neue Nachbarn als Gesprächspartner zu finden. Einen weiteren Grund haben, endlich ein Bier nach dem anderen öffnen. Die sich mit ihren Womos in Reih und Glied auf den Campingplätzen oder Betonflächen stellen. Stühle aufbauen, Wäscheleinen aufspannen und ihren Kaffee aus Thermoskannen trinken und dazu ihre selbstgemachten Stullen schnabulieren. Wie gruselig – allein schon die Vorstellung.

Wichtig für mich für einen solchen Trip sind fünf Bedingungen. Eine tragbare Kühleinheit – denn ich hasse lauwarmen Weißwein. Die Möglichkeit zu kochen, um selbst in freier Wildbahn nicht auf die gigantischen Spagetti verzichten zu müssen und um dieser Stullennummer zu entkommen. Eine Dusche. Auch wenn ich meine täglichen Duschen auf einen zweitägigen Rhythmus reduzieren kann, bin ich nicht wirklich noch kompromissbereiter. Da Urlaub für mich auch bedeutet, ausgiebig meinem Sport nachzugehen, ist eine anschließende Dusche nicht diskutierbar und auch wirklich dringend notwendig. Eine Toilette. Ich kann Pipi auch in der freien Wildbahn erledigen. Ist mir lieber, als an diesen Raststationen, wo es stinkt und schon hunderte andere Damen vor mir ihr Geschäft verrichtet haben. Aber einmal am Tag seinen eigenen Topf zu haben, ist nun wirklich alles andere als dekadent. Und ganz klar: die Stellplätze werden mit großer Präzession vorab begutachtet. Wir vermeiden möglichst zu nahe Campingnachbarn, die uns ein Ohr abkauen. Sollte ja auch kein Problem sein. Gibt ja genügend Flächen in Europa.

Daher. Plan steht. In 24 Stunden geht es los. Auf in das Binsen-Land und zu einer – für mich persönlich größten Herausforderung.

Fortsetzung folgt.

© by Marita Matschiner

Guckst Du Himbeertörtchen

pic by Achim Matschiner

Die Kommunikation der Menschen geht derzeit in zwei Richtungen. Zum einen haben wir die „Hey, Alder!“-Nachwuchsgeneration. Die benutzten Wörter werden hier auf ein Minimum reduziert. Es geht nicht darum, große anspruchsvolle Sätze von sich zu geben. Vielmehr ist das Ziel, mit möglichst wenigen, einfachen und cool klingenden Begriffen die Kommunikation herzustellen. Eben mit „Was kuckst du!“ oder „Was ist, Alder?“.  Gut, man könnte hier tatsächlich eine Wertung verstehen. Ein herablassender Umgang untereinander. Die nicht wertgeschätzte Gesprächsperson. Das ist damit aber gar nicht so gemeint. Sie reden halt einfach so miteinander. Allerdings alleine die Vorstellung, dass das unsere Zukunft sein soll. Die Generation, die sich um unsere Renten und die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft kümmert! Und das ist keine Frage. Das ist ein Fakt. Denn genauso ist es. Dieser Nachwuchs werden die zukünftigen Verkäufer, Beamten und Büroangestellten sein.

Wenn man sich dagegen mit anderen Menschen außerhalb dieser oben beschriebenen Generation unterhält, wird mir auch manchmal Angst und Bange. Für viele zählt eine normale Kommunikation nicht mehr. Es heißt, möglichst viele Fremdwörter in einen Satz einzustreuen. Da heißt es dann, um einige einfache Beispiele zu nennen: „Das tangiert mich peripher“ oder „Sie hat so ein urbanes Wesen!“. Wenn man dann auch noch geschäftlich im Gespräch ist, kommen nicht nur Fremdwörter zum Einsatz. Auch Fachbegriffe nehmen Einzug ebenso wie Abkürzungen. Und dann könnte es besonders schwierig werden. Oder wisst ihr sofort was gemeint ist, wenn der Friseur von „effilieren“ spricht?  Oder im Büro die Champagnerkorken knallen, weil einer einen „Pitch“ gewonnen hat. Oder man heute Abend noch ein „RFI“ oder „RFP“ bearbeiten muss?

Es wird immer komplizierter in dieser Welt. Spätestens wenn man mit Menschen zu tun hat. Denn ich habe nur eine ungefähre Vorstellung von dem, was der Teenager mit seiner Frage „Was kuckst Du?“ meint – oder was er damit ausdrücken möchte. Also 100% sicher bin ich mir mit meiner Erklärung nicht.

Der große Journalist Henri Nannen hat einst gesagt, man soll für Lieschen Müller schreiben. Man sollte seine Texte so formulieren, dass sie jeder versteht. Ich bin der Meinung, das gilt auch für die mündliche Kommunikation (ich wollte jetzt eigentlich verbale Kommunikation schreiben – aber: Selbstreflektion und so. 😉). Allerdings fällt es schwer, auch mir. Denn man will ja möglichst gebildet rüberkommen. Nicht als Landei, Dummkopf oder sogar Wurstbrot dastehen. Daher versucht man möglichst oft, eine anspruchsvolle Formulierung mit möglichst komplizierten Fremdwörtern zu kombinieren. Aber mal ganz ehrlich: „Das interessiert mich einen Scheiß!“ versteht nun wirklich jeder. Dein Gegenüber wird eine ziemlich klare Vorstellung davon haben, wie deine Einstellung zu einem Thema ist.  Damit kann jeder Normalsterbliche etwas anfangen. Sogar die „Hey, Alder!“-Generation.

Ich wollte bei unserem Super-Spezial-Best-Konditor-Ever einen Kuchen per Telefon vorbestellen, da dieses leckerer Schnittchen oft ausverkauft ist. So ein kleines Mürbeteig-Ding, gefüllt mit Pudding, Mascarpone und frischen Himbeeren drauf. Und was da auch sonst noch immer drinnen ist – egal. Es ist hammerlecker und hat für mich pures Suchtpotenzial. Ich wusste nicht wie ich das Zuckerteilchen benennen sollte, damit mir auch genau das richtige Teil reserviert wird. Mr. Google hat mir zwar gesagt, wie man es schreibt. Leider aber nicht, wie man es ausspricht. Ich fragte einen Kollegen (gelernter Bäcker). Aber er ist eben gelernter Bäcker und kein Konditor. Auch andere Kollegen stotterten durch die Gegend. Alle hatten nur ein Bauchempfinden für die Aussprache.

Na gut, dachte ich. Mach ich mich halt zum Obst. Wär ja nicht das erste Mal. Und ich kann ja über mich lachen. Ich wählte tapfer die Nummer. Stammelte meinen Namen und fing an, dieses Teil zu beschreiben. „So ein Mürbeteil-Ding mit frischen Himbeeren drauf und in klein. Und jetzt bitte nicht lachen. Ich bin mir nicht sicher wie man es ausspricht. So ein T-A-R-T-L-E-S. Das mit frischen Himbeeren drauf.“ Ich merkte richtig, wie ich mich bei den Worten kleiner machte und mich genierte. Warum eigentlich? Es gab gar keinen Grund. Die Beschreibung traf es doch auf den Punkt! Durch das Telefon konnte ich ein freundliches Lächeln hören, als die Stimme antwortete: „Sie meinen bestimmt unsere Himbeertörtchen?“. Ich lächelte in mich hinein und nickte tatsächlich zur Bestätigung mit dem Kopf. Himbeertörtchen, na klar. Was sonst. Kein Tartles, auch kein Petit Four. Einfach nur ein Himbeertörtchen.

Tja. Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht? Dieser Konditor hat es einfach drauf! Nicht nur mit Himbeertörtchen. Sie halten es auch wie Henri Nannen empfiehlt: Lieschen Müller muss es verstehen. In diesem Fall eher bestellen können. Hat funktioniert! Auch die „Hey, Alder!“- Generation wird mit Himbeertörtchen etwas anfangen können.

© by Marita Matschiner

Unser italienische Marktplatz

Unternehmen müssen sich heutzutage richtig ins Zeug legen um neue Mitarbeiter zu gewinnen. Denn es entscheidet nicht nur die Firma, sondern auch der Bewerber, ob sie zueinander passen. Und die Konkurrenz ist groß. Auf beiden Seiten. Um möglichst attraktiv für die potenziellen neuen Angestellten zu sein, investieren Unternehmen viel Geld, Zeit und jede Menge Kreativität. Denn sie wollen den Besten der Besten für sich gewinnen. Im Idealfall wird das Ergebnis der Firmeneigenwerbung von jedem Mitarbeiter, jeder Führungskraft, jedem CEO, CFO, gelebt, verinnerlicht und nach außen getragen. Mein Arbeitgeber hat sich als Außen- und Innenauftritt eine Parole auf sein Banner geschrieben:  „Best Place to Work!“ Das lasse ich jetzt erst einmal kurz sacken. Eins….. Zwei….. Drei….. bei allen angekommen? Noch einmal ganz langsam: „Best Place to Work!„.

Für mich implizieren diese vier Worte (und das klingt jetzt ein bisschen wie im Märchenbuch): Spaß, positives Denken und Überzeugung bei und in der Arbeit. Der Umgang miteinander ist freundlich und respektvoll. Der Mitarbeiter werden von den Kollegen und Vorgesetzten geschätzt. Beide Seiten erhalten Anerkennung. Das Unternehmen hat Werte und handelt auch so. Wird mit Menschlichkeit, Verständnis und natürlich mit Erfolg geleitet. Ein Mitarbeiter geht morgens mit einem positiven Gefühl in die Arbeit und die vertraglich vereinbarte Mindestarbeitszeit wird ohne Murren, vielleicht sogar mit Freude und Stolz erfüllt. Natürlich ist irgendwo schriftlich festgehalten: „Überstunden möglichst vermeiden. Und bei Notwendigkeit bitte vorab die Genehmigung einholen.“ Aber Überstunden werden selbstverständlich als selbstverständlich gesehen und daher nicht mehr als notwendig darüber gesprochen. Aber, at-the-end, sollte jeder für sich entscheiden, ob er diesen Arbeitsplatz als „Best Place to Work!“ ansieht. Was jeder Einzelne dafür tun kann, diesen vier Worten Wahrheit und Leben einzuhauchen. Oder eben auch nicht.

Bei uns gibt es eine Stunde am Tag, in der die vier Worte für mehrere Personen aus unterschiedlichen Abteilungen, Positionen und Hierarchieebenen, wirklich wahr werden. Man fühlt sie. Man lebt sie. Man ist überzeugt davon. Und ja, man hört sie auch. In unserer morgendlichen Kaffeerunde zwischen 8:00 und 9:00 Uhr kann man uns im Atrium – der öffentliche Raum für Kunden, Partner, Lieferanten und Mitarbeiter – sitzen sehen. Hier ist unser italienischer Marktplatz. Hier ist unser „Best Place to Work!“. Wir reden, lachen, diskutieren. Meinungen werden kundgetan. Egal ob privater oder geschäftlicher Natur. Es wird von Urlaubsplänen erzählt. Über mögliche Anschaffungen neuer Autos gesprochen. Wir dürfen an Kindererlebnissen teilhaben und an dem vermenschlichten Verhalten der Haustiere ebenfalls. Es wird über Gartengestaltungen, Firmenpolitik, neue Prozesse und Produkte diskutiert, lamentiert und philosophiert. Es braucht keiner die Hand vor den Mund nehmen. In dieser einen Stunde sind wir einfach nur Menschen, Kollegen, Individuen, die gemütlich bei einer Tasse Kaffee beisammensitzen. Manche kommen später, manchen gehen früher. Bis 9:00 Uhr – dann strömen wir alle davon – jeder in seine Richtung. Jeder zu seinem Arbeitsplatz. Jeder zu seinen beruflichen Verpflichtungen.

Durch die Gruppendynamik und die oft positiven Themen sind wir zu 99% in einer äußerst positiven Stimmung und das bedeutet auch viel Gelächter. Und wenn wir wieder unseren G.I. Schmidt (sein Spitzname wegen seiner Frisur) durch den Kakao ziehen, oder er jemanden in der Runde durch selbigen zieht, kann man nicht anders als lachen und sich aktiv beteiligen.

Bis zu diesem einen Morgen. Von einer Sekunde auf die andere wurde es mucksmäuschenstill. Eine Kollegin stand wie aus dem Nichts an unserem Tisch. Mit einem sehr ernsten und strengen Blick schaute sie in die Runde und öffnete die schmalen bis dahin fest zusammengepressten Lippen und folgende Worte waberten an unser aller Ohren: „Könnt Ihr nicht mal leise sein? Wir arbeiten hier schließlich. Und dieses laute Lachen muss ja nun wirklich nicht sein!“ Sie drehte sich auf dem Absatz um und ging den Flur entlang in ihr Büro. Wir waren perplex. Wie bitte? Was hat sie da gerade gesagt? Bedeutet „Wir arbeiten hier schließlich!“, dass jeder Spaß gestrichen ist? Bitte nur mit ernster Miene durch die Räumlichkeiten schleichen? Möglichst unhöflich und ohne Verwendung von positiven Zauberworten miteinander reden? Nicht mehr um etwas bitten, sondern als Feststellung oder sogar Befehl fordern? Sind Höflichkeitsfloskeln heutzutage überbewertet?

Gut – zugegeben – wir sind manchmal etwas Laut. Aber muss man deshalb auf ein Lächeln bei einem höflichen Hinweis verzichten? Kann man nicht am Ende einer Formulierung ein Fragezeichen setzen und sich vorab schon einmal für das Verständnis und das Entgegenkommen bedanken?

Es ist jetzt eine Woche vergangen. Und die morgendliche Kaffeerunde wurde nicht eingestellt. Auch die Akustik wurde nicht großartig reduziert. Denn für uns alle bedeutet diese eine Stunde: Spaß. Freundlicher und respektvoller Umgang. Wertschätzung von Kollegen und Vorgesetzten. Anerkennung. Werte. Menschlichkeit. Verständnis und Erfolg. Und einfach Mensch sein zu dürfen. Diese eine Stunde bereichert unseren beruflichen Alltag und sogar unser Leben – jeden Tag. Wir werden uns das nicht nehmen lassen. Im Gegenteil! Neuerdings heißt es: „Psssstttt – leise! Man arbeitet hier! Schließlich sind wir am „Best Place to Work!““ und das herzhafte und ehrliche Lachen von uns allen ertönt erneut.

PS: Danke an jedes einzelne Mitglied und allen Gastmitgliedern unseres „italienischen Marktplatzes“.

© by Marita Matschiner

No Games – just Sports! Oder doch anders rum?

Gemütliches Beisammensitzen am Geburtstag eines Freundes. Mal eine ganz andere Geburtstagsfeier: eine Weinverkostung bei uns ums Eck. Interessant und echt nett gestaltet. Beim fünften Wein hatte ich schon das Gefühl nicht mehr schnurstracks geradeaus gehen zu können. Geschweige denn am nächsten Morgen mit der erhofften Fitness meine samstägliche Laufrunde umsetzen zu können. Denn darauf freute ich mich schon die ganze Woche.
Ein morgendlicher Wochenendlauf ist einfach einzigartig und nicht zu vergleichen mit einem Lauf unter der Woche. Unter der Woche ist die nicht verfügbare Zeit das Problem. Eine eingeschränkte Route wegen Zeitmangel. Eile beim Anziehen. Das Aufwärmen wird auf ein Minimum reduziert – ebenso wie das anschließende Dehnprogramm. Denn die Zeit läuft und die Verpflichtungen rufen.

Wie dem auch sei. Den Rosè und den Weißwein hatte ich so weit hinter mir und ich war von mehr als der Hälfte begeistert. Damit ist gemeint, bei mehr als der Hälfte hatte ich eine klare Aussage getätigt: Schenk noch mal nach! Gedanklich reduzierte ich gerade die Laufstrecke am nächsten Morgen und erörterte mit mir selber, ob eine einfache oder eine anspruchsvolle Route das Richtige sei. Mein Tischnachbar, ein Freund aus Kinderzeiten, sprach mich an, ob ich denn noch so viel Laufen gehen würde. Ich bejahte. Prompt kam die typische Reaktion vom Gegenüber: welche Marathons ich denn so laufe oder welche Wettkämpfe/Läufe ich schon gemacht hätte.
Meine Antwort ließ ihn etwas verwirrt drein blicken: „Ich hasse diese Wettkämpfe. Stadtlauf, Firmenlauf, usw. – dafür bin ich nicht gemacht. Ich will einfach nur laufen! Ich will mich nicht mit hundert anderen messen und brauche das auch nicht als Ansporn weiter zu machen. Ich will in dieser Disziplin nicht auf Platz 127 von 1.000 anderen Läufern stehen. Nicht zwischen hundert verschwitzten Menschen um meinen Platz kämpfen und dadurch meinen Rhythmus nicht finden. Zwischendurch einen Ellenbogen in den Rippen, mal einen Fuß in der Hacke oder sogar einen Tritt in die Wade. Fremder, schweißnasser Haut näher kommen als unbedingt notwendig. Nee, neee, neeee. Alleine bei dieser Vorstellung bekomme ich schon Pickel. Natürlich gibt es Menschen, die das bevorzugen, und den ansteigenden Gruppenadrenalinpegel ganz toll finden. Der Geruch von schweißdurchtränkter atmungsaktiver Sportbekleidung regt sie zum weiter-höher-schneller an. Kein Thema. Gebt alles! Meinen Platz kann jemand anders haben.

Ich laufe gerne in der Natur – einfach so vor mich hin. Bevorzugt mit meinem Hund. Ohne Pulsmesser. Ohne Schrittzähler. Einfach in meinem eigenen Rhythmus. Mal schneller. Mal langsamer. Ungeschminkt und ohne Überlegung ob die Klamotten zusammen passen. Ob ich jetzt schnell und schwer atme oder vor mich hinsinge. Mal bergauf und bergab oder lieber in der Ebene. Ich kann kurzfristig entscheiden ob nun rechts, links oder geradeaus. Gerne überlasse ich auch unserem Hund die Entscheidung: Ob wir die lange Runde oder nur die kurze Strecke nehmen. Es ist unsere Zeit die wir gestalten können wie wir wollen. Wir beide genießen sie ausgiebig, ohne irgendjemandem Rechenschaft abzulegen oder etwas zu begründen. Einfach nur so. Es ist ein irres Gefühl. Freiheit pur. Ohne Konventionen. Ohne Regeln. Ohne Anpassung. Ohne Pflicht. Nur ich, der Weg und der Hund.

Mein Gegenüber konnte mir so gar nicht folgen. Was nicht an der Menge am Vino lag. Er konnte nicht verstehen, wieso man einfach nur so läuft ohne Ziel. Ohne Contest, ohne ein Match. Mein lächelndes Gesicht während ich meinte „Ich will einfach nur laufen.“ half nichts. Er schüttelte verständnislos den Kopf und suchte ein anderes Thema.

Da wurde der erste Rotwein angepriesen. Mit viel Tamtam und Hintergrundgeschichte geöffnet. Rotwein ist so gar nicht meins. Außerdem war der Alkohollevel, an dem ich angekommen war, völlig ausreichend. Wenn da jetzt noch ein schwerer Rotwein hinzukommt, bin ich völlig raus. Raus aus dem Abend. Raus aus dem Lauf am nächsten Morgen. Ich befürchtete sogar aus dem gesamten folgenden Tag. Daher kurz durchdacht, entschieden und verabschiedet.

Der nächste Morgen. Meine Antischwellaugencreme musste ich mehrmals auftragen, aber das Aspirin vom Vorabend hatte seine Aufgabe pflichtbewusst über Nacht erfüllt. In die Laufsachen hüpfte ich genau so schnell wie sonst auch. Der Hund konnte es kaum erwarten bis es endlich losging. Über Stock und Stein. Große Sprünge über gefällte Bäume. Im Zickzack durch den Wald. Seine Ohren wippten im Rhythmus seines Galopps. Wir spielten Fangen. Und ja, er war um einiges schneller als ich. Aber das interessierte ihn nicht. Und mich auch nicht. Wir wollten einfach nur Spaß haben und – Laufen.

© by Marita Matschiner

Er. Wir. Ich!

Er. Wir. Ich! – pic by Achim Matschiner

Früher wurde über die Rollenverteilung in einer Ehe und in der Familie nicht diskutiert. Die Frau ist die Herrin des Hauses und für die Erziehung des Nachwuchs zuständig. Der Mann kümmert sich um das notwendige Geld und erwartet ein Essen auf dem Tisch, wenn er nach einem harten Arbeitstag nach Hause kommt. Heute gibt es dann doch die ein oder andere Veränderung. Mal ganz ehrlich: warum sollte der Mann nicht auch mal den Putzlappen und den Kochlöffel schwingen. Die Männer sind im Durchschnitt sowieso die besseren Köche. Und es hilft beim Stressabbau. Also, Mann, ran an den Herd!

Bei uns Daheim sind die Rollen ebenfalls etwas vertauscht und haben an vielen Stellen nichts mehr gemein mit Anno Schnee. Mein Mann ist der Zauberer in der Küche. Die beste Pasta serviert einfach er. Oder Fisch. Oder Risotto. Punkt aus Amen. Ich dagegen kümmere mich um alles Elektronische. Ich bringe Lampen in unserer Wohnung zum Leuchten. Ich kümmere mich um den Internetanschluss. Das Konfigurieren der Stereoanlage mit den kabellosen Dolby-Surround-Boxen gehört in meine Zuständigkeit. Das ist mein Ding. Meine bessere Hälfte kümmert sich um unseren Fuhrpark (das beinhaltet alles, womit man sich fortbewegen kann), saugt Staub, wischt und auch wenn ich mich wiederhole: er kocht phänomenal.

Das funktioniert in unseren eigenen vier Wänden mehr als perfekt. Außerhalb sieht die Sache ganz anders aus. Trotz 2017 sind Emanzipation und Gleichberechtigung nicht in Sicht. Ganz nach dem Motto: „Ist immer so gewesen und wird auch immer so sein. Ohne Wenn und Aber!“ Und ich will jetzt kein „Faber“ hören! 🙂

Mein Mann und ich arbeiten nebenbei – gleichberechtigt – als Fotografen. Überraschenderweise heißt es aber immer und überall: „Kann Dein Mann mal Fotos von uns machen?“, „Das Foto hat er super gemacht!“, „Ich brauche ein neues Bewerbungsfoto. Kann Dein Mann bestimmt mal bei Gelegenheit machen, oder?“.  Ja natürlich, er ist ein klasse Fotograf. Nichts destotrotz bin ich auch noch da und wider aller Beharrlichkeit und Erklärungen – es hilft nichts. Es wird nur ER als Fotograf gesehen. Egal ob ich eine oder hundert Kameras in der Hand habe, daneben stehe und fotografiere. Völlig wurscht!
Gleiches bei diesem Blog: „Dein Mann hat aber eine tolle Webseite für Dich gebaut.“. „Echt super, was er da macht.“. Shit! Verdammt noch mal, das ist MEINE Webseite! ICH habe sie gebaut! Es ist MEIN Projekt. Er ist mein Lektor – keine Frage. Er gibt super Tipps, Anregungen und Hilfestellung. Im Gegenzug heißt es dann: „Da hast Du aber lecker gekocht – schmeckt großartig!“. Tja – Irrtum.  Mein Mann ist der fantastische Koch und nicht ich.

Ich bin keine EMMA-Leserin. Beileibe nicht. Und ich bin nicht männerfeindlich oder diskutiere nicht vehement um Gleichberechtigung und Emanzipation. Im Gegenteil. Es gibt genügend Themen in der sich die Männerwelt emanzipieren sollte. Ich stehe der Einführung einer Frauenquote von 30% in der Führungsebene bei Großunternehmen eher kritisch gegenüber. Aber ohne staatlich auferlegte Regeln und aufoktroyieren wird es wohl leider keine Änderung geben. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und das ist auch gut so. Die Denke zur Rollenverteilung ist in den Köpfen fest verankert – in diesem Falle seit tausenden von Jahren. Das kann man nicht einfach so von heute auf morgen ändern. Vor ein paar Jahren konnte sich auch keiner vorstellen, in Restaurants, Kneipen und Discotheken nicht mehr zu rauchen. Was gab es für Aufschreie, Diskussionen, Volksbefragungen und Aufhetze. Heute bedanken sich sogar die Raucher für das Rauchverbot in geschlossenen Räumen. Und wir alle schnallen uns in der Zwischenzeit aus purer Gewohnheit an, sobald wir im Auto sitzen. Daher alles nur eine Frage der Normalität und der Gewohnheit. Diese muss erst einmal in jedem Kopf ankommen und sich festsetzen. Ohne Order di Mufti wird das leider nichts. Ein realistisches und umsetzbares Gesetz muss her. Denn leider nur mit Regeln werden wir die Basis schaffen, uns für neue Dinge zu öffnen. Erst einmal mit harten Fakten auseinandersetzen, um dann zu erkennen, was es überhaupt für unser aller Leben bedeutet. Neue Sichtweisen erkennen, bereit zu sein für Flexibilität und im Miteinander toleranter zu werden. Engstirnigkeit und Sturheit aus reiner Ignoranz und Egoismus aus dem Leben verbannen. So wird es früher oder später zur Normalität und ermöglicht einen entspannten Umgang mit neuen Dingen und veränderten Rollen.

Daher, liebe Frauen, brecht mal aus und greift ruhig zum Ölmessstab oder überprüft den Reifendruck an eurem Auto selber. Ihr braucht keine männliche Unterstützung um Wischwasser aufzufüllen. Männer, greift zum Kochtopf oder zum Staubsauger. Selbst eine Waschmaschine könnt ihr bedienen. Es ist nicht schwer.

Ich werde bei unserem nächsten Fotoshooting auch nicht aufgeben und wieder meine Frau stehen. Egal, ob jemand behauptet, nur mein Mann sei der Fotograf. Vielleicht bleibt er ja daheim und wird das Essen vorbereiten. Seine göttlichen Spagetti Bolognese kochen. Für seine hart arbeitende Frau. Damit sie ein warmes Essen auf dem Tisch vorfindet, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommt.

© by Marita Matschiner